Erfolg für Bauarbeiter aus Rumänien: Arbeit lohnt sich doch
Die ersten Klagen von rumänischen Arbeitern auf Zahlung ihres Lohns sind erfolgreich. Sie hatten auf der „Mall of Berlin“-Baustelle gearbeitet.
Unerwarteter Sieg vor dem Arbeitsgericht: Zwei rumänische Bauarbeiter erhalten doch noch Lohn für ihre Arbeit auf der Baustelle des Edelshoppingcenters „Mall of Berlin“. Niculae M. und Nicolae H. hatten gegen die Firma Openmallmaster GmbH geklagt: Sie hätten für ihre Arbeit kein Geld gesehen. Das Gericht gab ihnen am Mittwoch recht: Rund 1.200 Euro beziehungsweise rund 4.400 Euro stehen den beiden Männern nun zu. Gegen die Urteile kann noch Berufung eingelegt werden. Die beklagte Firma ist ein für den Bau des Shoppingcenters angeheuertes Subunternehmen. Das Verfahren läuft bereits seit mehreren Monaten, ebenso wie acht weitere Klagen rumänischer Arbeiter.
Während der Verhandlung am Mittwoch ging es vor allem um Formalia. „Das Urteil ist aus prozessualen, nicht aus inhaltlichen Gründe erfolgt“, berichtet Sebastian Kunz, der Anwalt der beiden Kläger.
Hintergrund ist, dass bei früheren Güteterminen kein Vertreter des verklagten Bauunternehmens erschienen war. Auf Antrag der Kläger hatte das Arbeitsgericht daraufhin den beiden Klagen jeweils durch ein Versäumnisurteil stattgegeben. Gegen diese Urteile wiederum hatte das Bauunternehmen Einspruch erhoben, diesen aber erst Wochen später begründet.
Zum Prozess am Mittwoch erschien nun ein Rechtsanwalt der Openmallmaster GmbH. Er kritisiert zwei Punkte in der Klageschrift: Erstens sei bei den Klägern keine Wohnadresse angegeben, ihre Post wurde an die Adresse der Gewerkschaft der Freien Arbeiter und Arbeiterinnen Union (FAU) geschickt, die die Kläger unterstützt. Richter Andreas Rook hielt diesen Punkt indes für „nicht zu beanstanden“.
Zudem, so der Anwalt weiter, sei nie bewiesen worden, dass die Rumänen überhaupt bei Openmallmaster GmbH beschäftigt gewesen seien. Und das ist tatsächlich schwer zu belegen: Schließlich sagen die Angeklagten, sie hätten nie Baustellenausweise oder Arbeitsverträge gesehen. Dieser Punkt spielte für den Richter am Mittwoch jedoch keine Rolle, weil es nur um die Klage gegen die Versäumisurteile ging.
Die beiden rumänischen Kläger hätten am Mittwoch davon profitiert, dass das Unternehmen „unseriös und unorganisiert“ ist, wie Tinet Ergazina von der FAU es formulierte. Sie bezieht sich auf das Nichterscheinen der Gegenseite bei den Güteterminen im April und auf die verspätete Begründung. „Die verdienen dieses Urteil. Wir haben uns sehr gefreut. “
Bis Ende Oktober sind weitere acht Verhandlungen rumänischer Bauarbeiter vor dem Arbeitsgericht anberaumt. Sie sollen entweder bei der Openmallmaster GmbH oder einem weiteren Subunternehmen angestellt worden sein, aber keinen Lohn für ihre Arbeit auf der Baustelle der „Mall of Berlin“ erhalten haben. Insgesamt geht es laut Anwalt Sebastian Kunz um rund 30.000 Euro.
Ähnlich erfolgreich könnte die Klage von Elvis Iancu sein, über die kommenden Mittwoch verhandelt wird (siehe taz vom 5. August). Laut Iancu, der im Herbst 2014 zwei Monate auf der Baustelle der „Mall of Berlin“ gearbeitet habe, wurden ihm und anderen Arbeitern regelmäßig Arbeitsverträge zugesagt, bekommen hätten sie jedoch nie welche. Anfänglich sei ihnen noch der Mindestlohn versprochen worden; später sei es um einen Stundenlohn von 5 bis 6 Euro gegangen – und auch die sollen nie bei den Arbeitern angekommen sein. Auch im Fall von Elvis Iancu gibt es ein Versäumnisurteil für die Firma Openmallmaster GmbH.
Anders sieht es bei den anderen Verfahren aus: Dort werde man auf Zeugenaussagen angewiesen sein, sagt Anwalt Kunz. Doch schon dass es überhaupt zu diesen Klagen kommt, ist ungewöhnlich. Meist fehlen Wanderarbeitern dafür die finanziellen Mittel, auch die Sprachbarriere ist zu hoch. Letzteres wurde durch die Gewerkschaft FAU gelöst, die einen Dolmetscher stellt. (Aktenzeichen 14 Ca 3749/15 und 14 Ca 3752/15)
Leser*innenkommentare
Khaled Chaabouté
Super!
Beharrlichkeit und der Weg durch die Instanzen lohnen sich also doch. Anfangs hatte ich Befürchtung, man beließe es bei den üblichen Protestaktionen und das war's dann. Damit habe ich den engagierten Unterstützern der FAU aber Unrecht getan, sorry. Schämen sollten sich aber vor allem die DGB-Gewerkschaften, die sowohl in diesem, wie auch in unzähligen anderen Fällen keinen Handlungsbedarf sahen und sich statt dessen vorschnell mit den Praktiken des neoliberaen Systems arrangierten.
nzuli sana
Glückwunsch und ein Lob an die unterstützende Berliner FAU!