Japan beschließt weitere Waffenexporte: Raketen für die Ukraine
Japan kehrt dem Pazifismus der Nachkriegszeit immer mehr den Rücken: Die Geschäfte der Rüstungsindustrie sollen angekurbelt werden.
Die Raketen stellt Mitsubishi Heavy Industries mit einer Lizenz von Lockheed Martin und RTX her. Die Regierung erwägt nach Informationen der Financial Times auch eine Ausfuhrgenehmigung für 155-Millimeter-Artilleriegranaten, die mit einer Lizenz von BAE Systems produziert werden, nach Großbritannien. In der Ukraine herrscht aktueller Mangel an diesen Geschossen.
Mit der Regeländerung entfernt sich Japan einen weiteren, großen Schritt von seinem Pazifismus der Nachkriegszeit. „Die Waffenexporte positionieren Japan als aktiven Akteur in der internationalen Sicherheitspolitik und als verlässlichen Partner der USA“, sagte der deutsche Politologe Sebastian Maslow, der an der Shirayuri-Frauenuniversität in Sendai lehrt. Japan beteilige sich auf diese Weise auch direkt an der Sicherheit Europas. „Der jetzige Schritt sollte daher als Teil der seit letztem Jahr vorangebrachten engeren Zusammenarbeit Japans mit der NATO betrachtet werden“, sagte Maslow.
Ähnlich wie Deutschland gestattet Japan den Empfängerländern nach vorheriger Genehmigung den Weiterexport an Drittländer, aber nur, wenn diese nicht in einen bewaffneten Konflikt verwickelt sind. Daher dürfen die USA die Raketen nicht direkt an die Ukraine weiterreichen. Doch könnte Washington die zur Neige gehenden Bestände in den USA und bei den europäischen NATO-Partnern auffüllen und somit die Versorgung der Ukraine sicherstellen. Die Raketen „geben uns einige Flexibilität bei unseren weltweiten Lagerbeständen und Verpflichtungen“, erklärte Rahm Emanuel, der US-Botschafter in Japan.
Japans Rüstungsindustrie hilft bei Aufrüstung der Nato
Der damalige Premierminister Shinzo Abe hob 2014 das langjährige Verbot von Waffenexporten auf, das aus der pazifistischen Nachkriegsverfassung abgeleitet wurde. Erlaubt war aber nur die Ausfuhr von Komponenten von US-Waffen. Die Patriot-Raketen wären der erste Export eines tödlichen Waffensystems und markieren daher einen weiteren Wendepunkt der japanischen Sicherheitspolitik, die auf die Aufrüstung der Nachbarn China und Nordkorea reagiert.
Premierminister Fumio Kishida will den Verteidigungsetat bis 2027 auf 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verdoppeln. Diese militärische Aufrüstung mache Japan zu 80 Prozent zu einem „normalen Land“, erklärte Akihisa Nagashima, Verteidigungspolitiker der regierenden LDP, im Juni. „Die verbleibenden 20 Prozent sind die Beseitigung der Exportbeschränkungen.“
Hilfe für Japans Rüstungsindustrie
Mehr Spielraum für Waffenexporte soll auch Japans Rüstungshersteller stützen. Die früheren Beschränkungen und die lange Abwesenheit auf dem Weltmarkt verhinderten bislang größere Aufträge. „Japans Rüstungsindustrie ist trotz der ambitionierten Sicherheitspolitik seit Abe international kaum wettbewerbsfähig“, meint Experte Maslow.
Nun könnten die USA und die NATO japanische Produktionskapazitäten für eine schnellere Aufrüstung benutzen. Die Revision erlaubt es Japan auch, nicht-tödliche Waffenkomponenten wie Flugzeugtriebwerke zu verkaufen und Verteidigungsausrüstung an Länder zu liefern, die sich wie die Ukraine gegen eine völkerrechtswidrige Invasion verteidigen.
Auch die Anfang Dezember beschlossene gemeinsame Entwicklung eines Kampfjets mit Großbritannien und Italien wird den Zugang zu ausländischen Märkten erleichtern.
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