piwik no script img

Jüdische Eigentümerin ohne Erben totGurlitt-Bild geht an Nazi-Nachfahren

Die Familie eines NS-Kasernenwarts bekommt ein Raubkunst-Bild aus der Gurlitt-Sammlung zurück. Die jüdische Eigentümerin ist ohne Erben verstorben.

Die Bergpredigt von Frans Francken. Bild: ap

MÜNCHEN dpa | Ein Raubkunstgemälde, das der NS-Kunsthändler Hildebrand Gurlitt für Adolf Hitlers „Führermuseum“ kaufte, ist nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung den Nachfahren eines NS-Kasernenwarts zugesprochen worden. Das Amtsgericht München entschied demnach im Mai, dass das Bild in den Besitz der Münchner Familie zurückgeht.

Die mutmaßliche Eigentümerin war in der NS-Zeit als Jüdin deportiert worden. Laut Bundesamt für offene Vermögensfragen gebe es keine Erben mehr, die Ansprüche geltend machen, berichtet die SZ. Das Amtsgericht war zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Gurlitt hatte das Gemälde „Bergpredigt“ des flämischen Barockmalers Frans Francken im besetzten Frankreich erworben und 1943 an Hitler für dessen in Linz geplantes Museum verkauft. Seit April 1945 galt das Gemälde als verschollen. Zusammen mit rund 650 anderen Werken verschwand es, als gegen Ende des Zweiten Weltkriegs der sogenannte Führerbau am Münchner Königsplatz geplündert wurde.

Im November 2008 war die „Bergpredigt“ im Schätzwert von rund 100.000 Euro in der BR-Fernsehsendung „Kunst&Krempel“ gezeigt und von einem Zuschauer als Raubkunst identifiziert worden. Daraufhin ermittelte das Landeskriminalamt Bayern. Das Gemälde soll von demselben Händler stammen, bei dem Gurlitt auch viele der umstrittenen Werke erstand, die sich später bei seinem Sohn Cornelius fanden. Cornelius Gurlitt, der Anfang Mai in München starb, stand monatelang im Zentrum einer Nazi-Raubkunst-Debatte um seine Sammlung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Der Artikel ist schlicht unverständlich: wenn Gurlitt senior das Bild rechtmäßig erworben und an den GrOFaZ verkauft hat, wäre der Freistaat Bayern als dessen Erbe Eigentümer geworden - Gurlitt jun. hätte das Eigentum aber wohl ersessen.

     

    Im Falle eines unrechtmäßigen Erwerbs durch Gurlitt sen. wäre wohl französisches Erbrecht anzuwenden; aber auch in diesem Fall hätte sein Sohn wohl das Eigentum ersessen.

     

    Ein auch noch so weit hergeholter Anspruch eines "Nazierben" läßt sich dem Artikel dagegen nicht entnehmen!

  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    Da druckt die TAZ einen Artikel in dem über Antiziganismus lamentiert wird, aber Nazi-Nachfahren sind ok? Sind das kleine Nazis, sehen diese Menschen sich in der Tradition der Nazis - oder müssen sie als Deutsche halt hinnehmen, dass sie als Nazi-Nachfahren beschimpft werden?

    • @738 (Profil gelöscht):

      Ich denke, gerade weil es nicht in Ordnung erscheint, hat sich die TAZ , die SZ zitierend, des Themas angenommen.

       

      Als Leser liegt es an uns, uns die Frage zu stellen, wie unsere Rechtsprechung so gestaltet sein kann, dass Richter möglicherweise solche Urteile fällen können/müssen. Warum geht niemand in Revision?

       

      Wir sind keine Juristen. Aber das finden wir nicht in Ordnung. Deshalb der Artikel. Ich verstehe ihn als Denkanstoß.