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Jobcenter tut sich schwer mit AusgebenBremen verzichtet auf Geld vom Bund

Von 4,5 Millionen Euro Eingliederungshilfen spricht das Jobcenter, die es ungenutzt dem Bund zurückzahlen muss – andere prognostizieren acht Millionen.

Immerhin: Für die Verwaltung seiner Klienten hat das Jobcenter genug Geld eingeplant. Bild: Jan Zier

BREMEN taz | Die Jobcenter Bremen und Bremerhaven müssen für 2014 voraussichtlich 4,5 Millionen Euro aus dem sogenannten „Eingliederungsbudget“ an den Bund zurückzahlen – zumindest laut Prognose des Bremer Jobcenters, die der Wirtschaftssenator im August vorgestellt hatte.

Uwe Mühlmeyer, Geschäftsführer des Verbundes arbeitsmarkpolitischer Dienstleister in Bremen (Vadib) hingegen sagt: Rund acht Millionen Euro würden bis Ende des Jahres ungenutzt bleiben. Und auch das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) zweifelt an den Berechnungen des Jobcenters.

Mühlmeyer hat auf Basis der mittlerweile vorliegenden Zahlen bis Ende September ausgerechnet: „Wenn unterstellt wird, dass die Ausgaben im letzten Quartal dem Durchschnitt der ersten neun Monate entsprechen, würden noch 9,4 Millionen Euro bis zum Jahresende abfließen – das heißt, allein für Bremen bliebe ein Überhang von 5,3 Millionen.“

Und das sei optimistisch gerechnet, denn erfahrungsgemäß seien die Ausgaben am Jahresende niedriger als im restlichen Jahr. Hinzu komme noch das Jobcenter Bremerhaven, das zwei bis 2,5 Millionen Euro zurückzahlen müsse – macht insgesamt mindestens 7,8 Millionen Euro.

Auch Paul M. Schröder vom BIAJ bezweifelt die Jobcenter-Prognose: „Danach müssten im letzten Quartal etwa 5 Millionen Euro pro Monat für Eingliederungsleistungen ausgegeben werden – das erscheint aufgrund der bisherigen monatlichen Ausgaben wenig plausibel.“

Das bisherige Ausgabenmaximum habe im März bei 4,233 Millionen Euro gelegen. Anders als Mühlmeyer will Schröder keine Summe prognostizieren, „aber die Wahrscheinlichkeit, dass mehr als 4,5 Millionen Euro an den Bund zurückfließen, ist groß.“

Dabei wurde das Geld für Projekte, um arbeitslose Menschen ins Erwerbsleben zurückzuführen, im vergangenen Jahr fast vollständig ausgenutzt: Aus der schlechten Quote im Jahr 2012 – damals wurden in Bremen 86, in Bremerhaven sogar nur 80 Prozent der Bundesmittel ausgegeben – hatte das Wirtschaftsressort Konsequenzen gezogen und die Ausschöpfung der Mittel engmaschiger kontrolliert. „2014 ist allerdings ein sehr schwieriges Haushaltsjahr“, sagt Helmut Westkamp, Geschäftsführer des Bremer Jobcenters.

Deutschlandweit zeichne sich ab, dass rund zehn Prozent der Eingliederungsmittel nicht genutzt würden: „Der Bundeshaushalt ist erst im April verabschiedet worden, und dann gab es allein für Bremen auch noch zusätzliche Gelder in Höhe von vier Millionen Euro.“ Das Jobcenter könne zu einem so späten Zeitpunkt im Jahr schwer so nachplanen, dass wirklich alle Mittel ausgeschöpft würden.

Bewilligungen seien außerdem schwieriger geworden: „Es gibt beispielsweise bei den Injobs Restriktionen des Gesetzgebers, weswegen das Förderpotenzial kleiner geworden ist.“ Arbeitsgelegenheiten seien nicht mehr kombinierbar mit Qualifikationsmaßnahmen.

„Wir haben eine aus Bundesmitteln finanzierte Arbeitsmarktpolitik zu betreiben – und die können wir nicht ändern“, sagt er. Das Jobcenter sei angehalten, die Eingliederungsmittel auszugeben, „und das versuchen wir auch – wir halten sicher keine Gelder zurück“.

Die Prognosen von Vadib und dem BIAJ kann er nicht nachvollziehen, lässt aber im Unklaren, wofür das Jobcenter in den letzten drei Monaten weit mehr Geld ausgeben wird als im Jahresdurchschnitt: „Wir haben jetzt 70 Prozent der Mittel ausgegeben, am Jahresende werden wir bei 90 Prozent landen – unter anderem durch eine quantitative Erhöhung von Maßnahmen.“

Schröder indes hat eine Vermutung: „Die Höhe der Rückzahlung könnte auch durch noch höhere Ausgaben bei den Verwaltungskosten reduziert werden.“ Dabei sind für diese „Umschichtung“ der Eingliederungsgelder bereits 5,1 Millionen Euro eingeplant.

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