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Interview: Holger Christier„Nicht leichter mit der GAL“

■ Der SPD-Fraktionschef über Rot-Grün in Hamburg nach der Hessen-Wahl

taz: Herr Christier, welche Auswirkungen wird die Landtagswahl in Hessen auf die Koalition in Hamburg haben?

Holger Christier: Insgesamt glaube ich nicht, daß es unmittelbare Folgen für die rot-grüne Koalition in dieser Stadt geben wird.

Aber die SPD könnte doch zu der Interpretation gelangen, daß mit grünen Themen keine Wahl zu gewinnen ist?

Grundsätzlich ist das richtig. Das Drängen auf einen raschen Atomausstieg und auf die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft hat in der Tat keinen durchschlagenden Erfolg gehabt. Daraus muß man für Hamburg ableiten, daß zum Beispiel beim Atomausstieg ein realistischer Kurs eher zu greifbaren Ergebnissen führt. Da sollte man, aber das haben wir schon immer gesagt, kühlen Kopf bewahren.

Die GAL setzt Ihnen in dieser Frage zu sehr aufs heiße Herz?

Ich denke nur daran, daß der Herr Jobs von der GAL vorige Woche in der Bürgerschaft mit einem Bruch der Koalition gedroht hat, wenn das mit dem Atomausstieg nicht so zügig geht, wie er sich das vorstellt. Es ist nicht meine Aufgabe, den Grünen Ratschläge zu erteilen, aber sie sollten sich darüber im klaren sein, daß lautstarke Sonderwege ins Abseits führen.

Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) konstatierte gestern eine „innere Schwäche“ der Grünen. Was erwarten oder befürchten Sie von einem angeschlagenen Koalitionspartner?

Befürchten gar nichts. Ich erwarte natürlich, daß wir die Koalitionsvereinbarung weiterhin erfolgreich umsetzen. Die Zusammenarbeit wird aber nicht einfacher werden. So ein Wahlergebnis wie das von Hessen kann eine Eigendynamik entwickeln. Wenn der Partner dann noch so erhebliche interne Probleme hat wie die GAL zur Zeit mit ihren Flügelkämpfen, wird es nicht leichter.

Sie befürchten also doch etwas, nämlich eine stärkere Abgrenzung der GAL gegenüber der SPD?

Die Grünen werden sich entscheiden müssen, ob sie weiterhin konstruktiv auf Koalitionskurs bleiben wollen oder einen Rückfall in fundamentalistische Positionen vorziehen. Ein Blockadedenken wie zu Oppositionszeiten wäre sicher nicht hilfreich.

Und wie steht es mit der Versuchung für die SPD, sich auf Kosten der GAL zu profilieren?

Beide Partner werden versuchen, ihr Profil zu stärken. Am Ende aber befinden die Bürger auch über die rot-grüne Gesamtleistung. Das darf man nicht aus den Augen verlieren.

Interview: Sven-Michael Veit

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