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„Jetzt erst recht“

Ein Lieferkettengesetz muss her. Dieser Transparenz bedarf es nicht trotz, sondern wegen Corona

Es sah gar nicht so schlecht aus für einen gesetzlichen Rahmen, der deutsche Unternehmen verpflichtet, die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz auch bei Zulieferern im Ausland zu achten. Anfang März wollten Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die Eckpunkte vorstellen. Doch dann kam Corona, und die Pläne wurden auf Eis gelegt. Wirtschaftsverbände hatten gefordert, das Thema angesichts der unsicheren Lage von der politischen Agenda zu streichen.

Für die Initiative Lieferkettengesetz, der mehr als 100 Organisationen angehören – darunter zahlreiche Fair-Handels-Akteure –, ist der Aufschub inakzeptabel. Sie wirft der Wirtschaft „Moral Distancing“ vor. „Jetzt erst recht“, fordert auch Andrea Fütterer, Vorsitzende des Forums Fairer Handel: „Die drastischen Auswirkungen der Coronakrise auf die Menschen am Anfang der globalen Lieferketten bestätigen die Dringlichkeit dieses Gesetzes.“

Die Pandemie legt einmal mehr die Fehlentwicklungen im weltweiten Wirtschaftssystem offen: Intransparente Lieferketten, die sich auf der Suche nach billigen Produkten rund um den Globus gebildet haben, sind krisenanfällig und weder sozial noch ökologisch nachhaltig. Marken nutzen ihre Macht über Lieferanten aus und stornieren Bestellungen. Menschen stehen plötzlich vor dem Nichts. Auch zeigt sich nun, dass viele Unternehmen ihre Lieferketten gar nicht kennen und gezwungen sind, diese umzustellen, um Engpässe zu vermeiden. „Der faire Handel beweist, dass Lieferketten nachhaltig gestaltet werden können“, so Anna Hirth vom Weltladen-Dachverband. Und das seit fünfzig Jahren, so lange gibt es die Bewegung in Deutschland.

„Die Coronakrise hat gezeigt: Unternehmen, die ihre Lieferketten kennen und auf verlässliche Partnerschaften setzen, sind krisenfester“, so die Initiative Lieferkettengesetz. Bei Redaktionsschluss hatten auf der Website bereits 5.222 Menschen das Schreiben unterzeichnet, in dem weiter steht: „Ein Lieferkettengesetz, das menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten gesetzlich verankert, wäre ein Nachhaltigkeitsschub für die deutsche Wirtschaft. Viele Unternehmen in Deutschland sprechen sich bereits für ein Gesetz aus. Sie versprechen sich mehr Wettbewerbsgleichheit beim Schutz von Menschenrechten und Umwelt in der Wirtschaft.“

EU-Justizkommissar Didier Reynders hat für 2021 einen Gesetzesentwurf für ein europäisches Lieferkettengesetz angekündigt. Katja-Barbara Heine

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