KRITISCHER BLICK AUF DIE MENSCHENRECHTE IN DEUTSCHLAND: UNO nicht nur für Afrika
Jetzt können sich auch deutsche Frauen direkt bei der UNO über ihre Diskriminierung beschweren. Das ist keineswegs eine unnötige Luxusoption. Zwar sind in Deutschland – anders als in vielen Ländern vor allem außerhalb Europas – die gleichen Rechte für Frauen in sämtlichen Lebensbereichen gesetzlich festgeschrieben. Aber diese Rechte sind keineswegs ausreichend verwirklicht.
Auch die Klagemöglichkeit vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg – einer Einrichtung, die vergleichbar in anderen Weltregionen nicht existiert – macht den fortan bestehenden Weg einer Beschwerde vor der UNO nicht überflüssig. Denn mit weiten Bereichen der auch in Deutschland herrschenden alltäglichen Diskriminierung von Frauen hat sich der Straßburger Gerichtshof bis heute nicht befasst – wohl aber der zuständige UNO-Ausschuss.
Die rot-grüne Bundesregierung brauchte unverständliche anderthalb Jahre, um das UN-Protokoll zu ratifizieren, das den neuen Beschwerdeweg eröffnet. Es enthält die Feststellung in internationalem Rahmen, dass es in Deutschland Missstände im Menschenrechtsbereich gibt. Eine solche selbstkritische Haltung, die die Bundesregierung ähnlich auch vor einigen Monaten bei einer UNO-Anhörung zu fremdenfeindlicher Gewalt in Deutschland demonstrierte, ist ein Fortschritt gegenüber der alten christlich-liberalen Koalition.
Diese Haltung bezog sich auf die bürgerlichen und zivilen Grundrechte eines anderen Übereinkommens, des UNO-Menschenrechtspakts von 1966. Anders verhält es sich bei den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten dieses Paktes, über deren Umsetzung in Deutschland zurzeit der zuständige UNO-Ausschuss in Genf berät. Zahlreiche Nichtregierungsorgansationen haben vor dem Ausschuss eine massive Verletzung dieser Rechte kritisiert – zum Beispiel in Altenpflegeheimen oder bei der Behandlung von Sozialhilfeempfängern und „illegalen“ Flüchtlingen. Nächste Woche, wenn die Bundesregierung auf die Vorwürfe antwortet, wird sich zeigen, ob sie sich weiter so selbstkritisch gibt. ANDREAS ZUMACH
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