Investitionen in Berlins kaputte Schulen: Hoffnung auf weniger Stillstand
Der Schulbau wird mit einer Rekordsumme in der Investitionsplanung bedacht. Aber macht das viele Geld die zähe Schulbauoffensive auch schneller?
E ine Rekordsumme von mehr als eine Milliarde Euro will die rot-grün-rote Landesregierung in den Schulbau investieren – pro Jahr. 2025 sollen es sogar, einschließlich Kreditmittel, rund 1,7 Milliarden Euro sein. Viel Geld, mit dem da hantiert wird? Tja, das ist die Frage, die beim Thema Schulbau gar nicht so leicht zu beantworten ist.
Was jedenfalls ziemlich eindeutig ist: Es ist eine politische Schwerpunktsetzung, die die Koalition da trifft. Die Mittel für Schulsanierung und -neubau machen in 2022/23 etwas weniger als ein Drittel des Gesamtvolumens der Investitionsplanung aus. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sprach am Dienstag denn auch vom „Flaggschiff“ bei den Investitionen.
Doch der Glanz des vielen Geldes sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bezirke – die als Schulträger in der Regel für Sanierungsvorhaben zuständig sind – trotzdem nicht so richtig glücklich sind. Sie vermissen viele Bauvorhaben im Fahrplan des Finanzsenators Daniel Wesener (Grüne). Denn alles, was dort nicht drinsteht, kann nicht weiter „beplant“ werden.
Die Folge: Auf einigen Schulbaustellen werde Stillstand herrschen, warnen Bezirkspolitiker*innen. Eine einigermaßen fortgeschrittene Bauplanung ist aber wiederum Voraussetzung, um es in die Investitionsplanung zu schaffen. Da beißt sich also die Katze in den sprichwörtlichen Schwanz.
Der Finanzsenator sieht das alles anders: Die Baustellen, die die Bezirke jetzt vermissen, seien ohnehin mehr Wunsch als Wirklichkeit gewesen: Platzhalter also für Projekte, die man mal angehen will, aber für die man keine (Personal-)Kapazitäten im Bauamt hat. Wer da nun im Recht ist, ist vermutlich eine Betrachtungsfrage jeder einzelnen Baustelle.
Man macht sich locker
Interessant ist dieses Mal das Kleingedruckte in der Investitionsplanung. Denn es gibt Ausnahmen von den strengen Vorgaben: „Schulbau- und Schulsanierungsmaßnahmen, die in der Investitionsplanung keinen Ansatz haben“, deren Notwendigkeit die Bezirke aber auf Grund von „aktuellen Entwicklungen“ begründen, können vorzeitig durch die Finanzverwaltung grünes Licht bekommen. Kurz gesagt: Man macht sich locker in der Finanzverwaltung. Es vergeht im Zweifel kein Jahr Stillstand mit dem Warten darauf, dass der Senat die nächste Investitionsplanung beschließt und für die Mensaerweiterung von Schule xy endlich Geld da ist.
Die Frage ist natürlich, wie weit die Finanzverwaltung dann die Notwendigkeit von „aktuellen Entwicklungen“ erkennen mag. Und bei krassen Havariefällen wie der Anna-Lindh-Schule im Wedding, die zu Schuljahresbeginn wegen massiven Schimmelbefalls komplett ausgelagert werden musste, gab es schon immer spontan Geld.
Aber die Finanzverwaltung hat den Bezirken eine Tür offen gelassen: Zeigt, dass ihr einen Plan habt, dass die Baustelle nicht nur auf dem Papier existiert, und dann könnt ihr loslegen. Mal sehen, ob das ein bisschen Schwung in die oft immer noch viel zu zähe Schulbauoffensive bringt.
In Pankow zum Beispiel warten Schulamt und Senatsverwaltung beim völlig maroden Gymnasium am Europasportpark schon seit einiger Zeit aufeinander: auf Planungsunterlagen, auf beendete Prüfverfahren. Eine Grundsanierung vor 2026 ist derzeit unwahrscheinlich – obwohl die Schulleitung schon jetzt sagt, dass sie morgens Zweifel hat, ob sie das Gebäude noch ruhigen Gewissens aufschließen kann für den Schulbetrieb. Würden nur die Planungsmittel für ein Ersatzgebäude an der Storkower Straße endlich freigegeben, hatte die Schulstadträtin gesagt, würde man ja gerne anfangen. Na dann: mal los.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!