Irakflüchtlinge: Flüchtlinge sollen hier bleiben
Für 125 irakische Kontingentflüchtlinge plant der Senat ein Aufnahmeverfahren de luxe. Über die schon ansässigen nur geduldeten Irakflüchtlinge wird noch verhandelt.
Worauf andere Flüchtlinge jahrelang vergeblich warten, die 125 irakischen Kontingentflüchtlinge, die Berlin aufnimmt, bekommen sie sofort: eine Aufenthaltserlaubnis. Damit stehen ihnen der Umzug in eine eigene Wohnung, die Arbeitsaufnahme, der Schulbesuch und die Teilnahme an Integrationsangeboten wie Sprachkursen offen. Doch zunächst, sagt Integrationssenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei), sollen die 125 IrakerInnen in der Aufnahmestation Marienfelde wohnen. Erwartet werden sie Anfang bis Mitte April. Am Donnerstag kamen die ersten von 2.500 Männern, Frauen und Kindern, deren Aufnahme der Bund beschlossen hat, in Hannover an.
Um den Kontingentflüchtlingen, die eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis bekommen, die Integration in ein selbständiges Leben zu erleichtern, plant Knake-Werner Aufnahmebedingungen de luxe: Bereits jetzt bereiten die Behörden Kooperationen etwa mit dem zuständigen Jobcenter oder auch mit Wohnungsbaugesellschaften, die den Flüchtlingen Wohnraum anbieten könnten, vor. In Marienfelde werden Mitarbeiter des Irakischen Kulturvereins die Flüchtlinge beraten und Dolmetscherdienste leisten. Auch mit dem Zentrum für Folteropfer wird zusammengearbeitet.
Noch ist unklar, welche Zusammensetzung die nach Berlin kommende Gruppe haben wird - ob etwa Schwerverletzte oder Therapiebedürftige dazu gehören. Nicht zuletzt um darauf passgenau reagieren zu können, sei die gemeinsame Unterbringung in Marienfelde eine gute Idee, meint der Senatsintegrationsbeauftragte Günter Piening: "Die Leute sind dort anfangs gut aufgehoben." Lange bleiben sollen sie dort aber nicht, so Knake-Werner: An der Schließung von Marienfelde zu Jahresende halte man fest. "Das zeigt, dass wir es ernst meinen mit der Integration", so die Senatorin.
Von so guten Aufnahmebedingungen können andere der über 2.000 bereits in Berlin lebenden IrakerInnen nur träumen. 143 von ihnen haben nur einen Duldungsstatus. Sollte der Abschiebestopp in den Irak aufgehoben werden, müssen sie Berlin verlassen. Anspruch auf Integrationsmaßnahmen wie Sprachkurse oder Erlaubnis zur Arbeitsaufnahme haben sie nicht. Manche lebten seit vielen Jahren mit Duldungen, sagt Walid Chahrour vom Flüchtlingsrat Berlin: "Die Unsicherheit macht die Leute fertig." Auch die Aufnahmebedingungen für die Neuankommenden kritisiert der Flüchtlingsberater: Was nach den ersten drei Jahren aus ihnen werde, stehe nicht fest. "Es fehlt ein langfristiges Integrationskonzept", so Chahrour.
Knake-Werner ist dagegen optimistisch: Über die Situation der bislang nur Geduldeten sei sie mit der Innenverwaltung im Gespräch: "Wir wünschen uns, dass auch die ein Bleiberecht bekommen." Und was die Neuankömmlinge betrifft, sagt sie: "Sie sollen in Berlin ihre neue Heimat finden."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!