Islamfeindlichkeit: Angriffe auf Moscheen
Anlässlich des „Tages der offenen Moscheen“ brüskieren Unbekannte zwei niedersächsische islamische Gemeinden. In beiden Fällen ermittelt der Staatsschutz.
DELMENHORST/HAMBURG taz | Vergangenes Wochenende fand bundesweit in rund 1.000 islamischen Gotteshäusern der „Tag der offenen Moschee“ statt. Dabei sollte nicht-muslimischen Besuchern die Religion näher gebracht werden.
Schon im Vorfeld kam es in Niedersachsen zu Straftaten gegen zwei islamische Gemeinden: In Stadthagen wurde auf dem Gelände der Türkisch Islamischen Gemeinde, auf dem sich die Aksa-Camii-Moschee befindet, in der Nacht auf Freitag der Kopf einer Schaufensterpuppe abgestellt. Sie trug laut Angaben der Polizei ein schwarzes Kopftuch und war mit roter Farbe beschmiert. Die Täter drapierten rot beschmierte Steine davor, die offenbar eine Steinwurf-Attacke symbolisieren sollten. Unter der Puppe stand „Das ist der Islam“.
In Delmenhorst wurde in der Nacht auf von Freitag auf Samstag ein Wildschweinkopf vor einen Gebäudekomplex gelegt, in dem sich unter anderem Räume der Mevlana Moschee befinden. Schweine gelten im muslimischen Glauben als unrein. Die oldenburgische Kirche verurteilte diesen Anschlag als „nicht hinnehmbare, verabscheuungswürdige Provokation“.
In beiden Fällen ermittelt der Staatsschutz, der für politisch motivierte Taten zuständig ist gegen unbekannte Täter.
Seit 2001 wird politisch motivierte Kriminalität (PMK) einheitlich definiert, um sie gesondert bundeseinheitlich zu betrachten.
Dazu gehören Staatsschutzdelikte und andere Straftaten, die sich gegen die demokratische Grundordnung, Personen aufgrund deren Nationalität etc. oder politische Entscheidungen richten.
Vier Phänomenbereiche werden unterschieden: PMK rechts, PMK links, politisch motivierte Ausländerkriminalität, sonstige.
Nicht gesondert erfasst werden antimuslimische beziehungsweise islamfeindliche Straftaten.
Bereits im September gab das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport auf Anfrage von Abgeordneten der Grünen Zahlen über Angriffe auf Moscheen in Niedersachsen bekannt. Seit 2001 gab es 141 Straftaten gegen Moscheen, dabei nimmt die Zahl der Angriffe eher zu: Während es im Jahr 2001 noch sieben Straftaten waren, wurden bereits in der ersten Hälfte dieses Jahres sieben Straftaten verzeichnet – die oben genannten Fälle noch nicht einbezogen.
Mit „Straftaten“ gemeint waren unter anderem Diebstahl, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Bedrohung, Brandstiftung, Volksverhetzung, Beleidigung, und Körperverletzung. 65 der Angriffe werden als politisch motiviert bewertet, 49 davon hatten einen rechtsextremen Hintergrund. Bei 95 Straftaten sind die Täter unbekannt. Dadurch kann die politische Motivation schlecht bewertet werden.
Belit Onay, der unter anderem die Zahlen anforderte, sieht die Kategorisierung der aufgelisteten Straftaten problematisch: Dem NDR sagte er, dass die polizeilichen Erfassungsinstrumente die Wirklichkeit nur unzureichend abbilden würden. Durch die Zahlen des Innenministeriums zeige sich, dass auch Fälle von schwerer Brandstiftung nicht als politisch motiviert gewertet werden. „Wenn jemand einen Stein auf eine Moschee wirft, dann tut er das doch, weil er weiß, was hinter den Mauern geschieht und nicht, weil er lediglich mit Steinen werfen will“, sagt Onay weiter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich