Iranische Sittenpolizei gegen Frauen: Eine Kugel in der Lunge

In Iran wird eine zweifache Mutter angeschossen, weil sie beim Autofahren kein Kopftuch trug. Das Regime erhöht den Druck auf Frauen.

Ohne Kopftuch: Eine Frau auf den Straßen Teherans Foto: Vahid Salemi/ap

BERLIN taz | In Iran wurde erneut eine Frau angegriffen, weil sie ohne den obligatorischen Hijab unterwegs gewesen sein soll. Die 31-jährige Arezoo Badri wurde von der iranischen Polizei in ihrem Auto angeschossen und liegt seitdem gelähmt im Krankenhaus. Nun soll sie von den Behörden zu einem Geständnis gegen sich selbst gezwungen worden sein, berichten Menschenrechtsaktivist*innen.

Nach der Ankündigung der Islamischen Republik, strenger gegen Frauen vorzugehen, die am Steuer kein Kopftuch tragen, werden verstärkt Autofahrerinnen ohne Hijab per Videoüberwachung identifiziert. Den Betroffenen drohen unter anderem hohe Geldstrafen und die Beschlagnahmung des Fahrzeugs.

Ein solcher Beschlagnahmungsbefehl soll auch an Badris Auto gehangen haben, als die zweifache Mutter am 22. Juli mit ihrer Schwester in der iranischen Provinz Mazandaran unterwegs war. Als die Polizei daraufhin ihr Auto anhalten und beschlagnahmen wollte, soll sie sich geweigert haben. Einer Quelle der britischen BBC zufolge schoss ein Polizist daraufhin von der Fahrerseite aus direkt auf die 31-Jährige. Die Kugel drang in Badris Lunge ein und beschädigte ihr Rückenmark schwer.

Sie wurde zunächst in einem Krankenhaus in der Stadt Noor versorgt und anschließend zur Lungenoperation in einen anderen Ort verlegt. Nach einer Woche wurde sie in ein Krankenhaus in der Hauptstadt Teheran gebracht. Die Kugel konnte erst zehn Tage nach dem Angriff aus ihrem Körper entfernt werden. Vergangene Woche musste sie aufgrund eines Lungenödems erneut operiert werden. Berichten zufolge ist Arezoo Badri von der Hüfte abwärts gelähmt. Laut den Ärzten könnte es Monate dauern, bis festgestellt werden kann, ob sie dauerhaft querschnittsgelähmt sein wird.

Badris Angehörige werden vom Regime unter Druck gesetzt

Im Krankenhaus herrschen höchste Sicherheitsvorkehrungen. Laut der Menschenrechtsorganisation Hengaw werden Badris Angehörige vom Regime stark unter Druck gesetzt. Ihnen seien nur kurze Besuche ohne Mobiltelefone gestattet. Es soll vermieden werden, dass Fotos und Videos der Patientin verbreitet werden. Dennoch kursieren einige Bilder in den sozialen Medien, die Badri im Krankenhaus zeigen. Sie selbst wurde Medienberichten zufolge unter Druck gesetzt, noch im Krankenbett ein „Geständnis“ gegen sich selbst abzulegen.

Einer Quelle der britischen BBC zufolge schoss ein Polizist von der Fahrerseite aus direkt auf die 31-Jährige. Die Kugel drang in Badris Lunge ein und beschädigte ihr Rückenmark schwer

Im September 2022 wurde die Kurdin Jina Mahsa Amini von der Sittenpolizei festgenommen, ebenfalls aufgrund eines der Islamischen Republik nicht streng genug sitzenden Kopftuchs. Sie wurde schwer misshandelt, ihr Tod löste schließlich landesweite Proteste unter der Parole „Frau Leben Freiheit“ aus. Etwa ein Jahr später wurde die 17-jährige Armita Garavand von einer Sittenwächterin in der Teheraner Metro angegriffen, weil sie kein Kopftuch trug. Nach 28 Tagen im Koma erlag sie ihren Verletzungen.

Seit dem direkten Angriff der Islamischen Republik auf Israel im April 2024 ist die berüchtigte Sittenpolizei verstärkt auf den Straßen Irans präsent und verfolgt Frauen, die gegen die Kleiderordnungen verstoßen, berichten Frau­en­rechts­ak­ti­vis­t*in­nen und Menschenrechtsorganisationen. Das Tragen eines Kopftuchs ist in Iran für Frauen verpflichtend. In den sozialen Medien werden unter dem Hashtag „Krieg gegen Frauen“ Videos geteilt, die solche Angriffe sichtbar machen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben