Influencer nach TV-Beitrag in Bedrängnis: Kliemannsland unter
Im „ZDF Magazin Royale“ hat Jan Böhmermann Kritik an den Schutzmasken-Deals des Influencers Fynn Kliemann geübt. Der versucht nun, den Schaden zu begrenzen.
Darin hieß es: „Ich möchte mich in aller Form bei allen Personen, Organisationen, Institutionen entschuldigen, die nun „auf den ersten Blick“ enttäuscht und geschockt sind.“ Er bat zugleich um einen differenzierten Blick. Manches stimme nicht.
Konkret ging es unter anderem um den Produktionsort von Schutzmasken, der möglicherweise bewusst nicht transparent gemacht worden sein könnte – statt in Europa sollen sie in Asien hergestellt worden sein. Kliemann wurde dabei mit einer Textilfirma in Beziehung gesetzt. In seinem Statement hieß es: „Ich muss mir klar eingestehen, dass ich den Prozess nicht mehr überblicken konnte.“ Weiter hieß es: „Das darf niemals passieren und somit übernehme ich, auch wenn ich weder Produzent noch Verkäufer war, eine Verantwortung.“ Durch diese Versäumnisse, sich mit diesen Prozessen nicht eingehend befasst zu haben, habe er viele enttäuscht. Auf seinem Instagram-Profil zeigten sich viele vor den Kopf gestoßen und posteten Kommentare.
Wer Satiriker Böhmermann in Sozialen Netzwerken folgt oder ihm aufmerksam bei Podcasts zuhört, konnte die Spur sehen, die er schon länger gelegt hatte. Das wirkte erstmal vielleicht lustig, wie er den Influencer und Musiker Kliemann auf einem öden Parkplatz parodierte und vermeintliche Mitarbeiter gängelte. Kliemann ist vor Jahren mit einem außergewöhnlichen Projekt bekanntgeworden: Mit seinem „Kliemannsland“. Das ist ein Bauernhof nördlich von Bremen. Leute kommen vorbei und wohnen auch zeitweise dort. Es wird gebastelt, geschraubt, geplaudert, Musik gemacht.
Dass Böhmermann, der im ZDF-Hauptprogramm freitagabends mit seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ zu sehen ist, mit einer Recherche an ihm dran war, war auch daran zu sehen, dass Kliemann einen Fragenkatalog des Senders auf Instagram veröffentlichte und dazu Stellung nahm. Darin ging es um diverse Themen, auch um Spendengelder.
Onlinehändler nimmt Maske offline
Böhmermanns Vorstoß führte bereits zu ersten Konsequenzen. Der Online-Händler About You, der zum Otto-Konzern gehört, teilte mit: „Das ZDF Magazin Royale Video hat uns erreicht und ist uns bekannt. Aktuell prüfen wir den Fall intern, um uns ein genaues Bild von dem Sachverhalt zu verschaffen.“ In einem ersten Schritt habe man Masken der Marke „Oderso“ offline genommen. Kliemann ist laut Impressum des Shops Geschäftsführer. Zudem teilte die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis mit, dass sie eine Auszeichnung aberkenne, die Kliemann 2020 erhalten habe.
Die betreffende Firma, die Böhmermann in Verbindung mit Kliemann setzt, ist die Textilmanufaktur Global Tactics. Firmengründer Tom Illbruck sagte der Deutschen Presse-Agentur zu dem Masken-Produktionsort-Vorwurf: Masken seien in dem betreffenden Zeitraum 2020 auch in Bangladesch produziert worden, nicht nur in Europa. Wenn zum Beispiel ein Großkunde keinen Wert darauf gelegt habe, dass die Masken explizit aus einem bestimmten Land oder explizit aus Europa kommen, „haben wir Masken angeboten, ohne explizit an jeder Stelle zu sagen, wo die Masken herkommen“.
Nachgefragt zu About You sagte Illbruck: „Nach dem, was uns an Dokumenten vorliegt, gibt es keine Absprachen mit About You, dass die Masken explizit aus Portugal gekommen sind und das ist an keiner Stelle schriftlich versichert worden.“ Dieser Darstellung hat inzwischen der Versandhändler About You widersprochen. About-You-Co-Chef Tarek Müller schrieb auf Twitter: „Das stimmt nicht.“
Er führte weiter aus: „Dass die Masken teilweise nicht in Europa produziert wurden, war uns bis heute nicht bekannt und wir haben den Fall unverzüglich intern geprüft, um uns ein genaues Bild zu machen.“ Der Textilhersteller habe angegeben, dass die Masken aus Europa stammen. „Nach den uns vorliegenden Informationen hat uns Global Tactics weder im Jahr 2020, noch danach, darüber informiert, oder uns darauf hingewiesen, dass die Masken außerhalb Europas hergestellt werden.“
Global Tactics hatte laut der Recherche vom „ZDF Magazin Royale“ auch Masken aus Bangladesch, die sich als fehlerhaft herausgestellt hatten, an NGOs im Bereich der Geflüchtetenhilfe abgegeben. Unter anderem gingen mehrere tausend Stück zum Selbstkostenpreis an Wir packen's an e.V. Diese Organisation kümmert sich vor allem um die Lieferung von Hilfsgütern für die Bewohner:innen der Lager auf den griechischen Ägäis-Inseln. Der Vorstand von Wir packen's an veröffentlichte gestern eine Stellungnahme im Internet, in der er seine Bestürzung über die vom ZDF Magazin Royale aufgedeckten Vorgänge um die Herstellung der Masken äußerte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was