Islamismus an Hamburger Schulen: Muslime machen Druck an Schulen
Ein interner Bericht der Schulbehörde belegt: An einigen Hamburger Schulen gibt es ein Problem mit muslimischen Fundamentalisten.
HAMBURG taz | Ties Rabe bemühte sich um Sachlichkeit. Der Schulsenator hatte am vergangenen Freitag zu einem Pressegespräch geladen, um über ein Thema aufzuklären, das seit Tagen in der Lokalpresse kursiert: Hamburger Schulen haben ein Problem mit muslimischen Fundamentalisten.
Auslöser war ein interner Bericht der Schulbehörde, den die Hamburger Morgenpost am Dienstag publik gemacht hatte. Wie ernst die Situation tatsächlich ist, wollte Rabe nun am Freitag erklären. Eine ausgearbeitete Strategie allerdings, das wurde schnell deutlich, gibt es bisher nicht. Rabe gestand: „Ich kenne auch nicht alle Begriffe.“
„Religiös gefärbte Konfliktlagen an Hamburger Schulen“, heißt das Papier, das Rabe verteilt und in dem von „organisierten islamistischen Aktivitäten“ die Rede ist. Es geht um „aggressive verbale Konfrontationen“ gegenüber Lehrern und Mitschülern, um Eltern, die andere dazu auffordern, auf den Kleidungsstil der Töchter zu achten. Auf knapp fünf Seiten offenbart das Dokument, wie heikel die Situation auf Pausenhöfen und in Klassenzimmern ist.
Oft wüssten die Pädagogen nicht, wie sie mit dem „täglichen Kleinkrieg“ umgehen sollen, ohne dabei die Grenze der Religionsfreiheit zu überschreiten. Es sei einfach „unglaublich anstrengend“, wird eine Lehrerin zitiert. Fünf bis zehn Schulen sollen betroffen sein, am stärksten eine Stadtteilschule im Ortsteil Mümmelmannsberg.
Häufig heißt es, bei den Provokationen durch Schüler zögen Salafisten die Fäden. Belegt ist das nicht.
Rebellion: Experten vermuten, dass eine Mischung aus einer Protesthaltung und Desorientierung Auslöser für die Radikalisierung sein könnte, ähnlich wie beim Rechtsextremismus. Gruppenzugehörigkeit und der Eindruck, Macht zu haben, seien oft wichtiger als das eigentliche Weltbild.
Ideologie: Deutschlands bekanntester salafistischer Ideologe ist der Konvertit Pierre Vogel, der im Internet gegen den westlichen Lebensstil hetzt.
Die Hochhaussiedlung aus den 1960er Jahren liegt im Osten der Stadt zwischen Bahntrassen und Schnellstraßen. Sie bietet zwar Platz für rund 18.000 Menschen – führt aber auch zu einer weitgehenden Abkopplung vom Rest der Stadt. Das Herz des Viertels ist die Ganztags-Stadtteilschule, ein riesiger orangefarbener Klotz, in dem 1.300 Schüler aus unterschiedlichsten Kulturen miteinander klarkommen müssen. Eine Herausforderung für die Lehrer. Der Schulleiter will sich zum Thema Islamisten nicht äußern.
Betroffene halten sich zurück
Die Betroffenen halten sich allgemein zurück. Auch die Leiterin eines Jugendzentrums im Viertel möchte lieber nichts sagen. Zu groß ist ihre Sorge, dass die Stimmung weiter angeheizt wird und Jugendliche sich provoziert fühlen.
Dass es viel Unsicherheit bei Lehrern und Sozialarbeitern gibt, ist auch Bernd Schmidt bewusst. Schmidt ist im Bezirksamt Hamburg-Mitte für die Jugendhilfe zuständig. Er hat einen engen Draht zu den Menschen vor Ort, auch zu denen in Mümmelmannsberg. Bereits seit einem Jahr gebe es entsprechende Rückmeldungen, sagt Schmidt. Eine Arbeitsgruppe versuche derzeit, Maßnahmen zu entwickeln. Wie soll etwa mit dem Wunsch nach einem Gebetsraum umgegangen werden? Wie mit einer Schülerin, die partout nicht ihren Gesichtsschleier abnehmen will? Diese Fragen gelte es zu klären. „Wir haben bisher noch keine kluge Antwort, wollen aber auch nicht vorschnell eine falsche liefern.“
Tatsächlich ist bislang nicht einmal klar, welche Gruppen hinter den Aktionen stecken. In der Pressekonferenz am Freitag heißt es, dass es – anders als in dem internen Bericht der Behörde geschildert – nicht zwingend Salafisten sein müssten. Diese interpretieren die Regeln des Islam besonders streng, mit weitreichenden Bekleidungsregeln und strikter Geschlechtertrennung. Sie sind der Überzeugung, die „Ungläubigen“ missionieren zu müssen. Der Verfassungsschutz schätzt, dass es allein in Hamburg rund 200 Salafisten gibt.
Die Entwicklung ist nicht auf Hamburg beschränkt. Deshalb stehen Politik und Experten im Austausch mit anderen Bundesländern und suchen nach einer differenzierten Bewertung. Denn so ernst die Lage ist, ein pauschaler Verdacht gegen die Muslime in der Stadt soll vermieden werden. Das macht auch Schulsenator Rabe deutlich. Er sei stolz darauf, dass Schüler unterschiedlicher Kulturkreise zusammen lernen. „Das wird auch so bleiben.“
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