Joe Bidens außenpolitisches Personal: Total multilateral

Mit der Wahl seiner außenpolitischen Expert:innen macht Joe Biden klar: Er will Schluss machen mit „America first“.

Portrait von Antony Blinken, ein mann mit dunklen, grau gesträhnten Haaren, die ihm bis zum Ohr reichen. Er hat den Mund leicht geöffnet und hat dunkle, kleine Augen.

Soll künftig die amerikanische Außenpolitik steuern: Antony Blinken Foto: Jose Luis Magana/ap

Schon einen Tag vor der offiziellen Bekanntgabe ist öffentlich geworden, wer als Außenminister, Nationaler Sicherheitsberater und UN-Botschafterin die Außenpolitik des kommenden US-Präsidenten Joe Biden steuern soll. Die Nominierung der drei Obama- und Clinton-Leute Antony Blinken, Jake Sullivan und Linda Thomas-Greenfield bedeutet eine radikale Abkehr vom America-first-Unilateralismus der Trump-Regierung.

Die America-first-Politik hatte vor allem deshalb so gravierende Auswirkungen, weil sich zur politisch gewollten Abkehr von Multilaterismus und dem permanenten Brüskieren von Verbündeten noch mangelnde Fachkompetenz und eine personelle Ausdünnung im State Department gesellten. Trumps außenpolitisches Handeln folgte seinen persönlichen innenpolitschen Interessen, seine Personalpolitik bewertete Loyalität erheblich höher als Kompetenz. Die Figur des früheren Trump-Botschafters in Berlin, Richard Grenell, war die Versinnbildlichung dieses Niedergangs der US-Diplomatie. Aber durchaus nicht die einzige.

Joe Biden hat schon im Wahlkampf eine Rückkehr zum Multilateralismus versprochen, zum Pariser Klimaabkommen, zum Atomdeal mit dem Iran, zur Weltgesundheitsorganisation. Der designierte Außenminister Antony Blinken, langjähriger Biden-Vertrauter und sein außenpolitischer Berater im Wahlkampf, skizzierte seine Linie im Juli dieses Jahres: Nur in starken Allianzen können die USA zur Lösung globaler Probleme – er nannte Klimawandel und Pandemien – beitragen und gleichzeitig ihre Interessen gegen ein stärker werdendes China wahren. Wie Biden glaubt Blinken an die Wiederherstellung der Rolle der USA als westlicher Führungsmacht.

Sicher scheint: Nato und EU werden in einer Biden-Regierung wieder Gesprächspartner*innen finden. Aber: Biden wird ohne klare Mehrheit im Kongress ein zutiefst gespaltenes Land regieren, und jeder Schritt etwa zu einer verantwortungsvollen Klimapolitik wird schwer. Ein Schuss Trumpismus wird auch in der Außenpolitik bleiben: als Störfeuer.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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