piwik no script img

Kanadische TüftlerlegendeVor dem Apfel kam die Brombeere

Matt Johnson erzählt in „BlackBerry“ (Wettbewerb) vom Aufstieg und Fall des Konzerns, der das erste Smartphone der Welt hervorbrachte.

Diese Körperhaltung wird legendär: Jay Baruchel in „BlackBerry“ von Matt Johnson Foto: Budgie Films Inc.

„Wir müssen eine Lösung finden,“ heißt es an einer Stelle des Films sinngemäß, „sonst wird das Blackberry eines Tages als das Smartphone bekannt sein, das alle besaßen, bevor sie ein iPhone hatten!“ Der Kinosaal lacht auf. In dem Wissen, dass es genauso kam.

In der Tragikomödie des kanadischen Filmemachers Matt Johnson („Operation Avalanche“) gibt es zahlreiche witzige Momente, deren Humor sich aus einem spöttisch-ironischen Blick auf die Geschichte des kanadischen Unternehmens und seine alles verändernde Entwicklung speist.

Erzählungen, die vom Aufstieg und Fall der einflussreichsten Start-Ups unserer Zeit handeln, hat man zuletzt oft gesehen. Mit „The Dropout“, „WeCrashed“ und „Super Pumped“ erschienen im vergangenen Jahr hochwertige Serien, die sich spektakulären Stories über Tech-Unternehmen widmen. Genauer gesagt ihren Gründern, ihrem vermeintlichen Genie – vor allem aber den Gaunereien, mit denen sie ihre Unternehmen an die Spitze führten.

„BlackBerry“, der im Wettbewerb der 73. Berlinale zu sehen ist, aber ist anders. Obwohl das Drehbuch, das Johnson mit Matthew Miller erarbeitete, ähnliche Ingredienzen aufweist, ist es weit davon entfernt, eine thrillerhafte Nacherzählung der Ereignisse zu sein, die sich in erster Linie für die Brillanz der Firmengründer Mike Lazaridis (Jay Baruchel) und Douglas Fregin (ebenfalls Johnson) interessiert.

Zwischen PC-Spielen und Comics

Die auf dem Sachbuch „Losing the Signal“ basierende Handlung zeigt die Gründer stattdessen als spleenige Nerds, die zwar ein umfangreiches Fachwissen mitbringen, aber keinerlei Geschäftssinn besitzen. Zwischen Filmabenden, PC-Spielen und Comics tüfteln sie mit sympathisch-kauzigen Gleichgesinnten im Jahr 1996 zwar bereits an einem Prototyp, lassen sich dabei aber von den großen Playern über den Tisch ziehen. Erst durch die Hilfe des knallharten Geschäftsmanns Jim Balsillie (Glenn Howerton) beginnt sich das Blatt zu wenden.

„BlackBerry“

18. 2., 9.30 Uhr, Zoo Palast 1.19. 2., 18.00 Uhr, Verti Music Hall. 20. 2., 13.00 Uhr, Cineplex Titania. 23. 2., 21.30 Uhr, HdbF

Die schräge Dynamik zwischen dem ungewöhnlichen Trio Infernal, ist es, weswegen man dem kometenhaften Aufstieg des Blackberry zur Mitte der 2000er Jahre so gerne folgt. Matt Johnson gelingt es hervorragend, bei aller Situationskomik und Dialogwitz, auch die technischen Schwierigkeiten bei der Entwicklung des ersten Smartphones der Welt verständlich zu transportieren. Sein Film ist, trotz seiner beißend-satirischen Grundhaltung, damit gleichsam eine wohltuend unpathetische Würdigung der Pionierleistung von Mike Lazardis, der überraschend zur tragischen Figur avanciert. Sehenswert ist diese ungewöhnliche Mischung in jedem Fall.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!