Initiative der US-Regierung: Doch noch Mr. Klimaschützer
Die Pläne, Emissionen aus Kohlekraftwerken deutlich zu reduzieren, werden als historischer Schritt gewertet. Dabei umgeht Obama den Kongress.
BERLIN taz | In der Mitte seiner zweiten Amtszeit will sich US-Präsident Barack Obama doch noch als Klimaschützer profilieren. Die US-amerikanische Regierung plant offenbar, den Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid (CO2) aus Kohlekraftwerken drastisch zu verringern. Unter US-Umweltschützern gilt Obamas Vorstoß als „wichtigste Maßnahme, die jemals ein US-Präsident zum Klimaschutz ergriffen hat“.
Die Umweltschutzbehörde EPA legte am Montag einen entsprechenden Vorschlag vor, der binnen zwei Jahren in den Bundesstaaten umgesetzt werden soll. Zuvor hatten US-Medien übereinstimmend berichtet, das Weiße Haus werde die US-Umweltbehörde EPA anweisen, die Richtlinien für bestehende Kohlekraftwerke zu verschärfen.
Demnach solle der CO2-Ausstoß der Kohlemeiler bis 2030 um etwa 30 Prozent gesenkt werden, 13 Prozent seien bereits erreicht. Da die etwa 1.600 Kohlekraftwerke bis zu 40 Prozent der Emissionen verursachen, könnten die USA damit ihrem Ziel nahe kommen, ihre Emissionen bis 2020 gegenüber 2005 um 17 Prozent zu verringern.
Wie die einzelnen US-Bundesstaaten die CO2-Bilanz ihrer Kraftwerke verringern, soll ihnen selbst überlassen werden: Sie können die Energiekonzerne dazu zwingen, alte Kraftwerke direkt stilllegen, sich am Emissionshandel beteiligen, die Stromkunden zum Energiesparen anhalten oder erneuerbare Energien ausbauen.
Rückendeckung des Obersten Gerichtshofs
Teile der US-Industrie laufen bereits Sturm. Das Bruttoinlandsprodukt könne sich um 50 Milliarden Dollar verringern, warnte die US-Handelskammer. Anwälte der Kohleindustrie erklärten gegenüber der New York Times, der Vorschlag gefährde „konventionelle Energiequellen, das Budget von Privatleuten und ihre Jobs“.
Bereits im vorigen Jahr hatte Obama die EPA angewiesen, die Emissionen neuer Kraftwerke strenger zu regeln. Mit Rückendeckung des Obersten Gerichtshofs hatte die EPA zuvor bereits neue Effizienzregeln für Autos und Lastkraftwagen eingeführt, die den Verbrauch vieler Motoren praktisch halbieren sollen.
Obama hatte in den letzten Wochen immer wieder das Thema Klimawandel angesprochen. „Ich werde sicherstellen, dass Amerika vorn dabei ist, wenn es um die Schaffung eines globalen Abkommens zur Bewahrung des Planeten geht“, hatte er vor wenigen Tagen vor Kadetten der Militärbasis West Point gesagt. „Amerikas Einfluss ist immer größer, wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen. Wir können uns nicht von Regeln ausnehmen, die für alle anderen gelten.“
Mit seinem Vorstoß umgeht Obama den US-Kongress, in dem er sich keine Mehrheit für Klimaschutzpolitik ausrechnet. Viele Republikaner und auch einige Demokraten leugnen den Klimawandel oder weigern sich, Gesetze zum Klimaschutz zu erlassen. Obama hatte in seiner ersten Amtszeit versucht, mit dem Kongress und den Republikanern zu einer Einigung zu kommen, war aber gescheitert.
Dürren, Meeresspiegelanstieg, Wirbelstürme
„Das ist eine historische Maßnahme“, sagte Jennifer Morgan vom World Resources Institute (WRI) gegenüber der taz. „Zum ersten Mal erlässt eine US-Regierung Regeln zur Dekarbonisierung der wichtigsten Sektoren.“ Obama verstehe die Bedeutung des Klimathemas und sei durch die Klimafolgen im eigenen Land wie die Dürren in Kalifornien, den Meeresspiegelanstieg in Florida und den Wirbelsturm „Sandy“ von 2012 sensibilisiert.
Ohnehin sind in den USA die CO2-Emissionen in den letzten Jahren beständig gesunken. Das liegt teilweise an effizienteren Autos und der Schwemme von billigem Gas, das aus den Frackinggebieten stammt und die Kohle verdrängt.
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