Kampf um Gleichstellung: CDU-Rebellen für Homopaare
Der CDU-Parteitag soll eine steuerrechtliche Gleichstellung für homosexuelle Paare beschließen. Die Initiatoren setzen auf eine Debatte, nicht auf Sieg.
BERLIN taz | Die CDU-Rebellen geben keine Ruhe – und zwingen ihre Partei jetzt, über einen Kurswechsel bei der Gleichstellung homosexueller Paare abzustimmen. Mehrere wichtige Bundestagsabgeordnete haben einen Initiativantrag für den Parteitag in Hannover formuliert.
Der fordert die steuerrechtliche Gleichstellung von schwulen und lesbischen Paaren beim Ehegattensplitting per Gesetz. Homosexuelle, die in eingetragenen Lebenspartnerschaften leben, übernähmen „wie in der Ehe wechselseitige Verantwortung füreinander“, heißt es zur Begründung in dem Antrag, der der taz vorliegt.
Die Unterzeichner wollen eine fragwürdige Ungleichbehandlung kippen. Bisher profitieren nur Ehepaare vom Ehegattensplitting und streichen – je nach Verdienstunterschied – beträchtliche Steuervorteile ein. Schwule und Lesben, die in eingetragenen Lebenspartnerschaften leben, gehen leer aus. 13 CDU-Abgeordnete forderten bereits im August die Gleichstellung.
Ihr Aufruf löste in der Union einen Kulturkampf aus. Er fand wichtige innerparteiliche Unterstützer, etwa Familienministerin Kristina Schröder oder die rheinland-pfälzische Landeschefin Julia Klöckner. Gleichzeitig verurteilten konservative Christdemokraten die Idee als Angriff auf die heilige und rechtlich geschützte Ehe zwischen Mann und Frau. Mit der Kampfabstimmung auf dem Parteitag, der vom 3. bis 5. Dezember stattfindet, erreicht dieser Streit seinen Höhepunkt.
Den Antrag für die Gleichstellung hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak federführend mitformuliert. Auch der Gesundheitsexperte der Fraktion, Jens Spahn, oder Fraktionsvizechefin Ingrid Fischbach unterstützen die Position. „Schwule und Lesben, die eine Lebenspartnerschaft eingehen, übernehmen genauso Verantwortung füreinander wie Ehepaare“, sagte Luczak am Donnerstag. „Sie leben konservative Werte.“ Gleiche Pflichten müssten auch gleiche Rechte nach sich ziehen, sagt er. Der Antrag ist nüchtern gehalten und argumentiert vor allem juristisch.
Kulturrevolution von oben
Denn das Bundesverfassungsgericht hatte in der Vergangenheit bei ähnlich gelagerten Entscheidungen mehrmals auf die Gleichstellung gepocht. „Wir wären als CDU gut beraten, selbstbewusst unseren politischen Gestaltungsauftrag wahrzunehmen, statt auf eine juristische Niederlage zu warten“, sagt Luczak. Wenn Karlsruhe die CDU zu einer Korrektur zwingen würde, wäre dies „ein fatales Signal“. Beim Verfassungsgericht heißt es, eine Entscheidung zum Ehegattensplitting für Homosexuelle werde „wahrscheinlich im ersten Halbjahr 2013“ fallen.
Dass der Parteitag diese kleine Kulturrevolution unterstützt, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble sind gegen eine vorauseilende Regelung, sie wollen das Gerichtsurteil abwarten. Wohl auch, um ein Signal an dauerfrustrierte Konservative innerhalb der Union zu senden.
Entsprechend agierte die CDU-Führung in den vergangenen Wochen: Der erzkonservative Kreisverband Fulda lehnte in einem scharf formulierten Antrag die Gleichstellung ab. Die Antragskommission des Parteitags frisierte die Diktion, ergänzte ein paar Toleranzformeln, übernahm aber im Kern die Position – und empfiehlt sie nun den Delegierten. Es ist so gut wie ausgeschlossen, dass sich ein CDU-Parteitag gegen die Kanzlerin und den Bundesvorstand wendet. Luczak sieht das gelassen. Immerhin, sagt er, werde es eine „lebendige Diskussion“ geben.
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