Kampagne in Bosnien und Herzegowina: Mit Kampfparolen auf Stimmenfang
Der Präsident der serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, will am 25. September über einen nationalen Feiertag abstimmen lassen.
Die schlechte Botschaft jedoch ist, dass einige Politiker genau das Gegenteil tun und sogar von Krieg sprechen. Vor allem der Präsident der serbisch dominierten Teilrepublik, Milorad Dodik, versucht alles, um kurz vor den Kommunalwahlen am 3. Oktober mit nationalistischen Parolen Stimmung zu machen.
Anlass der hitzigen Debatte ist die von Dodik betriebene Abhaltung einer Volksabstimmung am 25. September über die gesetzliche Verankerung eines Feiertags. Das klingt zunächst einmal nicht besonders brisant. Es handelt sich bei diesem Feiertag jedoch um die Gründung der „Republika Srpska in Bosnien-Herzegowina“ am 9. Januar 1992.
Damals hatten die serbischen Extremisten unter Führung des vom UN-Tribunal in Den Haag als Kriegsverbrecher verurteilten Serbenführers Radovan Karadžićdie serbisch dominierten Gemeinden des Landes vereint, um den im April 1992 erfolgten militärischen Angriff auf das Land vorzubereiten. Im Zuge der dann erfolgten militärischen Eroberungen, die zeitweilig 70 Prozent des Landes umfassten, wurde die nichtserbische Bevölkerung mit Gewalt und „ethnischen Säuberungen“ – rund 50 000 Zivilisten wurden damals ermordet – aus diesen Gebieten vertrieben.
Urteil wird ignoriert
Das bosnische Verfassungsgericht hatte in einem Revisionsverfahren am 17. September entschieden, dass die Volksabstimmung ungültig sei und nicht abgehalten werden dürfe. Dodik jedoch ignoriert dieses Urteil sowie die Aufforderungen der internationalen Gemeinschaft und ihres Hohen Repräsentanten in Bosnien, Valentin Inzko, das Vorhaben fallen zu lassen. Nur Russland unterstützt Dodik.
Den 9. Januar zu einem Feiertag zu erklären, stellt in den Augen der bosniakischen und kroatischen Bevölkerung eine Provokation für die damaligen Opfer und ihre Familien dar. Mehr noch: In der nichtserbischen Öffentlichkeit des Landes sieht man in der Volksabstimmung einen Vorläufer für ein Referendum über die Abtrennung der serbischen Teilrepublik von Bosnien und Herzegowina und ihre Vereinigung mit Serbien.
Sollte es so weit kommen, schloss der frühere Kommandeur der bosnischen Armee während des Krieges der 90er Jahre, Exgeneral Sefer Halilović, bewaffnete Auseinandersetzungen nicht mehr aus. Die Bürger des Landes müssten wissen, dass die Jugoslawische Arme nicht mehr existiere. Serbien könne nicht, wie damals, eingreifen.
Sefer Halilovićspielt zwar im politischen Leben Sarajevos kaum noch eine Rolle. Mit diesem Statement sprach er jedoch vielen Menschen aus dem Herzen. Das wiederum führte zu einem Sturm der Entrüstung auf serbischer Seite. „Diese Äußerungen Halilovićs über die Zerstörung der Republika Srpska stellen die größte Drohung für den Frieden und die Stabilität der Region dar“, erklärte der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vučićbei einem Besuch in New York. Serbien werde alles unternehmen, um die Existenz der Republika Srpksa zu sichern, fügte sein Außenminister Ivica Dačićhinzu.
Dass Milorad Dodik am Donnerstag dieser Woche seinen Mentor, den russischen Präsidenten, Wladimir Putin in St. Petersburg besuchte, kann als Zeichen für die Nervosität auf serbischer Seite gedeutet werden. Eines hat Dodik jedenfalls erreicht: Trotz einer mäßigen Regierungsbilanz – seit dem vergangenen Jahr wurden zusätzlich Tausende Menschen arbeitslos – ist es ihm gelungen, die nationalen Gefühle der bosnischen Serben anzuheizen, um so seine Chancen auf einen Sieg bei der Volksabstimmung und den Wahlen zu erhöhen.
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