Indische Menschenrechtsaktivistin: Auf Kaution frei
Die indische Anwältin Sudha Bharadwaj saß seit 2018 ohne Gerichtsverfahren im Gefängnis. Nun wurde sie freigelassen.
Bharadwaj war unter dem Antiterrorgesetz UPAP inhaftiert worden, zusammen mit 15 weiteren Aktivist:innen und Intellektuellen, die sich für Rechte der indigenen Bevölkerung Indiens einsetzen und sich gegen die Politik der amtierenden hindunationalistischen Regierung aussprachen. Bharadwaj ist die einzige, die bisher freikam. Der Mitangeklagte Stan Swamy verstarb im Juli in Haft; dem 81-jährigen, gesundheitlich angeschlagenen Dichter Varavara Rao wurde die Freilassung auf Kaution verweigert. Den Aktivist:innen werden Kontakte zur verbotenen Kommunistischen Partei Indiens (Maoist) vorgeworfen.
Der Sender Republic TV hatte die Gewerkschaftsführerin Bharadwaj beschuldigt, Geld von Maoisten erhalten zu haben. Die Angeklagten sollen sich an der Gedenkstätte Bhima Koregaon in Westindien Ende 2017 verschworen haben. Es wird behauptet, dass ihre Reden Auslöser für Ausschreitungen am 1. Januar 2018 gewesen seien, wo damals zwei Menschen starben.
Im August 2018 wurde Bharadwaj unter Hausarrest gestellt, im Oktober in Polizeigewahrsam genommen. Einen Prozess gab es bisher nicht. Aufgrund eines Verfahrensfehlers – ein nicht befugter Richter hatte damals die polizeiliche Anklageschrift angenommen – ist Bharadwaj nun gegen eine Kaution in Höhe von 585 Euro frei gekommen.
Doch es gibt hohe Auflagen: Bharadwaj musste ihren Pass abgeben, darf die westindische Metropole Mumbai nur mit Erlaubnis verlassen und ist in ihrer Redefreiheit eingeschränkt. Im vergangenen Jahr war ihr die Haftentlassung aus medizinischen Gründen noch verweigert worden – trotz Diabetes, Bluthochdruck und Tuberkulose, wie die Tochter berichtete.
Engagement in Ostindien
Bharadwaj ist Tochter einer Professorin und selbst Absolventin einer Eliteuni. Als junge Frau zog sie in den konfliktreichen Bundesstaat Chhattisgarh. Dort schloss sie sich der Bergarbeiterbewegung an. Sie unterrichtete Kinder von Arbeiter:innen und gab den Familien Rechtshilfe. So legten sie und die Arbeiter:innen sich mit mächtigen Unternehmen wie etwa dem Schweizer Zementkonzern Holcim an.
Bharadwaj ist seitdem für ihr Engagement für Rechte von Arbeiter:innen in Ostindien bekannt. Dazu gehören auch marginalisierte Gruppen wie Indigene oder Dalit (veraltet: Unberührbare), sowie für Frauen und jene, die aufgrund von Rohstoffabbau von Vertreibung bedroht sind. Bharadwajs gründete dann das Bündnis Persecuted Prisoners Solidarity Committee mit, das auf die Probleme verarmter Häftlinge, Einzelhaft und die Verfolgung von Anwält:innen aufmerksam macht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei