Indigene in Brasilien: Die Spur verliert sich im Regenwald
Ein britischer Journalist und ein Indigenenexperte werden seit Tagen vermisst. Aktivist*innen schlagen Alarm, die Behörden agieren nur zögerlich.
Der 57-jährige Phillips ist freier Korrespondent der britischen Tageszeitung The Guardian und berichtet seit mehr als 15 Jahren aus Brasilien. Das bereitet vielen Beobachter*innen Sorgen: In der von den Männern bereisten Region kommt es regelmäßig zu schweren Konflikten zwischen Indigenen, Bergleuten und Holzfällern. Außerdem soll Pereira, ehemaliger Mitarbeiter der staatlichen Indigenenbehörde Funai, seit Langem massive Morddrohungen erhalten haben. Die beiden Männer waren mit einem Satellitentelefon unterwegs.
Alessandra Sampaio, die Frau des Journalisten, wandte sich in einem Statement an die Öffentlichkeit: „Während ich diesen Aufruf mache, werden sie seit mehr als 30 Stunden vermisst. […] Im Wald zählt jede Sekunde, jede Sekunde könnte den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.“ Sie forderte die brasilianischen Behörden auf, alles zu tun, um die beiden Männer ausfindig zu machen.
Derweil wird Kritik am Vorgehen der Behörden laut. So seien zwar sieben Soldaten der Marine in die Region geschickt, aber kein Helikopter oder Flugzeug eingesetzt worden. Die Bundespolizei ermittelt, soll sich aber bisher noch nicht an der Suchaktion beteiligen.
Eigene Suchaktionen
Indigene starteten unterdessen eigene Suchaktionen mit Booten. Ex-Präsident Luiz Inácio „Lula“ da Silva, der als Favorit für die Präsidentenwahl im Oktober gilt, forderte die Behörden auf, „alles“ zu tun, um die Vermissten zu finden. Laut der Tageszeitung O Globo wurden am Montag zwei Fischer in der Region von der Polizei festgenommen. Sie sollen wieder auf freiem Fuß sein.
Die Region Javari ist ein riesiges Dschungelgebiet von der Größe Österreichs. Mehr als 20 indigene Gruppen leben dort. Die meisten haben sich in freiwilliger Isolation tief in den Urwald zurückgezogen. In den vergangenen Jahren haben die Landkonflikte in der Region zugenommen. Das hat auch mit der Wahl des Rechtsradikalen Jair Bolsonaro zu tun, der gegen Indigene und Umweltschützer*innen wettert und seine Landleute dazu aufruft, sich Land illegal anzueignen.
So dringen immer mehr Goldgräber und Holzfäller in den Regenwald vor, oft auch in die geschützten Gebiete Indigener. Der Stützpunkt der Funai im Javarital wurde mehrfach angegriffen und 2019 der Indigenenaktivist Maxciel Pereira dos Santos brutal ermordet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert