Inhaftierung eines Rappers: Putinisiertes Spanien
Spaniens rigoroses Vorgehen gegen den Rapper Pablo Hasél trägt russische Züge. Und das obschon Sozialisten und Linksalternative regieren.

E in Rapper, der gegen das Staatsoberhaupt ansingt, wird wie ein Schwerverbrecher in einer Universität festgenommen, weil er sich weigerte, eine neunmonatige Freiheitsstrafe anzutreten. Kaum ist er in Haft, legt ein anderes Gericht nach und verurteilt ihn zu weiteren zweieinhalb Jahren, da er Polizisten bedroht haben soll. Putins Russland? Erdoğans Türkei? Das Marokko von Mohammed VI.? Nein, weit gefehlt. All das geschieht dieser Tage im Spanien von König Felipe VI.
Das – man kann es kaum glauben – von einer Koalition aus Sozialisten und Linksalternativen regiert wird. Als Grundlage für dieses Vorgehen dient ein Antiterrorgesetz, das 2015 nach dem Anschlag in Paris auf die Zeitschrift Charlie Hebdo verschärft wurde. Dem besagten Rapper Pablo Hasél wurde „Beleidigung Seiner Majestät“ und „Verherrlichung des Terrorismus“ vorgeworfen.
Dass er den ehemaligen König Juan Carlos I. als „mafiös“ und als „Dieb“ bezeichnete, ähnelt heute eher einer Tatsachenbeschreibung als einer Majetätsbeleidigung. Juan Carlos, Vater des jetzigen spanischen Königs Felipe VI., hält sich in den arabischen Emiraten auf. Gegen ihn wird wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung ermittelt – zuerst in der Schweiz und dann, wenn auch zögerlich, zu Hause in Spanien.
Es geht hier um eine nicht enden wollende Serie von Nachrichten über die Korruption in Spanien, aber nicht um Majestätsbeleidigung. Jemanden dafür einzusperren, dass er auszusprechen wagte, was lange sogar für Medien und Politik ein Tabu war, ist mehr als verurteilenswert. Sicher gehen mit Hasél hin und wieder die Gewaltfantasien durch, wenn er über korrupte Politiker rappt. Schön ist das sicher nicht. Es schockiert. Aber Kunst muss nicht immer jedem gefallen.
Die Meinungsfreiheit und die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks sind dazu da, solche Werke und ihre Verfasser dennoch zu schützen. Ein Land, in dem der König in der Verfassung „unantastbar“ ist, die Grundfreiheiten aber nicht, hat ein Problem: Es ist keine allumfängliche Demokratie.
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