Jahresbericht des Verfassungsschutzes: Weiter in Alarmbereitschaft
Der Verfassungsschutz präsentiert seinen neuen Jahresbericht. Sorgen bereiten dem Amt der islamistische Terror, Reichsbürger und G20.
De Maizière stellte in Berlin mit Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen den neuen Jahresbericht des Geheimdienstes vor. Die Terrorgefahr sei weiter sehr hoch, betonte auch Maaßen. „Auch zukünftig kann es jederzeit zu einem terroristischen Ereignis in Deutschland kommen“, heißt es in seinem Bericht. Solche Anschläge zu verhindern, sei derzeit „oberstes Ziel“ seiner Behörde.
Der Jahresbericht verweist dafür auf Festnahmen von Terrorverdächtigen in Schleswig-Holstein, Niedersachen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Berlin. Aber: Die Zahl der Salafisten, aus denen sich viele Anschlagswillige rekrutierten, sei auch 2016 erneut gestiegen, von 8.350 auf 9.700 Personen. Auch finde in dem Spektrum insgesamt eine „Kräfteverschiebung in den gewaltorientierten beziehungsweise jihadistischen Bereich“ statt. Der Verfassungsschutz spricht von einer „neuen Qualität“ und „verschärften Gefährdungslage“.
Und der Islamismus ist nicht die einzige Baustelle. Auch im rechtsextremen Bereich notiert der Verfassungsschutz einen Anstieg gewaltbereiter Neonazis: von 11.800 auf 12.100. Auch die Zahl rechter Gewalttaten kletterte von 1.408 auf 1.600. Vor allem in der Flüchtlingsdebatte finde eine „deutliche Radikalisierung in Inhalt und Diktion“ statt, heißt es im Bericht. Die Hemmschwelle zur Gewalt gegen Asylbewerber sinke weiter, Politiker würden verächtlich gemacht. Von einer „zunehmenden Brutalität und Gewaltintensität“ spricht der Verfassungsschutz. Und auch: von einer „virulenten Gefahr rechtsterroristischer Potentiale“.
Reichsbürger sind waffenaffin
In den Fokus nahm der Geheimdienst erstmals auch die Reichsbürger – seit ein Mitglied im Oktober 2016 im bayrischen Georgensgmünd einen Polizisten erschoss. Rund 10.000 Personen rechnet der Verfassungsschutz nun der Szene zu, die aus unterschiedlichsten Gründen die Existenz der Bundesrepublik anzweifelt. Etwa 600 seien klar rechtsextrem. Ihr „Gefährdungspotential“ sei „sichtlich gestiegen“.
Der Verfassungsschutz nennt dafür deren „verschärfte politik- und staatsfeindliche Agitation“. In sozialen Netzwerken häuften sich Widerstandsaufrufe, viele Reichsbürger sähen sich einer „Notwehrlage“. Gewalttaten von ihnen hätten 2016 „deutlich zugenommen“. Dazu komme eine hohe Waffenaffinität der Szene: Rund 700 Reichsbürger hielten derzeit Waffenerlaubnisse. Erst kürzlich bekräftigten die Innenminister der Länder, die Szene entwaffnen zu wollen. In der Praxis geschieht dies allerdings bisher kaum.
Auch Zahl gewaltbereiter Linksextremer gestiegen
Neu unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen auch die Identitären. Einige der zumeist jungen völkischen Aktivisten pflegten Kontakte zu offen rechtsextremistischen Szene, andere kämen von dort, heißt es im Bericht. Die Gruppe selbst lege eine „zunehmende islamfeindliche Agitation“ an den Tag, einige Mitglieder hätten sich zuletzt radikalisiert. Deshalb sei die Beobachtung – gegen die sich die Identitären verwehren – gerechtfertigt.
Drei Tage vor dem G 20-Gipfel blickt Verfassungsschutzchef Maaßen auch besorgt auf die linksradikale Szene. In Hamburg steuere diese auf einen „Höhepunkt“ ihrer Mobilisierungsfähigkeit zu, mit militanten Aktionen sei zu rechnen. Die Stadt biete „ein günstiges Terrain für Besetzungsaktionen, Blockaden und Straßenkrawalle“. Auch habe die Akzeptanz von Gewalt vor allem gegen Polizisten oder Neonazis „spürbar zugenommen“. Und die Zahl gewaltbereiter Linksextremer sei zuletzt deutlich gestiegen: von 7.700 auf 8.500 Personen.
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