piwik no script img

Japan vor dem WM-ViertelfinaleEingespielt wie ein Vereinsteam

Defensivstarke Schwedinnen werden Japan herausfordern. Schwedens Standards sind gefürchtet. Die Ja­pa­ne­r*in­nen aber sind taktisch flexibel.

Stretchen für die nächste Runde: Japans treffsichere Hinata Miyazawa im Training Foto: ap

Sydney taz | England, Schweden, Italien, USA und natürlich Japan: Teile des Nationalteams Japans sind weit über die Welt verteilt. 9 der 23 Spielerinnen sind in einer anderen als der heimischen WE League unter Vertrag. Im Vergleich zu den Schwedinnen (14) oder Australien (21) sind das gar nicht so viele Spielerinnen, allerdings ist das Zusammenspiel der Japanerinnen außergewöhnlich.

Nicht wenige Be­ob­ach­te­r*in­nen vergleichen das perfekte Verständnis der Spielerinnen untereinander mit ­einem Vereinsteam, welches fast das ganze Jahr über mit­einander trainiert und spielt – anders als ein Nationalteam, das nur ein paarmal im Jahr ­zu­sammenkommt. Das wirft die Frage auf, wie diese Verbindung auf dem Platz entstanden ist.

Zumal Japan noch dazu taktisch sehr flexibel ist. Denn auch wenn die Formationen stets gleich sind, offensiv ein 3-4-3 und defensiv ein 5-4-1, tauschen Spielerinnen während der Partie Positionen und Rollen. Cheftrainer Futoshi Ikeda (52) blieb außerdem nicht bei einer festen Startelf, sondern gab bereits allen außer den beiden Ersatztorhüterinnen und der vom Verletzungspech geplagten Maika Hamano (19) mindestens einen Einsatz.

Woher also kommt diese Team-Chemie? Die Antwort liegt in einem langen Vorlauf zur WM – beginnend mit den für Japan als gastgebendem Land enttäuschenden Olympischen Spielen in Tokio 2021. Das Team schied in der Vorrunde aus, nachdem bereits die WM 2019 mit dem Aus im Achtelfinale nicht wie gewünscht verlaufen war. Trainer zu diesem Zeitpunkt war Asako Takakuro. Nach dessen Freistellung wurde Futoshi Ikeda im Oktober 2021 auf seine Position befördert.

Ikeda kennt Spielerinnen seit der Jugendzeit

Ikeda war zuvor Coach der U17 und der U20 Japans gewesen und wurde im Jahr 2018 mit der U20 Weltmeister. Aus dieser Zeit kennt er einige der aktuellen Nationalspielerinnen, so wie sich diese aus ebenjener Jugendzeit untereinander kennen. Sechs ehemalige U20-Weltmeisterinnen sind heute wichtige Leistungsträgerinnen für Ikeda: Jun Endō (23, Angel City FC), Moeka Minami (24, AS Rom), Fūka Nagano (24, Liverpool), Riko Ueki (24, Tokyo Verdy Beleza), Hana Takahashi (23, Urawa Red Diamonds) und Hinata Miyazawa (23, Mynavi Sendai).

Sechs der besten Japanerinnen haben 2018 zusammen den Titel bei der U20-WM geholt

Japan profitiert besonders von den guten Beziehungen der Spielerinnen untereinander. Der Fußball, den Japan spielt, basiert auf einer ganz eigenen Art des Zusammenspiels. Die nominellen Angreiferinnen lassen sich regelmäßig zurückfallen und spielen den Ball hinter die gegnerische Abwehr – in Räume, in welche die nominellen Mittelfeldspielerinnen sprinten. So kommt es, dass Mittelfeldspielerin Miyazawa mit fünf Treffern die Torschützinnenliste der WM anführt, obwohl sie bisher in ihrer Karriere nicht unbedingt als Torjägerin auf sich aufmerksam gemacht hat.

Diese Art des Zusammenspiels ist das Ergebnis einer geduldigen Entwicklung abseits des Scheinwerferlichts und der Bereitschaft von Trainer Ikeda, sich und sein Team im Detail ­immer wieder zu hinterfragen und anzupassen. Bei aller Schönheit und Leichtigkeit, mit der Japans Fußball zu begeistern weiß, verliert das Team nie aus dem Blick, das Spiel auf das Spiel der Gegnerinnen abzustimmen.

Gegen Schweden kommt auf Japan dabei eine neue Herausforderung bei der WM zu, denn die Skandinavierinnen waren überaus defensivstark. Vorne passiert zwar aus dem Spiel heraus wenig, dafür sind die schwedischen Standards brandgefährlich. „Die Schwedinnen sind sehr gut bei Standards, also müssen wir vermeiden, welche herzugeben. Als Team haben wir es bisher geschafft, in der Defensive sehr gut zu kommunizieren, deswegen habe ich die Hoffnung, dass wir auf eine Art verteidigen können, die es ihnen nicht erlaubt, ihren Größenvorteil zu sehr auszuspielen“, so Verteidigerin Moeka Minami zu ESPN.

Ähnlich wie bei Japans WM-Titel 2011 wird dieses Mal die Heimat erst spät auf das eigene Nationalteam aufmerksam, zum Viertelfinale soll es in Tokio erstmals ein Public Viewing geben.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Danke für den japanischen Hintergrund. Spannend, spannend, spannend, ...

  • Die Schwedinnen sind nur deshalb weiter, weil u. A. Megastar Rapinoe verschossen hat.

  • Ich hoffe, dass die Japanerinnen



    Weltmeister werden.