Initiative gegen Hatespeech: „Hassmelden“ braucht eine Pause
Seit 2019 hilft die Initiative Hassmelden Betroffenen von Hass im Netz juristisch. Jetzt legt das Team seine Arbeit nieder – wegen Überlastung.
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Überraschend hat die Initiative Hassmelden vergangene Woche auf Twitter bekanntgegeben, dass sie ihre Arbeit zum 30. April einstellt. Seit der Gründung 2019 hatten Ehrenamtliche für die Initiative gegen Hate Speech gekämpft und Betroffenen von digitaler Gewalt die Möglichkeit gegeben, Inhalte zu melden, die strafrechtlich relevant sein könnten.
Die rund 25 Ehrenamtlichen prüften die Inhalte daraufhin und brachten sie gegebenenfalls zur Anzeige. So konnten Betroffene anonym bleiben. Beinahe eine Millionen solcher Meldung erhielt Hassmelden nach eigenen Angaben. Grund für das vorläufige Aus ist laut Hassmelden zum einen, dass die Ehrenamtlichen in ihrer Arbeit „Arbeit, Freizeit und Familie vernachlässigt“ haben.
Ein weiterer Grund: die stark gestiegene Zahl der täglichen Meldungen. Das Team könne nicht mehr „verantwortungsvoll mit dem von uns entwickelten System weiterarbeiten“. In einem Whitepaper schreibt Hassmelden, dass sich die Zahl der Meldungen von 2019 bis 2021 verzehnfacht habe. Gegenüber der taz sagt ein Mitglied der Initiative: „In den letzten Monaten haben wir täglich zwischen 4.000 und 5.000 Meldungen bekommen.“ Die Themen seien die gleichen wie in der Anfangszeit: „Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und das Verwenden von verfassungswidrigen Symbolen.“
Während auf Twitter die Buchautorin und Aktivistin Jasmina Kuhnke, die bereits selbst zur Betroffenen von digitalem Hass gemacht wurde, und Autorin und Desinformationsexpertin Katharina Nocun ebenso wie viele andere ihr Bedauern über die Pause von Hassmelden ausdrückten, ist weiterhin unklar, ob die Initiative ihre Arbeit komplett einstellt. Sie gab bisher nur bekannt, man wolle sich ein paar Wochen Zeit nehmen, um sich neu aufzustellen. In der Mitteilung äußert Hassmelden jedoch einen Wunsch: „Dass Strafverfolgungsbehörden und die verantwortlichen Politiker:innen ihrer Verantwortung gerecht werden und mit Nachdruck an sachorientierten Problemlösungen arbeiten.“
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