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KI-Gipfel mit JD VanceAngst vor der Intelligenzbremse

Kommentar von Svenja Bergt

Schöne Worte, schmutzige Tricks: Während die KI-Welt auf Tempo setzt, drohen Nutzerinteressen unterzugehen.

US-Vizepräsident JD Vance am Rande des KI-Gipfels in Paris Foto: Thomas Padilla/ap

E thisch, offen, inklusiv, nachhaltig, vertrauenswürdig – es sind schöne Attribute, die in der Abschlusserklärung des zu Ende gegangenen KI-Gipfels in Paris genannt werden. Schöne und richtige. Doch momentan geht es in Sachen künstliche Intelligenz global gesehen leider in eine andere Richtung. Eine, die der US-Vize JD Vance bei seinem recht aggressiven Gipfel-Auftritt zusammengefasst so skizzierte: nationale Wirtschaft first, bloß nicht bremsen, bloß nicht regulieren, gerne fördern.

Wie dadurch Vertrauen in die Technologie geschaffen werden soll, bleibt sein Geheimnis. Ebenso, wie er das den Ur­he­be­r:in­nen von Fotos, Videos, Texten und Bildern erklärt, die KI-Unternehmen gerne als kostenloses Datenfutter für das Training ihrer Modelle nutzen. Ist das nicht schon Wirtschaft genug?

Das Problem ist: Auch in Europa hat die Fraktion derer, die über die Markteinführung neuer KI-Anwendungen erst mal nachdenken und dafür vielleicht ein paar Regeln formulieren wollen, einen zunehmend schweren Stand. Das liegt vor allem daran, dass die USA jüngst mit Milliardeninvestitionszusagen der Industrie gezeigt haben, wie wichtig ihnen das Thema ist. Und dass China mit seinem neuen, leistungsfähigen Modell DeepSeek gezeigt hat, dass die Volksrepublik ebenfalls mitzieht beim internationalen Wettbewerb.

Doch in der Debatte darum, was der Entwicklung und der Wirtschaft schaden oder nützen könnte, fehlt etwas: der Blick auf die Nutzer:innen. Die Nutzer:innen, die das chinesische Tool DeepSeek verwenden, das bei Fragen nach Tiananmen, den Uiguren oder der chinesischen Regierung blockt; die von dem aggressiven Tiktok-Algorithmus eingesogen werden; die sich damit herumschlagen müssen, dass ein KI-Chatbot eines Unternehmens sinnlose Antworten gibt; die betroffen sind, wenn Behörden sie mithilfe von KI überwachen.

Ja, die EU-Regulierung der KI, der AI Act, adressiert diese Themen. Aber das wird nicht reichen. Denn die Technologie wird sich wandeln. Und dann braucht es mehr als schön klingende Worte.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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7 Kommentare

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  • Es ist der Klassiker, dass wir mal wieder Angst haben, German Angst, European Angst! Wovor eigentlich genau? Weiß das jemand? Wer von den Leser hier hat mit ChatGPT bereits Geld verdient? Ja, das geht! Wer mitbekam, wie Deep Blue 1997 gegen Garri Kasparow gewann, wusste, dass damals das KI-Zeitalter begann.

    Leider - das sage ich eigentlich ungern - hat Vance recht. Wer die KI zu sehr reguliert, wird sie im Keim ersticken. Wenn die EU bremst, werden andere das Geschäft machen und Europa wird in einem weiteren Technologiebereich abgehängt werden und den Gewinnern neidisch hinterherschauen.

    • @Aurego:

      Antwort 2: Mit "German Angst" hat es eher weniger zu tun, als mit Verantwortung . Das jemand wie Vance und das restliche Trump- Geschwerl damit nichts am Hut haben ist eh klar.



      Die Regulierungen, die z.Zt. in der EU diskutiert werden, sind durchaus richtig!

      • @maria2:

        Ja, ich weiß. German Angst wird gerne mit "Verantwortung" gleichgesetzt. Sie verursacht jedoch diese faultierhafte Langsamkeit und Zaghaftigkeit bei wichtigen Entscheidungen und eine fehlende Begeisterungsfähigkeit für Neues, gepaart mit einer Ablehnung für Fremdes. Die US-Amerikaner stellen das genaue Gegenteil dar und haben damit in der Regel Erfolg.

    • @Aurego:

      Ein Computerprogramm kann Schachspielen, nachdem es dafür programmierte wurde. Beim Schach gibt es festgelegte Regeln, eine begrenztes Spielfeld und ein Computer rechnet eben schneller. - im Fall von KI- errechnet er schneller Wahrscheinlichkeiten.

      Ganz klar ist aber auch, dass eine KI nur so "intelligent" ist wie ihr Input, das zeigt uns DeepSeek. Und u.a. genau deshalb brauchen wir Regulierungen.

      Die Frage "Wer hat schon mal Geld verdient mit ChatGPT?," ist völlig irrelevant für die Qualität von KI. Es gibt auch Leute, die mit gebrauchter Unterwäsche Geld verdienen, deshalb wird aus gebrauchter Unterwäsche auch nix Tolles. Relevant ist die Frage: Was muss KI können, wie kann KI eingesetzt werden, damit sie den Menschen nützt und nicht schadet? Dafür braucht es Regulierungen.



      Das "Können" und der Output der einfachen ChatGPT Version ist ziemlich oberflächlich, was man an den Suchmaschinen, die mit KI arbeiten auch sehr genau beobachten kann: Die erste Antwort ist immer ziemlich oberflächlich schwafelnd, was so richtig nervt, genau wie der Einsatz von KI in Kundenportalen und gelesenen Texten im Netz, die so dumm sind, dass man sich die Haare rauft.

      • @maria2:

        Sie haben sich offensichtlich noch nicht intensiv mit den Fragen beschäftigt, was KI macht, wie sie es macht, wie sie trainiert wird und warum ausgerechnet ein Hersteller von GPUs seine Produkte momentan aus der Hand gerissen bekommt. Aber macht ja nichts.



        Kleiner Tipp: Der Zweck und die Stärke von KI, insbesondere von Large Language Models, ist nicht primär, die klassischen Suchmaschinen zu ersetzen.

      • @maria2:

        Das ist der heutige Stand, die KI wird sich schnell entwickeln. Die Grundlagen der Programme sind offen verfügbar und draußen in der Welt, jeder der sich ein paar Dutzend Server hinstellen kann ist in der Lage eine KI zu trainieren.

        • @Gunnar Grannis:

          Genau deshalb wiederhole ich mich: Relevant ist die Frage: Was muss KI können, wie kann KI weiterentwickelt und so eingesetzt werden, damit sie den Menschen nützt und nicht schadet? Dafür braucht es Regulierungen.