Innere Zweifel an Rot-Grün (1): Höhere Steuern?
Die Grünen wollen die Steuern erhöhen. Klingt gut, solange man nicht betroffen ist. Falls doch, wird man zum politischen Dauerspender.
S teuererhöhungen! Den Reichen nehmen, den Armen geben. Klingt gut. Solange man selbst nicht zu den Reichen gehört. Die Grünen haben dazu einen bemerkenswerten Rechner auf ihrer Homepage installiert.
Wer ein zu versteuerndes Einkommen von 65.000 Euro hat, also vielleicht 6.200 Euro brutto im Monat verdient, der müsste nach den grünen Plänen im Jahr immerhin 212 Euro mehr berappen an Steuern. Die Grünen klären auf: „Du gehörst zu den obersten 10 Prozent der SteuerzahlerInnen und musst durch die grüne Steuerreform etwas mehr bezahlen. Im Jahre 2010 haben 96 Prozent aller ArbeitnehmerInnen weniger verdient als du.“ Soll man sich jetzt als Gutverdiener schuldig fühlen?
„Verarschung“, toben denn auch die Kommentatoren und rechnen vor, wie mühsam man mit diesem Einkommen über die Runden kommt, wenn man Familie hat: Unterhalt für studierende Kinder, Immobilienkredit abstottern, private Zusatzvorsorge ansparen und so weiter. Der gefühlte Reichtum sitzt doch viel weiter oben! Den Grünen ist das wurscht. „Wir verlangen von Menschen mit hohen Einkommen deswegen einen höheren Beitrag zum Gemeinwesen, weil sie es sich am ehesten leisten können und weil auch sie auf eine gute öffentliche Infrastruktur angewiesen sind“, heißt es im Steuerrechner.
Wer nur 36.000 Euro an zu versteuerndem Jahreseinkommen hat, dem gratulieren die Grünen hingegen. „Herzlichen Glückwunsch! Du gehörst zu den 90 Prozent der SteuerzahlerInnen, die von der grünen Steuerreform entlastet werden.“ 100 Euro mehr im Jahr gäbe es für diese Mittelverdiener, hätten die Grünen das Sagen. Danke, danke. Dass einem gratuliert wird, wenn man nicht so viel verdient, das gab’s vorher auch noch nie in der Politik.
Von 212 Euro mehr an Steuern jährlich würden die Grünen 86 Euro für Schulen und Kitas und 44 Euro für Familien im Hartz-IV-Bezug ausgeben. Wer als Gutverdiener die Grünen wählt, wird also zum politischen Dauerspender. Dass das so ehrlich vorgerechnet wird, ist dann aber doch zu bewundern. Auch wenn das Duzen eklig ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung