Jeremy Corbyn in der Labourpartei: Erst draußen, dann wieder drin
Ein parteiinterner Ausschuss hat den Ex-Vorsitzenden wieder aufgenommen. In die Parlamentsfraktion könne er aber nicht, so Labour-Chef Keir Starmer

Corbyn wieder drin, bevor sich Labour gründlich mit dem EHRC-Bericht auseinandersetzen konnte – dies sorgte noch am Dienstag abend für zornige Reaktionen aus jüdischen Rängen, darunter der Verband jüdischer Labour-Mitglieder JLM. Auf der anderen Seite gab es große Erleichterung unter Corbyn-Anhänger*innen, die prompt begannen, ihre Gegner wieder als „Blairites“ und „Zionisten“ zu beschimpften.
Doch beide Seiten hätten sich die Reaktionen sparen können. Kurz vor Mittwochmittag kündigte Parteiführer Keir Starmer an, dass Corbyn nicht mehr in die Labour-Parlamentsfraktion aufgenommen werde. Starmer hatte das Urteil der EHRC akzeptiert und betont, bei Antisemitismus in der Partei gelte für ihn Nulltoleranz.
„Jeremy Corybns Handeln hat unsere Arbeit, die Glaubwürdigkeit und Zuversicht und die Fähigkeit Labours zum Kampf gegen Antisemitismus wiederherzustellen, untergraben und zurückgeworfen“, so Starmer. „Unter diesen Umständen habe ich mich entschieden, die Fraktionsmitgliedschaft Jeremy Corbyns nicht wiederherzustellen. Ich werde diese Situation beständig überprüfen.“ Weiter sagte er, die Aufhebung von Corbyns Suspendierung zeige, dass die Glaubwürdigkeit der Partei in den Augen der jüdischen Gemeinschaft keineswegs wiederhergestellt sei.
Die Linke in der Partei fühlt sich düpiert
Die widersprüchlichen Entscheidungen beider Seiten – des Vorstands und Starmers – stehen im Widerspruch zu einer EHRC-Kernempfehlung an Labour, nämlich dass Anschuldigungen wegen Antisemitismus in Zukunft von einem parteiunabhängigen Gremium verhandelt werden sollten. Dieses Gremium existiert noch nicht. Derweil fühlt sich die Linke düpiert. Die Gruppe „Red Labour“ twitterte an Keir Starmer, dass seine Entscheidung rachsüchtig, spaltend und provokativ sei. „Wir haben eine Botschaft für Sir Keir: Vor Dir steht ein Kampf“, warnten sie.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Forscher über Einwanderungspolitik
„Migration gilt als Verliererthema“
Abschied von der Realität
Im politischen Schnellkochtopf
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine
„Wir sind nur kleine Leute“
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat