Italiens Letta gewinnt Vertrauensvotum: Schwere Schlappe für Berlusconi
Vertrauen gewonnen: Regierungschef Letta heimst die Stimmen von 235 der 321 Senatoren ein. Damit bleibt das Kabinett auch weiterhin im Amt.
ROM taz | Mit einem klaren Sieg für Ministerpräsident Enrico Letta und einer deutlichen Niederlage für seinen Herausforderer Silvio Berlusconi endete am Mittwoch die Vertrauensabstimmung im italienischen Senat. 235 der 321 Senatoren votierten für ihn.
Eine definitive Klärung der politischen Situation in Rom ist damit dennoch nicht erfolgt, denn das einhellige Votum der bisherigen Koalitionspartner inklusive der Berlusconi-Rechten verdankt sich schlicht der Pattsituation, in der sich Berlusconis Truppen wiederfanden.
Als am frühen Nachmittag die Abstimmung erfolgte, hatte Italien ein 24-stündiges Wechselbad hinter sich. Im Zentrum des Interesses stand vor allem eine Frage: Würde es Berlusconi gelingen, noch einmal seine Senatoren halbwegs komplett hinter sich zu versammeln - oder würde es zur offenen Spaltung der Fraktion kommen?
Schon am Dienstag hatten vier der fünf Berlusconi-Minister offen ihren Dissens zur Parteilinie erklärt. Mit einem Ukas hatte Berlusconi sie am letzten Samstag zum Rücktritt genötigt, um so Neuwahlen zu erzwingen - und seinen drohenden Mandatsverlust auf diese Weise zu rächen.
Doch die Ministerriege erklärte nach ihrem Rücktritt, sie wolle Letta weiter das Vertrauen aussprechen - und wolle ihre Getreuen in der Senatsfraktion zur Not auch gegen Berlusconi um sich scharen. Bis in die Nacht versuchte der bisherige Frontmann der Rechten daraufhin, in zahlreichen Krisensitzungen vor allem den Innenminister Angelino Alfano - der zugleich als Sekretär die Berlusconi-Partei Popolo della Libertà (PdL) leitet - in letzter Minute umzustimmen.
Doch Alfano knickte nicht ein. Am Mittwochmorgen war zunächst von 10-15 Senatoren der Rechten die Rede, die als Abweichler für Letta stimmen und damit die Regierung retten würden. Berlusconi konterte zunächst mit der Ansage, er werde beim Nein bleiben. Er hatte gute Gründe dafür: In seiner Rede vor dem Senat ging Letta Berlusconi hart an, warf ihm vor, das Land an den Rand des Abgrunds zu bringen und seine höchstpersönlichen Justizprobleme mit dem Schicksal Italiens zu verquicken.
Zickzack-Kurs des Herausforderers
Doch je näher die Abstimmung rückte, desto deutlicher wurde, dass die Zahl der potentiellen Abweichler stieg: Nunmehr war von etwa 25 der 91 Senatoren die Rede, die bereit seien, die Fronten zu wechseln und im zweiten Schritt auch eine eigene Fraktion zu bilden. Damit nahm die Drohung einer offenen Spaltung des PdL klare Konturen an.
Berlusconi reagierte daraufhin mit einer Rochade, die als purer Verzweiflungsakt erscheint, ruderte in für ihn geradezu demütigender Weise zurück - und empfahl seinerseits ein Ja in der Vertrauensabstimmung. Statt schnellen Neuwahlen wird Letta nun weitermachen; Berlusconi ist der große Verlierer, der sich der gemäßigten Minderheit in seiner Partei beugen musste, um nicht völlig die Kontrolle über die Situation zu verlieren.
Letta hat jetzt verschiedene Optionen
Damit stellt sich jedoch die Frage, ob Letta seinerseits überhaupt noch bereit ist, auf dieser Geschäftsgrundlage weiter zu regieren - und ob die Partei-internen Dissidenten nicht dennoch zur Spaltung schreiten werden. Schon gibt es diverse Stimmen aus ihren Reihen, die die Konstituierung einer neuen Fraktion, unabhängig von der Berlusconi-Hardlinern, auch weiterhin fordern.
Dies würde Letta das Geschäft entschieden erleichtern: Er könnte dann auf einen potentiellen Koalitionspartner hoffen, der die Stützung durch Berlusconi definitiv überflüssig machen würde. Welche Wendung die Krise der Koalition nimmt, wird sich schon in den nächsten Tagen zeigen. Am Freitag tritt der Immunitätsausschuss des Senats zusammen, um über den Mandatsverlust Berlusconis abzustimmen.
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