Kampf gegen Corona-Pandemie: Bayern erklärt Katastrophenfall
Im Freistaat soll so der Corona-Ausbruch eingedämmt werden. Für BürgerInnen aus fünf Nachbarländern wird es derweil schwierig, nach Deutschand einzureisen.
Außerdem schränkt Bayerns Regierung das öffentliche Leben im Bundesland weiter ein. Schon von Dienstag an sollen Freizeiteinrichtungen – von Schwimmbädern über Tierparks und Diskotheken bis zu Bordellen – geschlossen werden, wie Ministerpräsident Markus Söder sagt. Ab Mittwoch dürfen Restaurants in Bayern nur noch von 06.00 bis 15.00 Uhr öffnen und maximal 30 Gäste gleichzeitig bewirten. Nicht für die Grundversorgung wichtige Läden sollen schließen.
Die bayerische Staatsregierung will zudem mit einen „Schutzschirm“ bis zu zehn Milliarden Euro für Unternehmen bereitstellen, die von den Einschränkungen durch das Coronavirus betroffen sind. „Wir lassen niemanden allein“, sagte Ministerpräsident Markus Söder am Montag in München. Der Freistaat werde ein Sondervermögen vor allem für den Mittelstand einrichten. Die staatliche Förderbank LfA könne zusätzliche Ausfallbürgschaften für Bankkredite von bis zu 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen.
An den deutschen Grenzen zu fünf Nachbarländern gibt es künftig scharfe Kontrollen und Einreiseverbote. Betroffen sind die Übergänge zur Schweiz, zu Frankreich, Österreich, Dänemark und auch Luxemburg, wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Sonntag angekündigte. „Für Reisende ohne triftigen Reisegrund gilt, dass sie nicht mehr einreisen können“, sagte er. Die Entscheidung soll an diesem Montagmorgen ab 08.00 Uhr greifen.
Ausnahmen gibt es etwa für den Warenverkehr und für Pendler. Außerdem: „Deutsche Staatsangehörige haben selbstverständlich das Recht, wieder in ihr Heimatland einzureisen“, erklärte Seehofer. Das Gleiche gelte auch für Ausländer mit Aufenthaltsberechtigung und Wohnsitz in Deutschland, erklärte Staatssekretär Hans-Georg Engelke.
Infos über das Corona-Virus in Leichter Sprache gibt es auf https://www.bundesregierung.de/breg-de/leichte-sprache/corona-virus
„Wichtig ist, dass Pendler weiter zur Arbeit kommen, so sie nicht zu Hause arbeiten können. Und dass der notwendige Warenverkehr läuft“, sagte Grünen-Chef Robert Habeck den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Allerdings kritisierte er, dass es keine Einigkeit in der EU bei diesen Maßnahmen gebe. Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock sagte dem Spiegel: „Auch in der akuten Situation dürfen wir nicht vergessen, dass wir die Krise nur europäisch bekämpfen können.“
Bereits am Sonntagabend seien Polizeikräfte unterwegs zu den Grenzabschnitten gewesen, sagte Dieter Romann, Präsident der Bundespolizei. Er betonte: „Wir schließen keine Grenzen. Nordkorea tut das. Wir kontrollieren an den Grenzen, das ist etwas ganz anderes.“ Die Grenzkontrollen seien „eine Sache, für die ich seit Freitag in der Tat ziemlich gekämpft habe“, sagte Seehofer.
Drastische und sofortige Einschnitte
Zuvor hatten schon andere EU-Staaten ihre Grenzen weitgehend dicht gemacht, darunter Dänemark, Polen, die Slowakei, Tschechien und Österreich. Frankreich kündigte als Reaktion auf die deutschen Maßnahmen ebenfalls verschärfte Kontrollen an.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat indes bei den Bürgern um Verständnis für die Einschränkungen im täglichen Leben geworben. „Unsere Selbstbeschränkung heute kann morgen Leben retten“, sagte er in einem am Montag veröffentlichten Interview des Nachrichtenportals t-online.de. Um so viele Leben wir möglich zu retten, seien „drastische und sofortige Einschnitte in unser tägliches Leben, unseren Berufsalltag“ notwendig. „Auf alte Gewohnheiten wie Umarmungen, den Begrüßungskuss, das Händeschütteln müssen wir eine Zeit lang verzichten“, sagte Steinmeier.
Bundes- und Landesregierungen würden entschlossen und gezielt handeln, um die Ausbreitung zu verlangsamen und Vorbereitungen voranzutreiben, betonte das Staatsoberhaupt. „Alles, was diesen Zielen dient, muss ernsthaft und ohne Denkverbote geprüft und dann rasch und konsequent umgesetzt werden“, forderte Steinmeier.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann