Internationale Diplomatie: UN-Truppen gegen IS?
Westliche Regierungen erklären eine Einigung mit Russland und China über ein UN-Mandat für aussichtslos. Das könnte eine Fehleinschätzung sein.
GENF taz | Die Terrormilizen des sogenannten Islamischen Staat (IS) haben bereits Zehntausende Menschen getötet oder vertrieben und eine Fortsetzung dieser Verbrechen angekündigt. Über die Bedrohung durch den IS besteht unter den 193 UNO-Staaten fast vollständiger Konsens, wie die Debatten und Entscheidungen der Generalversammlung und des Sicherheitsrates im September gezeigt haben.
Als erfolgversprechende militärische Mittel zur Bekämpfung der IS-Milizen über die derzeitigen Luftschläge hinaus gilt eine vom UNO-Sicherheitsrat mandatierte UN-Truppe, im Idealfall unter Beteiligung von Truppenverbänden aus allen fünf Vetomächten USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien.
Doch weil sie aus innenpolitischen Gründen vor der Entsendung eigener Soldaten zurückschrecken, erklärten die Regierungen in Berlin und anderen westlichen Hauptstädten bislang, eine Zustimmung des Sicherheitsrats zu einem solchen Mandat sei chancenlos. Begründet wird dies mit dem Verweis auf die seit über drei Jahre anhaltende Blockade des UN-Sicherheitsrats im Syrienkonflikt und mit der Prognose, Russland und China würden eine solche UN-Truppe per Veto verhindern.
Das ist allerdings keineswegs sicher und könnte zumindest durch einen konkreten Resolutionsvorschlag im Sicherheitsrat getestet werden. Zwar verhindern die konträren Vorstellungen der fünf Vetomächte – insbesondere der USA und Russlands – zur politischen Zukunft Syriens ein gemeinsames Handeln des Sicherheitsrats zur Beendigung des syrischen Bürgerkrieges. Doch mit Blick auf die Bedrohung durch den IS gibt es eine Schnittmenge gemeinsamer Interessen. Das zeigt nicht zuletzt die vorbehaltlose Zustimmung Russlands und Chinas zu dem am 24. September vom Sicherheitsrat verabschiedeten Resolutionsentwurf der USA zur Bekämpfung des IS.
Sicher allerdings ist: Russland und China würden einer UNO-Truppe im Sicherheitsrat nur zustimmen, wenn deren Mandat eindeutig auf folgende Maßnahmen begrenzt wäre: Schaffung von Landkorridoren zur sicheren Flucht für von IS-Milizen bedrohte Menschen sowie zur humanitären Versorgung der notleidenden Bevölkerung; militärischer Schutz von Städten und Regionen, die die IS-Milizen angreifen und erobern wollen; Zurückdrängen der IS aus Regionen, die sie heute bereits kontrollieren.
Jegliches Vorgehen der UNO-Truppe gegen das Assad-Regime oder die Unterstützung von Kämpfern der syrischen Opposition müsste ausgeschlossen werden. Bei einem solchen Mandat würde eine UNO-Truppe wohl auch nicht auf den Widerstand Syriens stoßen, sondern zumindest stillschweigend toleriert werden, so wie bislang schon die US-Luftangriffe gegen IS-Stellungen in Syrien.
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