Intel-Fabrik in Madgeburg: Eine Frage der Perspektive
Die Krise bei Intel weckt Hoffnungen auf die freigewordenen zehn Milliarden aus der Haushaltskasse. Richtig wäre, damit das Klimageld zu finanzieren.
D ie Geschichte um das Intel-Chipwerk in Magdeburg ist wahrlich absurd. Das kann niemand leugnen. Für Bundeskanzler Olaf Scholz sollte die Fabrik ein Prestigeobjekt sein, mit der er Deutschland zum großen Chip-Standort in Europa machen wollte. Deswegen war er bereit, den Bau des Chipwerkes vieler kritischer Stimmen zum Trotz kräftig zu bezuschussen. Nicht weniger als 10 Milliarden Euro sollten es sein, rund ein Drittel der geplanten Baukosten.
Aber daraus wird nichts, denn der US-Konzern befindet sich in einer Krise und verschiebt das Projekt vorläufig um zwei Jahre. Nun könnten Optimisten behaupten, dass aufgeschoben nicht aufgehoben ist. Und dass das Werk doch noch gebaut wird. Nur etwas später. Aber häufig ist aufgeschoben dann eben doch aufgehoben, weshalb nun gleich eine nicht minder absurde Diskussion über die Verwendung der freigewordenen 10 Milliarden Euro entstanden ist.
Für die notorisch klamme Bundesregierung ist das schließlich ein nicht zu unterschätzender Batzen. Folglich kam Sparfuchs Christian Lindner auf die Idee, mit dem Geld den weiterhin löchrigen Haushalt zu stopfen. Der Kanzler, derweil in Kasachstan, zeigte sich dem nicht abgeneigt. Allerdings hat die Union diesmal recht, wenn sie Bedenken bei der Idee anmeldet. Schließlich stammt das Geld für Intel aus dem Klima- und Transformationsfonds und kann nicht mal eben so in den normalen Haushalt verschoben werden.
Stattdessen könnte die Ampel mit den 10 Milliarden Euro endlich das Klimageld auf den Weg bringen, das in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben ist als sozialer Ausgleich für steigende Energiepreise – uns also längst versprochen. Nur hat die Koalition es, angeblich wegen der knappen Haushaltslage, zwischenzeitlich aufgeschoben/aufgehoben.
Mit den nun freigewordenen Mitteln könnten immerhin knapp 120 Euro pro Kopf ausgezahlt werden. Viele Menschen könnten das Geld gut gebrauchen. Die Erfahrung lässt hingegen erwarten, dass diese Lösung wiederum Lindner & Co. als absurd erscheint.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Autounfälle
Das Tötungsprivileg