piwik no script img

Kampagne von ExxonmobilFracken biologisch abbaubar

Die Bundesregierung plant eine Aufweichung des Fracking-Verbots. Gleichzeitig präsentiert ExxonMobil in Anzeigen ein angeblich ungiftiges Fluid.

Auch in den USA nicht nur beliebt. Bild: ap

FREIBURG taz | Mit einer bundesweiten Kampagne platzte der Mineralölkonzern ExxonMobil in der vergangenen Woche in die politische Debatte: Man habe „zwei ungiftige und zudem biologisch leicht abbaubare Zusätze“ entwickelt und damit „eine Kernforderung aus Öffentlichkeit und Politik erfüllt“, hieß es in Anzeigen, auch in der taz.

Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Bundesregierung Fracking in bestimmten geologischen Formationen künftig erlauben will. Selbst in Natura-2000-Gebieten, also Naturschutzgebieten von EU-Rang, soll die Gasförderung durch das Aufbrechen von Tiefengestein nicht mehr ausgeschlossen sein. Das geht aus einer aktuellen Drucksache des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie hervor.

Dort heißt es, dass zwar „Fracking in Schiefer- und Kohleflözgestein verboten werden“ soll. Gas aus anderen Lagerstätten (etwa das sogenannte Tight Gas, das sich in kleinen, schlecht miteinander verbundenen Hohlräumen gesammelt hat) wird man jedoch künftig auch in Naturschutzgebieten fracken dürfen.

Vielerorts nicht mehr tabu

Selbst an öffentlichen Wasserentnahmestellen und Produktionsstandorten von Lebensmitteln soll Fracking nicht mehr grundsätzlich tabu sein, „wenn eine nachteilige Veränderung des Grundwassers nicht zu befürchten ist“. Auch das Verpressen von Lagerstättenwasser soll dort möglich sein. Dieses mitgeförderte Wasser ist oft kontaminiert.

ExxonMobil versucht mit dem Verweis auf neue Frack-Mittel, das Image der Gasfördermethode aufzupolieren. Man setze außer Wasser nur Cholinchlorid und Butoxyethoxy-Ethanol ein, lässt das Unternehmen wissen. Dieses Verfahren hat der Konzern bereits im April in Osnabrück präsentiert.

Gegenüber früheren Giftcocktails sind die neuen Stoffe unstrittig ein Fortschritt: Bisher wird eine Vielzahl von Chemikalien eingesetzt. Das Umweltbundesamt (UBA) nennt einige dieser Substanzen „aus öko- und humantoxikologischer Sicht bedenklich“. Besonders die Biozide sind kritisch, weil deren Funktion darin besteht, Lebewesen zu schädigen. Im Vergleich dazu sei das neue Frack-Fluid ein Fortschritt, heißt es aus dem UBA. Ob es wirtschaftlich ist, also zur gleichen Gasausbeute führt wie die Giftmischungen, halten Kritiker für fraglich.

Zudem beseitigt das neue Fluid nicht alle Gefahren. „Weitere Probleme sind das Lagerstättenwasser, die Gefahr austretender Gase und das Risiko, dass durch das Verpressen von Frackflüssigkeiten Erdbeben ausgelöst werden können“, sagt Franziska Buch vom Umweltinstitut München. Daher fordern Umweltverbände unverändert ein Verbot von Fracking in Deutschland, unabhängig von den eingesetzten Chemikalien.

Chris Methmann von der Organisation Campact hält die Kampagne vor allem für einen „Marketinggag“. „Mindestens irreführend“ sei die Behauptung, dass kein salziges Wasser aus dem Untergrund mitgefördert werde. Selbst wenn das stimme, so Campact, werde Wasser in den Boden gepresst. Dort löse es Kohlenwasserstoffe, Schwermetalle und radioaktive Substanzen, ehe es wieder emporsteigt.

ExxonMobil will dieses Wasser wieder im Boden verpressen. Genau das, so Methmann, sei inakzeptabel. „Besonders dreist“ an der Kamagne findet er die Behauptung, Fracking sei für die Energiewende nötig. In Wahrheit sei es doch vielmehr „das Gegenteil von Energiewende: der Einstieg in eine neue fossile Technologie“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

20 Kommentare

 / 
  • Exxon-Kampagne -

    JA und zwar in der taz in einer großen Anzeige am Samstag!

    • 8G
      8378 (Profil gelöscht)
      @nzuli sana:

      wobei das mit den bioziden könnte man ändern; die neonicotinoide waren ja auch nicht als solche verwendet worden

  • 8G
    8378 (Profil gelöscht)

    bei aller liebe, ich glaube da gehts ums gute geld, wie sooft wenn gegen die natur gearbeitet wird. ich kann mir nicht vorstellen, dass das auf den bäumen wächst. ich bin sowieso dafür, dass das verstaatlich wird; Also nix sachliche diskussion.

  • D
    D.J.

    Alles Experten hier im Forum. Haben ein Filmchen gesehen. Besonders lustig @Markus Müller: "Mehr muss man nicht wissen". Übrigens: Die berühmten Wasserhähne sind schon immer anzündbar gewesen (natürliche Methanvorkommen). Aber was kümmert's die deutsche Angstnation, die den Ami ohnehin für blöd hält.

    Nein, ich meinerseits erdreiste mich nicht, die Risiken einschätzen zu können.Aber eins weiß ich: Die Firmen könnten mit Zitronenlimonade arbeiten, egal. Wie bei vielen Themen ist in D keine sachliche Diskussion mehr möglich.

    • @D.J.:

      Sie argumentieren, hydrologisch betrachtet, ziemlich schmerzfrei!

       

      Selbst wenn die Fluide fürs Fracking völlig harmlos sind; die Änderungen der Gebirgsdurchlässigkeit in gigantischen Volumina ist das Problem!

       

      Denn sobald sich dabei Gleichgewichtsbedingungen einstellen unter denen die geogen vorhandenen Schadstoffe mobilisiert werden, wird es sehr schwer diesen Vorgang aufzuhalten!

      Das gelingt schon bei relativ kleinen Deponiekörpern kaum.

       

      Glück auf!

       

      Karl

    • @D.J.:

      Wenn Sie sich nur auf die "brennenden Wasserhähne" konzentrieren, haben Sie sich den Film nicht wirklich angeschaut. Denn da gehts um weit mehr als um "brennende Wasserhähne". Das ist nur wieder ein Argument, dass die Fracking-Lobby gern ausgräbt, um die Betroffenen unglaubwürdig zu machen. Von wem werden Sie eigentlich bezahlt, Diedschee?

    • @D.J.:

      Genau, das können Sie sich auf die Stirn schreiben.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @D.J.:

      "Nein, ich meinerseits erdreiste mich nicht, die Risiken einschätzen zu können."

       

      Wer nichts weiß - oder sagen wir besser: wer nichts wissen will, kann auch nicht mitreden.

       

      Hier nur den US-Konzernen den Arsch küssen zu wollen, ist zu wenig, mein Lieber. Exxon-Relativisten und Monsanto-Apologeten sind in jeder Hinsicht kontraproduktiv.

    • @D.J.:

      Sagt ausgerechnet @D.J.

       

      Die umtriebige Gisela Schlüter jeder Taz-Kommentarseite.

    • 8G
      8378 (Profil gelöscht)
      @D.J.:

      aber ich bin eh aus österreich^^

  • Wo bleibt der große Protest der SPD Mitglieder und Wähler.

    Wo sind die Gewerkschaften , Grünen und Linken.

    Wo bleibt der Aufruf zur einem Bürger Protest.

    Ist denn alles schon gekauft worden?

    • D
      D.J.
      @Senator2808:

      Sicher, alle gekauft außer Mutti.

      • 9G
        90191 (Profil gelöscht)
        @D.J.:

        Mutti ham se als erstes gekauft.

         

        Ihre unbegründete Fundamentalopposition nimmt langsam radikalislamistische Ausmaße an.

  • Für mich bedeutet das nur ein weiteres mal ein Gefühl der Ohnmacht. Und wenn 100% der Bevölkerung dagegen sind.... die Regierung weiß jetzt schon, dass die große Mehrheit der Bevölkerung nicht für Fracking ist, aber sie wird nicht nur diese Erleichterung, sondern auch noch eine komplette Freigabe erwirken. Niemand wird mit der Schulter zucken und das nächste Mal werden die gleichen Parteien wieder gewählt werden. Aufstand? Protest? Generalstreik? Wird es nicht geben, wir sind zu satt, zu fett, zu feige.

     

    Ich fühle Ohnmacht.

  • Wenn die Schw**** damit durchkommen, dann geh ich auf die Baracken. Ehrlich das wird nicht schön - das garantiere ich!

  • Mal wieder Dummenfang auf seiten des Kapitals.

     

    Natürlich mag die zum Fracken benutzte Flüssigkeit harmlos sein...und dieses Vorgehen ist auch nicht "böse" weil damit das Gefüge verändert wird, das wird bei Bohrungen schon seit Jahrzehnten lokal streng begrenzt gemacht.

     

    Hier soll aber in gigantischer Ausdehnung gearbeitet werden und auch die unschädlichste Flüssigkeit kann nicht verhindern das sich die geogen sowieso vorhandenen Schadstoffe dann in der Folge freisetzen.

     

    Diese Fracking zur Gasgewinnung ist absehbar der absolute Langzeitkiller aller Grundwasservorräte in Europa.

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • Einfach hier die Doku gucken (von ARTE) und staunen.

     

    https://www.youtube.com/watch?v=mmf_JYrEhyw

    • @Oliver-Michael Schilcher:

      Ich stehe auch auf dem Standpunkt,dass man im Grunde nicht mehr über diesen Dreck zu wissen braucht,als sich diesen Film von Josh Fox anzusehen,denn er hat die Lügner und Manipulatoren schön vorgeführt.

      Diese Leute gehen über Leichen,allen voran Dick Cheney mit seiner Firma Halliburton.Wenn wir diesen Leuten nicht einhalt gebieten blüht uns Böses.

  • Mittlerweile sollte jedem klar werden dass Politik mit Gemeinwohl wenig zu tun hat. Politik macht den Weg frei für global und regional Player. Das Wohl der Gemeinschaft und der Schutz von Umwelt ist nicht gemeint bei diesem Event. Fracken macht sogar Kriegsgewinnler. Ich denke in der Nähe von Nestle Quellen wird nie gebohrt. In der Umgebung von Quellen und Grundwasservorkommen kleiner Gemeinden und Bauern aber ohne Probleme. Die Welt gehört den Großkomzernen und VIP Kapitalisten finden bisher immer noch einen Platz ohne Gift in der engeren Umgebung. Man gönnt sich ja sonst nichts.