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Internist über Impfen mit AstraZeneca„Niemand muss sich impfen lassen“

Soll AstraZeneca als Impfstoff für über 60-Jährige zur Pflicht werden? Nein, sagt der Berliner Hausarzt Bert Sielaff. Impfen bleibe freiwillig.

In einer Hausarztpraxis: Impfen bleibt freiwillig Foto: Jene Kalaene/dpa
Simone Schmollack
Interview von Simone Schmollack

taz: Herr Sielaff, als Hausarzt dürfen Sie seit einer Woche gegen Covid impfen. Wie läuft es?

Bert Sielaff: Sehr gut. Mein Praxisteam und ich haben zwei zusätzliche Impfsprechstunden für unsere Pa­ti­en­t:in­nen eingerichtet, an diesen Tagen bleibt die Praxis für die angemeldeten Impfberechtigten länger geöffnet.

Jetzt hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin gefordert, dass Impfberechtigte über 60 Jahre den Impfstoff nicht frei wählen können, sondern in jedem Fall AstraZeneca bekommen sollen. Was steckt dahinter?

Das läuft der bisherigen Impfstrategie zunächst zuwider. Aber ein Zwang, jetzt AstraZeneca nehmen zu müssen, ist das keineswegs. Denn niemand muss sich mit AstraZeneca impfen lassen, der es nicht möchte. Das ist in den Impfzentren anders.

Dort ist der Impfstoff vorgegeben?

Die Berliner Impfzentren verimpfen immer einen einzigen Impfstoff, entweder Biontech, AstraZeneca oder Moderna. Mit der Anmeldung in einem der Zentren ist der Impfstoff dann vorgegeben.

Bild: privat
Im Interview: Bert Sielaff

50, ist Internist und betreibt eine Hausarztpraxis in Berlin

Ist das nun gut oder schlecht?

Bezogen auf AstraZeneca heißt das: Impfungen mit diesem Vakzin sind trotz aller Bedenken richtig und gut. Der Nutzen überwiegt natürlich eindeutig das Risiko. Und Patient:innen, die den Stoff nicht bekommen sollten, werden ihn von mir auch nicht bekommen. Ich halte mich streng an die Verordnung der Stiko, der Ständigen Impfkommission.

Und wenn jemand partout nicht mit AstraZeneca geimpft werden möchte, der das könnte?

Dann kann er auch mit einem mRNA-Impfstoff geimpft werden. Es könnte aber sein, dass wir den Termin nach hinten verlegen müssen. Eine Impfung – womit und wogegen auch immer – bleibt natürlich immer freiwillig. Der Vorteil des Impfens in einer Hausarztpraxis ist aber, dass Ärz­t:in­nen ihre Pa­ti­en­t:in­nen genau kennen. Ich kann ihnen sehr ausführlich und persönlich alles erklären. Im Impfzentrum kann das kaum jemand leisten.

Wie reagieren Ihre Patient:innen?

Die meisten, mit denen ich ausführlich gesprochen habe und für die AstraZeneca vorgesehen ist, lassen sich damit impfen. Die aktuelle KV-Empfehlung kommt sicher auch aus dem Grund, weil aktuell weniger Impfstoff von Biontech verfügbar ist. Meine Praxis wird in der kommenden Woche mehr AstraZeneca erhalten. Bestellt und zugesagt hatte ich den Pa­ten­t:in­nen jedoch Biontech – so wie das offiziell angekündigt war. Jetzt müssen wir alle Pa­ti­en­t:in­nen anrufen, ihnen den Impfstofftausch erklären und gegebenenfalls neue Termine vereinbaren.

Schürt die KV-Ansage einen Konkurrenzkampf zwischen Impfzentren und Hausarztpraxen?

Der rasche Aufbau der Impfzentren war richtig, um die Älteren rasch zu immunisieren. Aber wenn mehr Impfstoff vorhanden ist, geht das Durchimpfen der Bevölkerung schneller, wenn Haus­ärz­t:in­nen mitmachen. Zu guter Letzt ist es auch eine Kostenfrage: Impfungen in den Praxen sind wesentlich billiger als in den Zentren.

Was kostet das?

Für eine Impfung in der Praxis bekommen Ärz­t:in­nen jeweils 20 Euro. Die Impfung im Impfzentrum ist in etwa zehn Mal so teuer.

Warum hat der Impfstoff AstraZeneca eigentlich einen solch schlechten Ruf?

Die gehäuft auftretenden Sinusvenenthrombosen sind eine potentiell lebensbedrohliche Komplikation, keine Frage. Da dies eher junge Menschen betrifft, empfiehlt die STIKO den Impfstoff neuerdings erst ab dem 60 Lebensjahr. Dieses Risiko ist jetzt bekannt und benannt. Die EMA, die Europäische Arzneimittelagentur, hat den Impfstoff nicht vom Markt genommen, weil er natürlich ein wichtiger Baustein auf dem Weg aus der Pandemie ist. Insofern würde ich Risikowahrnehmungen vieler Menschen als schwierig bezeichnen. Ich selbst würde mich derzeit auch mit AstraZeneca impfen lassen.

Mittlerweile sollen sich vor allem Aka­de­mi­ke­r:in­nen mit AstraZeneca impfen lassen.

Das habe ich auch schon gehört. Ich kann mir vorstellen, dass sie sich intensiver damit beschäftigten, vielleicht Studien lesen und sich nicht so leicht von der allgemeinen Stimmungsmache beeinflussen lassen.

Der CDU-Chef Armin Laschet schlägt jetzt vor, die Impfreihenfolge aufzuheben. Richtig?

Für Berlin wäre das ab Mai sicherlich realistisch, wenn tatsächlich sehr viel Impfstoff von Biontech vorhanden ist. Die Lage in anderen Bundesländern kann ich allerdings nicht einschätzen.

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17 Kommentare

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  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Meine Tochter stillt.



    Sie lässt sich deshalb nicht impfen.

    • @05838 (Profil gelöscht):

      Es gibt keinen Grund sich als stillende Mutter nicht impfen zu lassen. Dem Kind kommt dann durch die Muttermilch ein gewisser Schutz zu



      Gute.



      Selbst die medizinischen Fachgesellschaften raten nicht davon ab.

      • 0G
        05838 (Profil gelöscht)
        @charly_paganini:

        Wird sie trotzdem nicht tun.



        Das erste Kind kam mit anderthalb Jahren fast wegen eines schweren Infekts ums Leben. Ratschläge von sogenannten Fachmännern retten kein Leben.

        • @05838 (Profil gelöscht):

          Und das hat mit Impfen genau was zu tun?

        • @05838 (Profil gelöscht):

          Dann lässt sie sich eben nicht impfen, trägt am besten FFP3-Masken, hält sich und ihr Kind von anderen Menschen fern, Hände regelmäßig desinfizieren ...!

        • @05838 (Profil gelöscht):

          deine tochter ist vernünftig!

  • "Eine Impfung – womit und wogegen auch immer – bleibt natürlich immer freiwillig". Warten wirs ab - wers glaubt...

    • @joaquim:

      Nein, wird keine Impfflicht geben. Geimpfte werden nur gleichgestellt mit Personen, die einen negativen Test vorzeigen können.

      Also, in Zukunft einfach entweder weiterhin testen oder geimpft sein. Wird in Israel übrigens auch so gemacht.

    • @joaquim:

      Ich würde die Kirche mal im Dorf lassen. In den letzten 60 Jahren gab es nur für Pocken eine Impfpflicht.

      Alle anderen Impfungen sind freiwillig. Es kann allerdings sein, dass du ohne Impfung bestimmte Dinge nicht machen darfst ... Aber das ist dann deine Abwägung.

      • @Gesunder Menschenverstand:

        Masern?!

        • @Ber.lin.er:

          Moin,



          ich habe mir das gerade mal angesehen: Da die Masernimpfung auch für den Schulbesuch vorgeschrieben ist und man in den Konflikt mit der Schulpflicht kommt läuft das auf eine Impfpflicht an der Stelle raus.

          Die anderen Regelungen sind aber freiwillig, da kein Mensch gezwungen ist, sein Kind in den Kindergarten zu geben oder gezwungen ist, einen Beruf in der Pflege oder in der Medizin anzutreten.

    • RS
      Ria Sauter
      @joaquim:

      Wir sind auch sehr skeptisch, was die zukünftige "Freiwilligkeit" betrifft.



      Warum wird nicht mit Hochdruck die Produktion von Medikamenten unterstützt.



      Die Forschung dazu gibt es in D mit sehr guten Ergebnissen.



      Stattdessen gibt es Ausgangssperren und enorme Schulden.



      Wer bezahlt diese zurück? Dreimal raten erlaubt.

      • @Ria Sauter:

        Bitte informieren, es gibt kein einziges Medikament gegen Covid19. Lediglich Dexmethason kann in einem schmalen Zeitfenster verabreicht werden um schwere Verläufe zu mildern.

        Die Forschung zu Covid19 Medikamenten ist eher ernüchternd, bisher hat sich kein Wirkstoff den man getestet hat als vielversprechend erwiesen.

      • @Ria Sauter:

        Es wird die ganze Zeit nach Medikamenten geforscht, aber es gibt einfach noch nichts brauchbares, das ausgiebig getestet wurde. Der Impfstoff wirkt, hat kaum Nebenwirkungen und hilft die Pandemie zu beenden.

        Schauen Sie sich Israel an, da ist die Pandemie schon vorbei.

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @Ria Sauter:

        Der die Schulden macht, wir, zahlt.



        Wieso Medikamente nehmen, wenn man die Krankheit nicht bekommen muss?

        Machen sie das bei Krebs später auch? Lieber Chemotherapie als eine vielleicht bald zur Verfügung stehende mRNA Impfung?

  • "Für Berlin wäre das ab Mai sicherlich realistisch"



    Da frage ich mich natürlich, wie er darauf kommt, aber hauptsache, es kommt. Und wenn nicht, es wäre nicht die erste Falschauskunft zum Thema in den letzten 12 Monaten.

  • Ich weiss noch nicht so wirklich was es mit einem "MUSS" bei Impfungen auf sich hat. Das ist mir alles ein wenig zu fordernd, ob das nun Impfstoffvarianten oder die Impfung an sich ist.