Justiz: Ein Fall, der zum Himmel stinkt
Rumänische Bauarbeiter der Mall of Berlin sollen zu wenig oder gar nicht bezahlt worden sein. Der Prozess gegen die Baufirmen hat jetzt begonnen.
Die Mall of Berlin musste seit ihrer Eröffnung Ende 2014 unangenehme Schlagzeilen aushalten. Von Bauschäden über die Insolvenz des Bauunternehmens reichten die Vorwürfe; am schwersten wiegt jedoch ein laufender Prozess zwischen Bauarbeitern und Baufirmen der Mall of Berlin. Sieben rumänische Bauarbeiter haben ihre direkten Arbeitgeber – zwei Subunternehmen aus Berlin und Frankfurt am Main – verklagt, weil sie während ihrer Arbeit an der Mall of Berlin nach eigener Aussage gar nicht oder nicht ausreichend bezahlt worden seien. Außerdem seien ihnen Arbeitsverträge versprochen worden, die sie nie zu sehen bekamen. Die Bauarbeiter werden von der Basisgewerkschaft Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union (FAU) unterstützt und von der Berliner Anwaltskanzlei Stähle vor Gericht vertreten. Es geht um insgesamt 33.000 Euro.
Am 10. April fand der erste Gütetermin für zwei der Mandanten beim Arbeitsgericht statt, am 14. April fanden der zweite und dritte für insgesamt drei weitere Arbeiter statt. Es fing gut an: Zum ersten Termin tauchte nur Rechtsanwalt Sebastian Kunz von der Kanzlei Stähle mit einem der Kläger auf, Nicolae Molcoasa. Auch einige Mitglieder der FAU waren anwesend. Vom angeklagten Subunternehmen openmallmaster GmbH war niemand da. Infolge des Nichterscheinens wurde ein vollstreckungsfähiges Versäumnisurteil ausgesprochen. Innerhalb von einer Woche nach Zustellung kann die Gegenseite Einspruch einlegen. Damit rechnet Rechtsanwalt Kunz auch, der die openmallmasters GmbH als dubios einstuft. Sein Mandant Molcoasa spekuliert: „Die Justiz arbeitet sauber. Die Firma aber glaubt, dass sie über dem Gesetz steht.“
Überraschend erschien am 14. April Rechtsanwalt Franz Bittner für das Subunternehmen, der den zuständigen Anwalt Rainer Smiechowski aber auch nur vertreten hat und den Fall nicht gut kannte. Zwischendurch verschwand er kurz zum Telefonieren. Insgesamt hinterließ er den Eindruck, seine Kanzlei habe den ersten Termin am Freitag schlicht vergessen. Selbst Richterin Beate Aster schien Partei zu ergreifen: „Das Ganze stinkt zum Himmel. Und das ist noch nett ausgedrückt.“ Sogar Bittner wirkte betroffen und beinahe entschuldigend: „Ich verstehe es auch nicht.“ Nicola DiMarco von der FAU ärgert sich: „Scheinbar nimmt die Gegenseite den Fall nicht ernst. Sie sind total unorganisiert.“ Am 20. April finden die beiden letzten Gütetermine statt, dann gegen das Berliner Subunternehmen Metatec-Fundus GmbH&Co. KG. Der erste Kammertermin für die Kläger des vom 14. April ist für den 16. Juli 2015 angesetzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett