Internet-Zensur in Kaschmir: Gericht kritisiert Internetsperre

Seit fünf Monaten ist die indische Region Jammu und Kaschmir offline. Das soll sich nun ändern, hat das Oberste Gericht beschlossen.

Menschen vor Computern in Kaschmir.

Journalisten in einem Medienzentrum der Regierung in Kaschmir Foto: Danish Ismail/reuters

MUMBAI taz | Es ist Freitagnachmittag, als die kaschmirische Journalistin Anuradha Bhasin erfährt, dass ihre Klage vor dem Obersten Gericht erfolgreich war. Die Richter haben befunden: Die Internetsperre im indischen Teil Kaschmirs ist verfassungswidrig und soll binnen sieben Tagen aufgehoben werden. Das ist ein Aufatmen. „Das Recht auf Zugang zum Internet ist ein Grundrecht und unantastbar“, sagt Bhasin am Telefon.

Was beschlossen wurde, sei wichtig und willkommen, auch wenn sie nur teilweise zufrieden ist. „Der entscheidende Teil ist, ob die Regierung die auferlegten Beschränkungen überprüfen wird oder versucht, einen Weg zu finden, um sie zu umgehen.“

„Die Abschaltung des Internets auf unbestimmte Zeit ist ein Verstoß gegen die indische Verfassung“, kommentiert die Rechtsanwältin Vrinda Grover, die die Klage vor Gericht vertrat. Dennoch war es ein langes Warten. Denn dem Entzug des Teilautonomiestatus des nordindischen Bundesstaates Jammu und Kaschmir am 5. August folgte eine totale Kommunikationsblockade.

Bhasin und Grover reichten nur wenige Tage später Klage ein. Doch es vergingen Monate, bis diese gehört wurde. Somit ist bis zum heutigen Tag die Kommunikation in der Bergregion und vor allem die Internetverbindung massiv eingeschränkt.

Alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens betroffen

Damit wollte die Regierung in Delhi erreichen, dass Proteste gegen die Auflösung der Teilautonomie kleingehalten werden. Zugleich verstärkte sie drastisch die Präsenz von Polizei und Militär. Das hüllte das Tal in eine unheimliche Stille mit sieben Millionen Betroffenen.

Die Studentin Sumaiya konnte kaum zur Uni. Sie verbrachte die meiste Zeit zuhause und langweilte sich, während öffentlicher Verkehr und die Gesundheitsversorgung nur eingeschränkt nutzbar waren. Selbst Telefonverbindungen waren anfangs abgeschaltet.

Alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wurden getroffen, besonders Wirtschaft und Tourismus traf es hart. Ebenso die Menschen, die sich wehrten und in Zusammenstöße mit indischen Behörden gerieten.

„Ein paar Zeitungen zirkulieren, aber sie geben kein klares Bild davon, was wirklich passiert“, sagt Sumaiya. Die Lage habe zum Anstieg von Falschnachrichten geführt, da vieles nicht nachprüfbar ist. Genau dagegen richtet sich die Petition von Bhasin, die für die englischsprachige Zeitung Kashmir Times tätigt ist.

Unter diesen Umständen sei es nicht möglich, dass Journalisten ihrer Arbeit nachgehen. Denn seitdem können sie nur in Medienzentren auf Internet zurückgreifen, was auf 20 Minuten am Tag beschränkt ist. Doch nicht nur lokale Medien haben Probleme, die Bevölkerung zu informieren.

Ausländischen Journalisten blieb seither die Einreise nach Kaschmir verwehrt. Bisher war es nur einigen Delegierten wie zwei Gruppen von ausländischen PolitikerInnen erlaubt, den indischen Krisenstaat zu besuchen. Darunter war eine kontroverse Tour mit rechten Abgeordneten des Europaparlaments, die international für Aufsehen und Protest sorgte.

„Ich wünschte, das Internetverbot und andere Einschränkungen wären sofort für ungültig erklärt worden“, sagt Bhasin, die im kaschmirischen Jammu versucht, trotz aller auch finanziellen Probleme die Zeitung am Leben zu erhalten. Aber sie habe immer noch Hoffnung.

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