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Kältester Ort der Welt wird wärmerHitzewelle in der Antarktis

Meteorologen sind beunruhigt über neue Rekordtemperaturen am Südpol. Eigentlich müsste es jetzt kälter werden.

Eisberg im antarktischen Ozean: Die Temperaturen an den Polen klettern von Rekord zu Rekord Foto: dpa

Berlin taz | Hitze ist relativ: Minus 17,7 Grad Celsius haben For­sche­r:in­nen auf der russischen Forschungsstation Wostok im Osten der Antarktis am Freitag gemessen. Das ist zwar nicht gerade schweißtreibend, für den südpolaren Messpunkt aber beispiellos. Der Ort gilt als kältester der Erde. Dort wurde im Juli 1983 die tiefste jemals gemessene Lufttemperatur registriert: minus 89,2 Grad. Zur Jahresmitte herrscht dort, ganz im Süden der Erde, tiefster Winter. Jetzt im März hingegen beginnt gerade der Herbst, deshalb ist es etwas milder.

Im Durchschnitt liegt die Höchsttemperatur bei minus 53 Grad – also weit entfernt von den aktuell herrschenden Hitzetemperaturen. Ausreißer vom Schnitt sind zwar in gewissem Maße normal, aber der aktuelle Wert liegt auch 15 Grad über dem bisherigen März-Rekord. Eine Studie, die die Rolle des Klimawandels auf das aktuelle Hitzewetter quantifiziert, liegt bisher nicht vor. Die Antarktis gehört aber zu den Regionen, die sich laut Klimamodellen noch schneller aufheizen als die Erde im Schnitt, und die ist bereits 1,1 Grad wärmer als zu vorindustriellen Zeiten. Ex­per­t:in­nen sind jedenfalls stark beunruhigt. „Diese antarktische Hitzewelle verändert definitiv, was wir überhaupt für möglich halten beim antarktischen Wetter“, schrieb der Meteorologe Jonathan Wille von der französischen Universität Grenoble auf Twitter.

Die Station Wostok ist nicht die einzige, an der Hitzerekorde gemessen werden, obwohl der Herbst beginnt. Auf der knapp 600 Kilometer entfernten italienisch-französischen Forschungsstation Dome Concordia im Osten der Antarktis haben Wis­sen­schaft­le­r:in­nen am Freitag sogar einen Wert registriert, der nicht nur für den März besonders warm ist, sondern insgesamt über allem liegt, was dort je gemessen wurde: minus 11,5 Grad. „Ein absoluter Rekord für alle Monate, nachdem die Temperatur am 17. Dezember 2016 die minus 13,7 Grad Celsius übertroffen hatte“, twitterte der Meteorologe Etienne Kapikian vom französischen Wetterdienst.

Von Dome Concordia aus noch einmal mehr als 1.000 Kilometer entfernt liegt die französische Forschungsstation Dumont d’Urville auf einer Insel vor der ostantarktischen Küste. Dass es dort wärmer ist als im höher gelegenen Landesinneren, ist normal. Eigentlich sollten die Temperaturen aber zu Herbstbeginn zumindest unter null fallen. Das taten sie aber nicht und lagen im Höchstfall sogar bei noch 4,9 Grad – ein Rekord für den März.

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4 Kommentare

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  • ""Diese antarktische Hitzewelle verändert definitiv, was wir überhaupt für möglich halten beim antarktischen Wetter"" - das bedeutet im Klartext, dass die aktuellen Berechnungen mit den RCP Modellen viel zu optimistisch geschätzt sind. Diese Modelle beruhen auf relativ vielen Annahmen und die Fehlerfortpflanzung ist ziemlich übel. Statt 2-4° wird es wohl eher 6-10° Celsius durchschnittliche Erwärmung geben.. wenn wir Glück haben. Besorgniserregend, aber besser wir kümmern uns weiter um Wirtschaft! Kaufen, kaufen, kaufen!

  • Im Guardian steht heute, dass auch am Nordpol Höchsttemperaturen gemessen werden, die um mehr als zwanzig Grad über den bisherigen Höchstwerten zur Jahreszeit liegen. Taut der Nordpol, verwandelt sich das reflektierende Eis in Hitze absorbierendes Wasser, und wir sind Toast! Wir müssen viel mehr tun, und zwar schnell!

    • @Patricia Winter:

      Keine Sorge, Klimaanlagen sind ja schon erfunden. Damit bekommt das Überleben einen Preis, und dann werden wir ja sehen, wer den bezahlen kann. Die anderen ... sorry, die haben sich wohl nicht genug angestrengt.

      • @Mika:

        ... und um im Sakrasmus zu bleiben: dann regelt sich das Problem doch von ganz alleine, und wenn wieder nur 1 Milliarde Menschen ode rgar weniger auf dem Planeten leben wird´s besser. Der gute alte Planet richtet es schon, er hat seeehr viel Zeit...