Kampf um Zweitstimmen: CDU erteilt FDP eine Absage
Die FDP wirbt nach der Pleite bei der Bayernwahl massiv um Zweitstimmen von Anhängern der Union. Der passt das gar nicht.
BERLIN taz | Unbarmherzigster Gegner der FDP ist derzeit Volker Kauder. Der Unionsfraktionschef sagte am Montag knapp: „Es gibt keine Koalitionswahlkämpfe. Jeder kämpft für sich allein.“ Damit kontert der CDU-Mann die Ankündigung der FDP, sie wolle massiv um Zweitstimmen von Unionssympathisanten werben. Kauders Absage hat einen Grund: Die Union fürchtet, das Werben der FDP könne sie Bundestagssitze kosten.
Nach den desaströsen 3,3 Prozent für die bayrische FDP am vergangenen Sonntag fürchtet die Partei ein ähnliches Ergebnis bei der Bundestagswahl. In Umfragen pendeln die Freidemokraten zwischen 4 und 6 Prozent. Der FDP könnte im Bund dasselbe geschehen wie in Bayern: der Sturz aus der Regierung in die außerparlamentarische Opposition. Deshalb kündigen ihr Spitzenkandidat Rainer Brüderle und Parteichef Philipp Rösler am Montag einen Kampf „bis zur letzten Sekunde“ an. Ihr Mittel: eine Zweitstimmenkampagne.
FDP-Generalsekretär Patrick Döring formuliert es so: Bürgerliche Wähler könnten Schwarz-Gelb helfen, „indem sie einen starken Kandidaten vor Ort von der Union unterstützen und mit der Zweitstimme FDP wählen“. Das Kalkül der Freidemokraten: Sympathisanten von Schwarz-Gelb befördern mit ihrer Erststimme aussichtsreiche Unionskandidaten in den Bundestag. Mit ihrer Zweitstimme hieven sie die FDP über 5 Prozent.
Damit offenbart die FDP, dass sie zum bloßen Anhängsel der Union geschrumpft ist. Sie muss darauf hoffen, dass genügend CDU/CSU-Anhänger eine Fortsetzung von Schwarz-Gelb einer Koalition mit der SPD vorziehen.
Aus Gründen
Doch die Union will sich nicht an die FDP binden. Deren Fraktionschef Kauder wiegelt daher prompt ab: „Wer die Bundeskanzlerin behalten möchte, der wird auch die Zweitstimme der CDU geben müssen.“ CSU-Chef Horst Seehofer urteilt noch brüsker: „Es gibt keine Leihstimmen.“
Die Absagen haben ihre Gründe. Seit diesem Jahr gilt im Bund ein neues Wahlrecht. Bei früheren Wahlen erhielten Parteien, die in einem Bundesland mehr Direktmandate holten, als ihr nach ihrem Zweitstimmenergebnis zustanden, sogenannte Überhangmandate. Seit einer Reform im vergangenen Frühjahr gilt jedoch: Überhangmandate müssen durch zusätzliche Parlamentssitze für andere Parteien ausgeglichen werden. Der FDP könnte eine Zweitstimmenkampagne also nutzen, der Union aber schaden. Es kämpft tatsächlich „jeder für sich allein“.
Das zeigt auch Brüderles Seitenhieb vom Montag: „Manche träumen davon, in der großen Koalition landen zu können“, sagte der FDP-Spitzenkandidat in Richtung Union. „Wenn sie aufwachen, sind sie bei Rot-Rot-Grün.“ Das Kalkül: Zwar haben SPD und Grüne eine Koalition mit der Linken nach der Wahl mehrfach ausgeschlossen, aber vielleicht hat das ja irgendein Schwarz-Gelb-Sympathisant nicht mitbekommen.
Hingegen rechnet der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel die Vorteile eines Scheiterns der Freidemokraten vor: „Wäre die FDP nicht im Bundestag, steigen die Chancen deutlich für Peer Steinbrück, Kanzler zu werden.“ Der Parlamentarismus sei „ohne diesen Lobbyismus der FDP“ besser aufgestellt. Entscheidend sei die Wahlbeteiligung. Bei 70 Prozent bleibe Merkel Kanzlerin, bei 75 Prozent werde Steinbrück Regierungschef. Jede Partei kämpft für sich. Und alle kämpfen gegen die FDP.
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