Instrumentalisierung von Geflüchteten: Keine Aufweichung des EU-Asylrechts

Die EU-Kommission wollte das Asylrecht verschärfen, damit Flüchtende nicht als Druckmittel eingesetzt werden. Doch der Vorstoß ist gescheitert.

Polnische Grenzschutzbeamte vor einem Grenzzaun

Hier besteht schonmal kein Durchkommen für Asylbewerber: Der Polnische Grenzzaun zu Belarus Foto: Maciek Luczniewski/reuters

BERLIN taz | Die EU-Kommission ist mit einem Vorschlag zur Verschärfung des Asylrechts gescheitert. Die sogenannte Instrumentalisierungsverordnung wurde von einer Reihe von Mitgliedsstaaten, angeführt von Deutschland, abgelehnt. Die tschechische Ratspräsidentschaft verzichtete deshalb auf eine Abstimmung bei der am Freitag zu Ende gegangenen Sitzung des Rates der Justiz- und Innenminister.

Der Kerngedanke des Vorschlags, der vor allem eine Reaktion auf die Lage an der polnisch-belarussichen Grenze Ende 2021 war, lautete: Wenn Flüchtende benutzt werden, um einem EU-Staat zu schaden, muss der sich nicht mehr an das Asylrecht halten.

Unter anderem sollten EU-Staaten mehrere Wochen warten dürfen, bis sie Asylanträge annehmen. Grenzpunkte hätten geschlossen, Mi­gran­t:in­nen fünf Monate inhaftiert werden dürfen, ohne dass ein Asylverfahren eröffnet wird. Dies ist in der EU nicht legal.

Menschenrechtsorganisationen hatten den Vorstoß heftig kritisiert und eine Ausweitung illegaler Pushbacks befürchtet. Doch die Reform war auch auf Widerstand in Reihen der EU-Mitgliedsstaaten gestoßen: Einigen ging er zu weit, anderen, unter anderem Polen und Ungarn, nicht weit genug.

Schon 2021 hatte Polen eine frühere Version der vorgeschlagenen Verordnung, die zunächst nur für Polen, Lettland und Litauen gelten sollte, als „kontraproduktiv“ zurückgewiesen, weil darin weiter eine Prüfung von Asylanträgen vorgesehen war. Asylverfahren müssten stattdessen gänzlich eingestellt werden, sagte Polens EU-Botschafter damals.

Die aktuelle tschechische Ratspräsidentschaft hatte sich des Themas zuletzt angenommen und versucht, einen Kompromiss zu formulieren. Der kam vor allem den osteuropäischen Ländern entgegen: Er sah vor, dass betroffene Staaten wie Polen sehr viel leichter einen „Instrumentalisierungsfall“ ausrufen können und Rat und Kommission weniger Spielräume bei einer Prüfung hätten.

Auch Ungarn lehnte den Kompromiss ab

Noch vor Beginn des EU-Innenministertreffens hatte sich die Ratspräsidentschaft ihren Kompromiss am Mittwoch vom Rat der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten absegnen lassen wollen. Polen ließ sich dem Vernehmen nach erweichen, für den Kompromiss zu stimmen. Doch Ungarn blieb hart und lehnte den Kompromiss ab.

Auch versperrten sich Deutschland, Spanien, Portugal, Belgien und Luxemburg dem Vorschlag, allerdings anders als Ungarn wegen menschenrechtlicher Bedenken. Eine öffentliche Stellungnahme gab es dazu zunächst nicht – aus Rücksicht auf die tschechische Ratspräsidentschaft, wie es aus Brüsseler Kreisen hieß.

Der europäische Flüchtlingsrat ECRE begrüßte die Ablehnung. Die Verordnung sei „der schlechteste in einer Reihe von schlechten Gesetzesvorschlägen der Europäischen Kommission zum Thema Asyl“ gewesen.

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