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Januar 2017 in rechten MedienRein in die rechte Blase

„Nafris“, Trump und Höcke: Worüber haben rechte Medien im Januar diskutiert? Wir haben sie gelesen, damit andere es nicht tun müssen.

Liebling der Rechten: US-Präsident Donald Trump bei seiner Vereidigung Foto: reuters

Achtung: Links in diesem Artikel auf rechte Medien führen über den Dienst „Do Not Link“ auf die Originalartikel. Mit dem Dienst wird ausgeschlossen, dass der Link zu einer Verbesserung von deren Suchmaschinenposition führt.

Leben Journalist*innen in einer liberalen Filterblase? Bekommen sie nur Nachrichten, die ihren Meinungen entsprechen und haben sie deshalb Entwicklungen wie den Brexit oder den Aufstieg von Donald Trump nicht vorhersehen können? Um das herauszufinden, fassen wir nun monatlich die Diskussionen in rechten Medien zusammen – auch damit unsere Leser*innen es nicht selbst tun müssen.

Die Medien der „besorgten“ bis neurechten und rechtsextremen Szene sind ein wenig überschaubares System von persönlichen Blogs, thematischen Blogs bis hin zu mehrmals täglich aktualisierten Sammelblogs wie „PI-News“ oder Zeitschriften und Zeitungen wie Compact oder Junge Freiheit. Die vorliegende Zusammenfassung basiert auf den Onlineauftritten der drei letztgenannten.

Keines dieser rechten Medien ist ein wirkliches Vollmedium – Leser*innen können sich dort nicht umfassend über das Weltgeschehen und ein breites Spektrum an Themen informieren. Kernthemen sind die Gegnerschaft zum „Establishment“, Opposition zu linken Parteien, insbesondere den Grünen, Ablehnung der Einwanderung, insbesondere Ablehnung von Flüchtlingen und Kritik am Islam.

Fokus der Berichterstattung ist deshalb klar die Innenpolitik. In den wenigen Fällen, in denen es überhaupt eine Rubrik „Ausland“ gibt, werden hier sehr diverse Themen gesammelt. In der Auslands-Rubrik der Jungen Freiheit finden sich beispielsweise Berichte über Fanartikel von Real Madrid, über Abschiebungen aus Deutschland oder über die Anweisungen von US-Präsident Donald Trump.

Auch von Berichterstattung im eigentlichen Sinne kann nur eingeschränkt die Rede sein: Seiten wie „PI-News“ liefern zum größten Teil Analyse und Kommentierung, nicht aber die Beschreibung von Tatsachen und Ereignissen. Einzige Ausnahme ist die regelmäßige Sammlung von Berichten über vermeintliche Krimininalität durch vermeintliche Nicht-Weiße – „vermeintlich“, denn oft geht es um angezeigte Taten, die sich im Laufe der Ermittlungen als falsch herausstellen. Zudem basiert der Rückschluss auf das Nicht-Weiß-Sein der Täter oft auf sehr dürftigen Informationen.

Wer rechte Medien als einzige Informationsquelle verwendet, lebt also tatsächlich in einer Filterblase aus sehr wenigen Informationen. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Macher*innen dieser Seiten sie als Ergänzung zu regulären Medien verstanden wissen wollen und Leser*innen sie auch so verstehen.

Köln, Silvester, Nordafrikaner

Die drei Medien hatten eigene Reporter*innen vor Ort in Köln, beziehungsweise informierten sie Leser*innen nicht zeitnah über die Ereignisse der Silvesternacht 2016. Bereits am nächsten Tag begann allerdings die Diskussion über diese Ereignisse. So verlinkte „PI-News“ auf einen Blog, der sich beschwerte, dass Silvester in Köln offenbar nur mit großem Polizeiaufgebot möglich sei und das Racial Profiling der Polizei lobte. Am nächsten Tag verlinkte die Seite auf einen Post der CDU-Politikerin Vera Lengsfeld mit dem Titel „Es ist Wahnsinn und es hat Methode“.

Beide Beiträge krankten an der schlechten Informationspolitik der Polizei. So berichtete der erste Blog, dass „1000 polizeibekannte Intensivtäter“ in Köln ermittelt worden seien, während Lengsfeld behauptete „1.700 Nordafrikaner“ seien in Köln gewesen. Dies waren schon damals nicht die von der Polizei genannten Zahlen. Als zwei Wochen später bekannt wurde, dass tatsächlich nur mehrere Hundert Menschen von der Polizei kontrolliert wurden, wurde dies von den rechten Medien nicht gemeldet. Lediglich die Junge Freiheit kommentierte mit dem Tenor: Dies sei egal, denn unter Einwanderern gebe es zu viele Kriminelle.

Mehr Platz nahm die Diskussion über die Grünen ein, insbesondere über deren Vorsitzende Simone Peter, die schon früh infrage gestellt hatte, ob die massiven Kontrollen in Köln nötig waren. Zudem wurde über Racial Profiling diskutiert. Die Grünen seien die „Avantgarde der Volksvernichtung“ hieß es bei Compact in einem Artikel, der darauf verwies, dass es im grün regierten Freiburg eine Vergewaltigung gegeben habe. Die Junge Freiheit schrieb, dass die Kritik an der Polizei einen „grünen Realitätsverlust“ demonstriere.

NPD, AfD und Höcke

Überraschend wenig Raum nahmen Ereignisse ein, die für ein rechtes Publikum sicher von Interesse gewesen wären. Dass die rechtsextreme NPD nicht verboten wurde, war allen drei Medien jeweils eine Meldung wert – die Bedeutung des Urteils vom Bundesverfassungsgericht wurde nicht weiter diskutiert. Ebenso wurde über die Konferenz der europäischen Rechten in Koblenz kaum berichtet: Während die Junge Freiheit einen Bericht veröffentlichte brachte Compact immerhin drei.

Mehr Platz nahm dagegen die umstrittene Rede von Björn Höcke zur deutschen Gedenkkultur ein. Diese war von Compact live gestreamt worden, anschließend nahm das Magazin Höcke bei der Kritik auch in Schutz. Es beklagte ein „Kesseltreiben“ gegen Höcke und hatte Angst vor einer Spaltung der AfD. Als es bei einer Rüge (statt eines Parteiausschlusses) gegen Höcke blieb, forderte Compact, dass sich die Partei „zusammenraufe“.

Der Fall zeigte aber auch die Sollbruchlinien der rechten Medienlandschaft auf. „PI-News“ nannte Höckes Rede zwar „instinktlos“, kritisierte aber vor allem seine Kritiker innerhalb der Partei, denn die AfD gehöre nicht der AfD allein. Auch die Junge Freiheit kritisierte, dass Höcke der AfD einen „Bärendienst“ erwiesen habe, denn die „[politische] Wende“ könne nicht mit „geschichtspolitischen Parolen“ beginnen. In einem weiteren Bericht demonstrierte die Junge Freiheit erstaunlich viele direkte Kontakte zu Höcke-Kritikern in der AfD.

Trump und das Einreiseverbot für Muslime

Für besondere Aufregung sorgte im Januar auch die Vereidigung von Donald Trump als US-Präsident und seine ersten Amtshandlungen. Sowohl Compact als auch „PI-News“ kommentierten wohlwollend Trumps Antrittsrede, die seine Stärke demonstriert habe und das „Establishment“ zittern lasse. „PI-News“ freute sich zusätzlich, dass dies „traumatische Folgen für die Mächtigen von Politik, Wirtschaft und Medien in Deutschland haben“ werde und sprach von der AfD als deutschem Pendant zu Trump.

In den rechten Medien wird Trump – im Gegensatz zu deutschen Politikern – als „Handelnder“ dargestellt – und dennoch bleibt die Berichterstattung dürftig. In einzelnen Meldungen berichteten die drei rechten Portale über seine einzelnen Anweisungen als neuer Präsident. In allen drei Medien gibt es kaum analytische Texte.

Dass Trump ein Einreiseverbot für Menschen aus sieben Ländern mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung verhängt habe, sei ein „Kulturschock“ für deutsche Medien, heißt es bei „PI-News“. Die Genugtuung ist in Sätzen wie dem folgenden klar spürbar: „Die Königin des Aussitzens und engagierten Wegduckens, bekannt als Angela Merkel, wird plötzlich hektisch und meint Trump die Genfer Flüchtlingskonvention erläutern zu können.“

Die Junge Freiheit nennt die Präsidentschaft Trumps dagegen ein „Regime Change für das eigene Land“. Ohne die USA und Großbritannien schrumpfe der Westen nun, schreibt die Zeitung, weshalb nun die nationalen Interessen Deutschlands formuliert werden müssten.

Fake News (eine unvollständige Liste)

Folgende Meldungen aus den drei untersuchten Medien stellten sich durch Recherchen im Januar als falsch heraus. Die tatsächliche Zahl an Falschmeldungen dürfte weit höher sein.

„PI-News“ und Compact berichten, Flüchtlinge hätten in Dortmund „Allahu Akbar“ gerufen und mit Raketen auf eine Kirche geschossen. Die tatsächliche Faktenlage stellt sich aber als viel weniger brisant heraus.

„PI-News“ berichtet, im Zug zwischen Dessau und Leipzig habe ein dunkelhäutiger Mann vier Frauen mit einem Messer bedroht. Bereits eine Woche vor dem Text von „PI-News“ hatte die Polizei den Täter gefasst, der sich als Weißer herausstellte. (via Hoaxmap)

„PI-News“ berichtet ein „Ausländischer Messer-Räuber“ habe in Lauf 54-jährigen Passanten verletzt. Laut Polizei war der Angriff aber vorgetäuscht. (via Hoaxmap)

Update 02.02.: Dieser Text wurde an zwei Stellen verändert um Missverständnisse zu vermeiden. Außerdem wurden Verweise auf die Faktencheck-Sammlung von Hoaxmap eingefügt.

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10 Kommentare

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  • Glückwunsch, Herr Sander, Sie haben es in die JF geschafft und werden dort mit einem "Direktlink" geehrt. Allerdings: Man unterstellt Ihnen dort erhebliche Mängel in der Recherche, so z.B.,daß Sie wohl weder die Suchfunktion auf dem Onlineportal benutzen können, noch einen Blick in die Printausgaben geworfen hätten. Wer hat recht? https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/auf-einen-bubble-tea-mit-der-taz/

  • Wen es interessiert: in der JF gibt es auf diesen Artikel eine durchaus witzig zu lesende Replik. Erinnert mich irgendwie an meine Jugend mit Don Camillo und Peppone.

  • "Folgende Meldungen aus den drei untersuchten Medien stellten sich durch Recherchen im Januar als falsch heraus."

     

    In dem Einleitungssatz zu Fake-News ist von den DREI Medien die Rede, Beispiele kommen aber nur von PI und Compact. Daher die Frage: Wurden auch bei der JF Fake-News gefunden?

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Die Geschichte zu den angeblichen Sylvestervorkommnissen in Dortmund las sich bei "Breitbart News" - Flagschiff der Neurechten in den USA um den bekennenden Faschisten Bannon so: "1000-Mann-Mob setzt Deutschlands älteste Kirche in Brand". Es wurde der Eindruck erzeugt, dass Ausländer mit Feuerwerkskörpern gegen andere Besucher und Polizisten vorgegangen seien und das Dach der Reinoldikirche in Brand gesetzt hätten.

    So gehen Fake-News !

    Breitbart plant ja, nach Deutschland zu kommen. Compact, PI, oder die Junge Freiheit können sich warm anziehen.

  • Besten Dank für diese sehr gute Idee, insbesondere auch für den Absatz mit den Fake News!

  • Eine sehr schöne Idee. Ich bin gespannt, wie sich das entwickelt. Und plädiere für eine Betreuung durch den sozialpsychiatrischen Dienst für alle Journalisten, die sich das antun.

     

    Zum Höcketeil: PI und compact liegen meiner Wahrnehmung da schon fast gleichauf. Beide sagen, dass muss schon, aber bitte nicht jetzt. (compact: " Aber zuerst einmal muss doch die Wahl gewonnen werden"; pi:"dass es nicht immer und schon gar nicht zum falschen Zeitpunkt richtig ist"). Beide fordern Einigkeit; die Unterschiede sehe ich da nur im Ton.

     

    Was die JF betrifft, da fühle ich mich vom Artikel hier in die Irre geführt. "damit muß die Wende beginnen und nicht mit geschichtspolitischen Parolen" sehe ich in keinem Kontext zur Höckeforderung, der 180-Wende. Abgesehen vom Wort Wende, natürlich. Aber die JF münzt diese um, weg vom NS-Kram hin zu aktueller Politik. Und im Gegensatz zu ihren dunkelbraunen Schwestern macht die JF - für mich jedenfalls - recht deutlich, dass sie von Höckes Geschichts"verständnis" wenig bis nichts hält. Der einleitende entschuldigende Teil, "alles nicht so gemeint gewesen", sieht mir dagegen künstlich aus.

     

    Nicht falsch verstehen, die JF gehört definitiv in die geplante Reihe. Ihre Hauptkritik an Höcke ist ja auch, dass er es sagte, nicht so sehr, was er sagte. Aber musste die entstellende Verkürzung "denn die „Wende“ könne nicht mit „geschichtspolitischen Parolen“ beginnen." wirklich sein?

    • Lalon Sander , Autor*in des Artikels, Datenjournalist
      @Unerträgliche Seinsleichtigkeit:

      Tatsächlich geht es an der Stelle nicht um Höckes "geschichtspolitische Wende" sondern um eine angestrebte "politische Wende". Ich habe den Text ergänzt, um das Missverständnis auszuschließen.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Unerträgliche Seinsleichtigkeit:

      Marine Le Pen machte es vor: Strikte Abkehr vom (plumpen) Antisemitismus und einer Fixierung auf die Nazigreuel, die es zu relativieren gilt, hin zu einer modernen Diskriminierung aller Muslime und Andersdenkender. Le Pen nahm sogar den öffentlich vollzogenen Bruch (?) mit ihrem Vater hin, der Auschwitz ja eine Fußnote der Geschichte nannte. Hier folgt der Frontfrau der französischen Faschisten eben auch Frauke Petry und ihr Ehemann Marcus Pretzell, der Höcke öffentlich rügte, man könne keine gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland erreichen, solange dieser "ständig mit diesen 12 Jahren Walzer tanze(n)." Die JF folgt darin Petry, Pretzell und Le Pen. Das ist selbstredend nur Taktik, denn auch die JF beklagt den "Schuldkomplex", die "Aufarbeitungsindustrie" etc. etc.

      • @60440 (Profil gelöscht):

        Kann sein, dass die JF nur die Krümel der gefressenen Kreide druckt. Da ich solche Postillen nicht lesen kann, ohne schwere Krätze zu bekommen, kenn ich auch nicht deren sonstige Haltung zu dem Thema.

         

        Wenn das der Hintergrund der Einsortierung war, würde ich begrüßen, wenn das künftig mit erwähnt würde. Ohne solchen Hintergrund wirkt die Darstellung hier halt irreführend.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Danke dass ihr mir das alles zu lesen erspart habt. Gibt es dafür extra Schmerzensgeld?