Junger Hongkonger Aktivist: Haftstrafe für Tony Chung
Der Mitbegründer der Hongkonger Aktivistengruppe Studentlocalism wurde zu drei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt.
Chung, dessen Großvater aus Vietnam stammt, wurde 2001 in der ehemals britischen Kronkolonie geboren. Er ging zunächst auf eine buddhistische Oberschule und besuchte danach ein berufsbildendes Lehrinstitut. Bereits als Zwölfjähriger beobachtete Chung eine Anti-Peking-Demonstration vor der chinesischen Vertretung der Volksbefreiungsarmee. Später sollte er jenen Tag als politisches Erweckungserlebnis beschreiben.
Und so gründete er 2016 noch als Schüler mit drei Gleichgesinnten die Aktivistengruppe Studentlocalism. Deren zentrales Anliegen war schon damals die Unabhängigkeit Hongkongs, wie Chung als Teenager bereits unverhohlen in Interviews verkündete: „Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Wir sehen die Situation in China – das ist exakt der Grund, warum wir nicht wollen, dass unsere Stadt genauso wird wie China.“
„Ich könnte einer Straftat bezichtigt werden“
Aus heutiger Sicht geradezu prophetisch prognostizierte der Schüler schon 2017 sein eigenes Schicksal: „In den nächsten fünf Jahren könnte das nationale Sicherheitsgesetz verabschiedet und ich könnte einer Straftat bezichtigt werden.“
Genauso kam es schließlich im Sommer 2020, als Pekings Staatsführung mit ebenjenem Gesetz flächendeckend gegen die Demokratiebewegung vorging. Fast sämtliche Oppositions- und Bürgerrechtsgruppen wurden seither von den Behörden niedergeschlagen und Demonstranten allein wegen des Singens politischer Slogans verhaftet. Viele politische Aktivisten zogen sich entweder ins Exil oder ins Private zurück.
Auch Chung löste umgehend seine Aktivistengruppe auf, doch das reichte nicht aus, um der Strafverfolgung zu entkommen. Im Oktober 2020 wurde der damals 19-Jährige verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Er befand sich damals in einem Café nahe dem US-amerikanischen Konsulat, wo er politisches Asyl beantragen wollte.
Chung zeigt sich weder reuig noch gebrochen
Die Staatsmacht beruft sich in ihrer Anklage auch auf eine Razzia in Tony Chungs Wohnung, bei der T-Shirts, Flaggen und Bücher konfisziert wurden, auf denen Parolen für die Unabhängigkeit prangten. Der Geldwäschevorwurf beruht lediglich auf einem Paypal-Account, bei dem Tony Chung von seinen zahlreichen Unterstützern Zahlungen akzeptierte.
Bislang zeigt sich der nun Verurteilte weder reuig noch gebrochen. Als vor Gericht die Klage vorgelesen wurde, antwortete Tony Chung in Bezug auf den Straftatbestand der Sezession mit ernster Miene: „Ich bekenne mich schuldig und habe kein Schamgefühl in meinem Herzen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos