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Integrationsfernsehen für FlüchtlingeOans, zwoa, Leitkultur!

Der CSU-Generalsekretär Scheuer wünscht sich einen TV-Sender für Flüchtlinge – zur Vermittlung deutscher Werte. Wie wär’s mit diesem Programm?

Geschichten vom Oktoberfest machen Sie vertraut mit des Deutschen liebsten Saufgelage. Foto: ap

7.30 Uhr „Heidi“ Nichts vermittelt schon den Kleinsten so liebevoll, wie’s hier läuft, wie diese ... gut, äh: japanische Manga-Serie über das Bergleben in den, nun ja: Schweizer Alpen nach Vorlage von Johanna Spyri. Aber ungefähr so ist das halt hier bei uns. Gewesen. Als Waise auf der Alp. Vor ein paar Jahrhunderten.

8.00 Uhr „Morgenmagazin“ Heute: Interview mit Horst Seehofer, der erklärt, warum das Grundrecht auf Asyl auch Grenzen hat, sowie einem Call-in mit Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin nimmt sich Ihrer individuellen Sorgen an.

11.00 Uhr „Horst Lichter kocht“ Es gibt mehr als Hummus und Foul: Der sympathische Koch und Schnauzbartträger Lichter macht sich auf die Reise in die norddeutsche Provinz – auf der Suche nach den schönsten Kohlrezepten und ihrer Geschichte. Regional, saisonal, slowfood –alles, was Sie über deutsches Essensblabla wissen müssen.

12.15 Uhr „Deutschland für Dummies“ Ordnung muss sein: die Kehrwoche.

13.00 Uhr „Mona Lisa Spezial“ Die Unterdrückung der Frau. Alice Schwarzer interviewt sich selbst.

14.00 Uhr „Richterin Barbara Salesch“ Deutsche Werte werden am Gartenzaun verteidigt. Mit packenden Plädoyers für das Recht auf wuchernde Weinpflanzen und für das Tor zur Privatweg-Welt.

15.00 Uhr „Deutschland für Dummies“ Keine falsche Scham: Korrekt schwitzen unter Einhaltung der Sauna-Regeln.

15.05 Uhr „Markt heute“ Wie man in Restaurants Rechnungen exakt splittet, warum man Deutschen auch geliehene Kleinstbeträge mit Zinsen zurückzahlt und in welcher ideeller Bringschuld auch Sie ganz persönlich stehen, nachdem Sie am Münchener Bahnhof so nett mit einer Flasche Wasser und einem ausgemusterten Teddy empfangen wurden: „Markt heute“ gibt Ihnen einen Überblick über die kleinen und großen wirtschaftlichen Gepflogenheiten hierzulande.

16.00 Uhr „Deutschland für Dummies“ Hallihallo: Warum Händeschütteln zur Begrüßung so wichtig ist.

16.05 Uhr „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ Vom Ozapft is bis zum Dirndl-Dekolleté: Florian Silbereisen erzählt Geschichten vom Oktoberfest und macht Sie vertraut mit des Deutschen liebsten Saufgelage. Mittrinken erwünscht!

17.00 Uhr „Deutschland für Dummies“ Das ausgerollte Handtuch: Das steckt wirklich hinter dem reservierten Deutschen.

17.05 Uhr „Einsatz in 4 Wänden“ Tine Wittler weiß, dass man schon ein bisschen mehr Farbe an der Wand den tristen Alltag in deutschen Amtsstuben aufpeppen kann. Weshalb sie heute einfach mal ins Bundesamt für Migration renovieren kommt. Hier können auch Sie sehen, dass zwischen Tierpostern, Diddl-Maus-Tassen und Ihrem unbearbeiteten Antrag auf Asyl Menschen sitzen – die mit ein bisschen schöneren Möbeln trotz personellem Notstand plötzlich viel mehr Freude an der Arbeit haben.

18.00 Uhr „Verbotene Liebe“ Vorabend-Soap-Opera mitten aus dem Leben von Durchschnittsdeutschen. Folge 9.739: Lukretia von Lahnstein erwägt das Abstoßen ihrer Kunstsammlung, um ihrem Vetter Reinfried im Erbschaftsstreit eins auszuwischen. Derweil weint sich Student Niko in seinem 180-Quadratmeter-Loft die Augen aus dem Kopf, weil seine Exfreundin Steffi mit dem gemeinsamen Kind verschwunden ist.

19.00 Uhr „Der große Einbürgerungstest“ Quizshow mit Jörg Pilawa. Raten auch Sie mit und stellen fest, wie integriert Sie schon sind. Fluffige Wissensvermittlung rund um Staatsbürgerkunde, Geschichte und deutsche Redewendungen.

19.30 Uhr „Brennpunkt Integration“ Wie Sie sich so verhalten, dass selbst Lutz Bachmann sich nicht mehr provoziert fühlt.

20.00 Uhr „Tagesschau für Anfänger“ Die wichtigsten Nachrichten des Tages, schön laangsam erklärt.

20.15 Uhr „Tatort“ Tatort gucken ist gelebte Integration. Keine andere deutsche Fernsehsendung eignet sich besser für Smalltalk. Heute: Kommissar XY versucht, die Scherben seines Privatlebens zusammenzukehren, als ein Mord in den Katakomben eines Luxushotels dazwischenkommt. XY ermittelt unter den illegal Beschäftigten, die ihm zwar leidtun, für die er aber leider irgendwie auch einfach nichts tun kann.

21.45 Uhr „Günter Jauch“ Guter Flüchtling, böser Flüchtling: Was Deutschland von den Neuankömmlingen erwartet. Zu Gast: Thomas de Maizière, Erika Steinbach und Boris Palmer.

22.45 Uhr „Das Schwein – ein zu Unrecht verschmähter Genuss“ Vom Biohof bis auf den Teller. Wie aus einem niedlichen Ferkel eine saftige Schweinshaxe wird.

23.45 Uhr „Hitlers Karies“ Geschichtsikone Guido Knopp nimmt sie mit auf eine faszinierende Reise.

1.30 Uhr „Deutschlands schönste Bahnstrecken“ Auch ohne viel Geld können Sie die Schönheit des deutschen Waldes, der Loreley und des Hundertwasser-Bahnhofes in Uelzen genießen.

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22 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Mir erscheint dieser Weg zur Integration, selbst, wenn es mit dem o.g. Programm erfolgen sollte, noch immer -zig mal humaner und sinnvoller als z.B. die Flüchtlingskinder in unserem Scheiß-dreigliedrigen Schulsystem was beibringen zu wollen.

  • Der beste artikel seit ewigen zeiten. Da lohnt sich das abo.

  • Typisch Deutsch. Immer diese germanische Überheblichkeit. Ich habe diese Rechten total satt. Keine Toleranz mit Intoleranten.

    • @Helmut Janschke:

      Gilt Ihr letzter Satz auch für die Intoleranten unter den Flüchtlingen?

      • @Urmel:

        Wir Arbeiter-Proleten sind immer solidarisch mit Menschen in Not, weil wir wissen wie es ist in der Scheiße zu sitzen, im Gegensatz zu euch Salon-Linken, die ihr die Not nur aus Büchern kennt. Mit der Intoleranz, unabhängig woher sie kommt, sind wir niemals solidarisch.

        • @Helmut Janschke:

          Phänomenal, Ihre Definitionsfähigkeit, wer den „Arbeiter-Proleten“ und wer den „Salon-Linken“ zuzuordnen ist.

           

          Wenn ich auf meinen, reichlich „holprigen“ Lebensweg zurückschaue, habe ich selbst allerdings das „Problem“, dass ich immer recht weit von den „Salons“ entfernt war. Echten Hunger und andere missliche Lebenslagen habe ich stattdessen nicht nur um mich herum, sondern auch am eigenen Leibe erlebt.

           

          Aus diesen Erfahrungen speist sich meine Form von Solidarität, allerdings auch aus der Erfahrung, dass es leider auch unter Unterprivilegierten dann und wann gänzlich unsolidarische, wenn nicht sogar unmenschliche Zeitgenossen gibt.

          • @Urmel:

            Genosse Urmel. War nicht persönlich gemeint, aber du verstehst, dass mich dieses pseudo-linke Gequatsche von Seidenschal-Linken (nicht du gemeint) ziemlich ankotzt. Diese neue linke Elite, die sich Grüne nennen, haben es sich da Oben gemütlich gemacht und spucken auf uns herunter. Links sein, heißt unterprivilegiert zu sein und privilegiert ist automatisch Rechts. Klingt einfach, primitiv, blöd und unlogisch, ist aber die reine Wahrheit. Bonzen sind keine Linken, weil sie auf Privilegien nicht verzichten können und wollen und das ist eben rechtes Gedankengut.

  • Dieser Beitrag löst bei mir sehr gemischte Gefühle aus. Ich bezweifle nämlich, ob auf diese Weise eine halbwegs vernünftige Diskussion über existierende Probleme der Integration und deren Bewältigung in Gang kommen kann.

     

    Mit Blick auf die Erfahrungen der letzten Jahre erscheint es z. B. durchaus ratsam, einem Teil der in den letzten Jahren zugewanderten Menschen endlich zu vermitteln, dass Ehrenmorde oder Zwangsverheiratungen nicht unbedingt als kulturelle Bereicherung gesehen werden können.

     

    Die vielen Opfer dieser menschenunwürdigen Taten würden es uns danken.

    • @Urmel:

      Mir wäre es lieber, das Urmel bleibt damit noch ne Weile unterm Eis. Die Lage für den Zuspruch zu Flüchtlingen ist enorm angespannt, und wenn die Debatte jetzt öffentlich angekurbelt wird, werden viele Frauen womöglich bald in den Herkunftsländern das erleben, was Sie ansprechen und mitgehen werden viele Männer, für die Frauenschändung nicht in Tüte kommt. Die Schandtaten müssen sofort verfolgt werden, aber zu diesem Zeitpunkt nicht medial verbreitet; Die Pegiden würde es freuen. Gemach, gemach !

      • @lions:

        Da bin ich völlig anderer Auffassung: Das jahrzehntelange "Unter den Teppich Kehren" dieser Straftaten hat weder den Opfern geholfen noch das Aufkommen rechter Gesinnung verhindert.

         

        Dieser Meinung sind übrigens nicht nur die Opfer selbst (sofern sie noch dazu in der Lage sind), sondern auch die überwältigende Mehrheit der Migranten.

         

        Wenn wir nicht einmal darauf bestehen dürfen, dass elementare Menschenrechte von jedermann respektiert werden müssen, dann läuft etwas gewaltig schief....

        • @Urmel:

          Noch schiefer läuft´s, wenn man sich nicht darüber bewußt wird, dass hier viele Menschen auf dem Pulverfass sitzen.

          Was nützt es, wenn ein Menschenrecht jetzt öffentlich verteidigt wird, und andere sind damit von der faktischen Annullierung bedroht. Es sind derzeit zu viele Rechtspopulisten an der Kanzel, die Leute verführen, die weniger differenzieren, als ich Ihnen mal unterstelle. Besser Ergebnis-orientiert abwägen, als dem Bauchgefühl folgen, denn Ihr ja berechtigtes Argument ist schon jetzt auch eins der Migrationsfeinde.

          • @lions:

            Wie sollte ich mich denn aus ihrer Sicht verhalten, wenn wieder einmal ein beinahe tödlich verlaufendes Attentat auf eine meiner türkischen Freundinnen stattgefunden hat? Vielleicht sollte ich ja den Notarzt und die Polizei nur anfordern, wenn die mir zunächst eine absolute Nachrichtensperre über den Vorfall zusichern. Ist das die Form von Abwägen, die Sie meinen?

            • @Urmel:

              Die Verbreitung durch die Polizei oder Notarzt haben Sie m.E. nicht zu befürchten. Eher die durch Aufrufe in öffentlichen Foren zur medialen Auseinandersetzung durch Sie selbst ; Zum verkehrten Zeitpunkt. Durch den Blätterwald und Talkshows getreten, hat das Thema gerade Overkill- Qualität.

              Die Übergriffe müssen sofort geahndet werden, genauso wie Anlaufstellen für betroffene Flüchtlingsfrauen bereitstehen müssen, was z.T. schon passiert. Die Frauen müssen darüber aufgeklärt werden, welche Rechte diese hier in Anspruch nehmen können. Hilfe zur Selbsthilfe.

              • @lions:

                Ich kann Ihre ""Bauchschmerzen" ja durchaus nachvollziehen. Ich kann aber auch die "Bauchschmerzen" vieler Migrantinnen verstehen, die seit etlichen Jahren vergeblich fordern, dass Integration nicht auf halben Wege stehen bleiben darf.

                 

                Angesichts der jetzigen Zuwanderung einer erheblichen Zahl vor allem junger Männer, die überwiegend aus Kulturkreisen stammen, in denen Vorstellungen über die Rolle der Frau partiell aufs Heftigste mit elementaren Menschenrechten kollidieren, wäre es wünschenswert, dieses Problem als solches zur Kenntnis zu nehmen. Auf dieser Grundlage wäre es sinnvoll, wenn nicht gar geboten, in die Integrationsbemühungen frühzeitig die Bewältigung dieses Widerspruches einfließen zu lassen.

                 

                Die letzten Jahre haben gezeigt, dass dies in Deutschland nahezu nicht erfolgt ist. Ich könnte jetzt darüber philosophieren, warum das so gelaufen ist – egal, wie man es betrachtet, es ist ein echter Skandal. Viel wichtiger erscheint mir jedoch, dass dieses Problem endlich angepackt wird. Dass mittlerweile die Zahl der Opfer dieses Versagens vermutlich in die Zehntausende geht, sollte Ansporn genug sein.

                 

                Nur noch eine Anmerkung zu Ihrem Argument, den Rechten keine Argumente liefern: Nehmen wir mal an, die AfD würde nächste Woche die steuerliche Benachteiligung allein Erziehender in ihren Forderungskatalog aufnehmen. Sollten dann „konsequenterweise“ alle anderen Parteien, die dies bisher verlangten, einen Rückzieher machen?

                • @Urmel:

                  Der letzte Vergleich ist der von Äpfeln mit Birnen. Wie sich wer auch immer positioniert, werden daraus keine hysterischen Reaktionen schwerst diskriminierender Art gegen Alleinerziehende erfolgen, die bspw eine vorschnelle Abschiebung in´s Nichts nach sich zögen.

                  Da gibt´s es kein Generalrezept und wie oft bleiben von der Tagesordnung einstweilen nur Kompromisse.

        • @Urmel:

          Sehr richtig,

          weg schauen und verschleiern hilft nur den Tätern.

  • Bow, ganz schön anstrengend. Wie wär`s noch mit kleinen Werbeunterbrechungen Richtung Deutschländer Würstchen, Masterrace Europe-Klamotten und Urlaub in Griechenland etc.

  • Journalismus in Reinkultur: investigativ, unabhängig, sachlich - wie man die taz halt kennt.

  • "16.00 Uhr „Deutschland für Dummies“ Hallihallo: Warum Händeschütteln zur Begrüßung so wichtig ist."

     

    widerlich, wie hier frauenverachtendes verhalten verharmlost und kritik daran lächerlich gemacht wird!

    pfui spinne.

    • @peter shaw:

      Das müssen Sie erklären - was hat Händeschütteln mit Frauenverachtung zu tun?

      • @Velofisch:

        Weil es Leute gibt die Frauen aus Prinzip nicht die Hände schütteln.

  • guter Beitrag!