Isländische Action-Komödie: Im Pontiac auf die Tube drücken
„Cop Secret“ ist die Parodie einer Parodie. Regisseur Hannes Þór Halldórsson macht darin das beschauliche Reykjavík zum urbanen Moloch.
Eigentlich ist Vorsicht geboten, wenn ein Filmtitel so deutlich parodistische Absichten signalisiert. Gibt es ein ausgelutschteres Genre als die Genreparodie? „Cop Secret“ jedoch spielt so eindeutig auf die Zucker-Abrahams-Zucker-Produktion „Top Secret!“ von 1984 an, dass man wieder Lust bekommt. Damals war es den „ZAZ“-Leuten schließlich gelungen, den hohlen Ernst der Kalter-Krieg-Spionage-Filme gemeinsam mit dem hohlen Spaß von Elvis-Musicals hochzunehmen, mit Val Kilmer in der Haupt- und Omar Sharif in einer Nebenrolle.
Einer der besten Witze von „Top Secret!“ lag in der Prämisse, ausgerechnet „East Germany“, das vielleicht bravste aller Ostblock-Länder, als Hort des mächtigen Bösen zu darzustellen.
Der beste Cop der Stadt
Der Isländer Hannes Þór Halldórsson versucht in „Cop Secret“ etwas Ähnliches: Hier beginnt der Witz mit einer rasanten Kamerafahrt über Reykjavík, die aus dem Off begleitet von den Meldungen eines Polizeifunks das beschauliche 130.000-Einwohner-Städtchen zum urbanen Moloch des Verbrechens stilisiert. Dementsprechend abgebrüht kommt der „beste Cop der Stadt“ Bussi (Auðunn Blöndal) daher, der zur Verfolgung einer motorradfahrenden Bankräuberin in seinem Pontiac schwer auf die Tube drückt. Sein Partner Klemenz (Sverrir Þór Sverrisson) möchte am liebsten aussteigen, nicht zuletzt, weil sein kleiner Sohn auf der Rückbank sitzt.
„Cop Secret“. Regie: Hannes Þór Halldórsson. Mit Auðunn Blöndal u. a. Island 2021, 100 Min.
Bussi, offenbar der „Dirty Harry“ in diesem Paralleluniversums-Reykjavík, ist auch an der Stadtgrenze nicht zu stoppen, obwohl da das Revier seines schärfsten Konkurrenten Hörđur (Egill Einarsson) beginnt. Die Verfolgungsjagd endet, wie im Genre üblich, im Zimmer von Bussis Vorgesetzter, die schlecht gelaunt seine Einsatzmethoden kritisiert und ihm vorrechnet, wie viel Schaden er schon wieder angerichtet hat: ganze 900 Dollar!
Eine Häufung von Klischees
Das originellste Moment von „Cop Secret“, der Schauplatz Island, könnte sich fürs deutsche Kinopublikum auch als Schwäche erweisen. Man muss nämlich schon eine ungefähre Vorstellung von der Aufgeräumtheit und Friedfertigkeit der Insel im Nordatlantik haben, um über die karikaturhafte Übertreibung der hier angeblich begangenen Verbrechen und der Aufgeblasenheit der vermeintlichen „Super-Cops“ Bussi und Hörđur lachen zu können. Wer ortsunkundig ist, kann wenig mehr als eine Häufung von Klischees erkennen: Hinter der Welle an Bankeinbrüchen steckt ein manischer Bösewicht mit Weltherrschaftsplänen.
Um ihm auf die Schliche zu kommen, müssen der Prolo-Macho Bussi und der ihm charakterlich entgegengesetzte Hörđur – weltoffen und metrosexuell – ihre Konkurrenz überwinden und zusammenarbeiten. Das Finale spielt sich schließlich rund um ein Stadion während eines wichtigen Spiels ab. Immerhin erahnt man, welchen Spaß die Schauspieler – ganz offenbar alle „big in Island“ – dabei haben, hemmungslos drauflos zu chargieren.
Die Hackerin ist ein Nerd
Fast zu deutlich jedoch erkennt man die Stellen, an denen das Lachen vorgesehen ist: Der Bösewicht will nur Englisch sprechen; die Hackerin ist ein Nerd, die Vorgesetzte findet Bussi heimlich gut. Statt der üblichen Buddy-Verbrüderung aus Bussis und Hörđurs Zusammenarbeit eine Coming-out-Romanze zu machen, ist zwar keine schlechte Idee, nimmt aber in der Präsentation als „Höhö“-Gag fast wieder homophobe Züge an.
Der beste Witz des Films enthüllt sich sogar erst bei der Wikipedia-Recherche: Regisseur Hannes Þór Halldórsson war bis vor Kurzem noch Torwart jener legendären isländischen Fußballnationalmannschaft, die es 2016 immerhin bis ins Viertelfinale der Europameisterschaft schaffte. Beim Stadionspiel, um das herum sich der finale Showdown ereignet, aber handelt es sich um ein Nationalspiel der isländischen Frauenfußballmannschaft.
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