Integrationsbeauftragte des Senats: Neuer Blick auf Migration
Katarina Niewiedzial ist die neue Integrationsbeauftragte des Senats und die erste, die selbst einen Migrationshintergrund hat.
Berlin bekommt erstmals eine Integrationsbeauftragte mit eigener Migrationsgeschichte. Katarina Niewiedzial ist gebürtige Polin und kam mit 12 Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland. Im Erstaufnahmelager Friedland, in einer Willkommensklasse und ohne Deutschkenntnisse habe sie angefangen, erklärte die neu ernannte Beauftragte des Senats für Integration und Migration am Mittwoch bei ihrer Vorstellung. „Ich habe meinen Lebensweg gemacht, aber ich habe viele migrantische Freunde auf diesem Weg verloren.“ Denn Migration habe in Deutschland „viel mit Glück und Zufall zu tun“, sagte die 41-Jährige. Die Überzeugung, dass dies nicht so sein sollte, habe sie dazu gebracht, auf diesem Feld zu arbeiten.
Dass die studierte Politikwissenschaftlerin frischen Wind in die Berliner Verwaltung bringen wird, wurde an mehreren Punkten deutlich. Zum einen wolle sie dafür sorgen, „dass Menschen mit Migrationshintergrund den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber entdecken“, sagte Niewiedzial, die 2003 unter der „Ausländerbeauftragten“, wie es damals noch hieß, Barbara John erste Erfahrungen im Migrationsbereich beim Senat machte.
Es wundere sie immer wieder, wie wenig interkulturell die Verwaltung aufgestellt sei. In Pankow etwa, wo sie von 2014 bis jetzt Integrationsbeauftragte des Bezirks war, gebe es in den Bibliotheken, Schulen und Ämtern kaum MigrantInnen. „Der öffentliche Dienst muss dafür mehr werben“, sagt sie.
Mehr Vielfalt in der Verwaltung
Und die Zeit sei günstig: In den kommenden drei Jahren würden rund 20.000 VerwaltungsmitarbeiterInnen in den Ruhestand gehen. Man müsse die MitarbeiterInnen allerdings auch halten, betonte die Mutter von zwei Kindern, indem man den öffentlichen Dienst zu einem „attraktiven Arbeitgeber“ mache. Etwa dadurch, dass MitarbeiterInnen vor Diskriminierung geschützt werden. In Pankow habe sie dafür eine Arbeitsgruppe zur Sensibilisierung gegründet. Denn es komme durchaus vor, dass Mitarbeiter mit Migrationshintergrund öfter von KollegInnen gefragt werden: „Wo kommst du denn her? Das ist schon unangenehm für die Leute.“
Erfrischend sind der Praxisbezug zur Bezirksarbeit sowie die positive Grundstimmung, die Niewiedzial mitbringt. In der Gesellschaft breite sich ja das Narrativ aus, „dass Integration gescheitert sei. Das ärgert mich, denn das stimmt so nicht.“ Dagegen wolle sie eine „andere Erzählung“ von Erfolg und Potenzialen setzen. Beim Thema Sprache etwa könne man – statt nur über Deutschdefizite zu sprechen – auch die Pflege der Herkunftssprachen stärker in den Blick nehmen. „Darüber kann man die Eltern sehr gut abholen“, sagte sie.
Der bisherige Amtsinhaber Andreas Germershausen geht nach mehr als 18 Jahren im Migrationsbereich der Verwaltung Ende April in den Ruhestand. Die neue Sichtweise seiner Nachfolgerin unterstützte er: Man müsse sich künftig etwa fragen, ob Begriffe wie „Integration“ überhaupt noch richtig seien. „Wir sollten stärker den Blick auf die Stadt richten: Was stellen wir um, damit sich MigrantInnen hier wohlfühlen?“
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