Index der Welthungerhilfe für 2024: Kampf gegen Hunger stockt

Immer noch haben 733 Millionen Menschen zu wenig zu essen, berichtet die Welthungerhilfe. Sie fordert zum Beispiel mehr Einfluss für Frauen.

Jungen drängen sich bei einer Essensausgabe mit Schüsseln und Töpfen, sie schauen hungrig auf das Essen

Opfer des Kriegs, Opfer des Hungers: Essensausgabe an palästinensische Kinder im Gazastreifen Foto: Mohammed Talate/dpa

Berlin taz | Der weltweite Kampf gegen den Hunger kommt kaum noch voran. „Weltweit haben 733 Millionen Menschen – deutlich mehr als noch vor zehn Jahren – keinen Zugang zu ausreichend Kalorien“, heißt es im Welthungerindex (WHI), den die Welt­hungerhilfe am Donnerstag veröffentlicht hat. Auch die Fortschritte bei den drei anderen Faktoren des Index – Wachstumsverzögerung bei Kindern, der Anteil der unter 5-Jährigen, die abgemagert sind, und Kindersterblichkeit – blieben hinter den international vereinbarten Zielen zurück. Der Index-Wert für 2024 liegt deshalb bei 18,3 – genauso wie im Vorjahr und nur knapp unter dem Wert von 2016 (18,8).

„Das Ziel zero Hunger bis 2030 scheint unerreichbar“, stellt die Hilfsorganisation fest. In 22 Ländern hat der Hunger dem Index zufolge seit 2016 zugenommen, und in 20 Ländern sind die Erfolge weitgehend zum Stillstand gekommen. Afrika südlich der Sahara sowie Südasien sind erneut die Regio­nen mit den höchsten Hungerraten.

„Dennoch haben einige Länder gezeigt, dass Fortschritte möglich sind. Unter anderem in Bangladesch, Mosambik, Nepal, Somalia und Togo konnten die WHI-Werte deutlich gesenkt werden, obwohl Hunger dort nach wie vor ein großes Problem darstellt“, heißt es in dem Bericht.

Krisen wie bewaffnete Konflikte, die Folgen des Klimawandels und die hohe Verschuldung überschnitten und verstärkten sich gegenseitig, so die Welt­hungerhilfe. Besonders betroffen seien davon die ärmsten Länder und Menschen. „Die Kriege im Gazastreifen und im Sudan haben zu schwerwiegenden Ernährungskrisen geführt.“ Hinzu kämen die Auswirkungen der fehlenden Geschlechter­gerechtigkeit: Frauen und Mädchen sind der Organisation zufolge am stärksten von Hunger betroffen und leiden unverhältnismäßig stark unter den Folgen des Klimawandels.

Zu wenig Entwicklungshilfe

„Es ist inakzeptabel, dass die Weltgemeinschaft ihrer Verpflichtung, den Hunger zu beenden, nicht ausreichend nachkommt“, sagte Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe. Die überwiegend reichen Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hätten im Jahr 2023 nur 0,37 Prozent des Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungshilfe ausgegeben – weit weniger als das vereinbarte Ziel von 0,7 Prozent.

„Geschlechtergerechtigkeit ist ein wichtiger Hebel, um den Hunger nachhaltig zu beseitigen“, ergänzte Mathias Mogge, Vorstandsvorsitzender der Hungerhilfe. „Regierungen müssen in Gesundheit, Bildung und ländliche Entwicklung investieren, um die bestehenden Ungleichheiten zu beseitigen und Frauen besseren Zugang zu Ressourcen und Entscheidungen zu ermöglichen.“

Die Organisation empfiehlt, das Recht auf Nahrung in Gesetzen zu verankern. Schulden­erleichterungen für arme Länder sollten an Investitionen in ebendieses Recht auf Nahrung, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und das Pariser Klimaschutzübereinkommen gebunden sein. Zudem müssten Geberländer die Entwicklungshilfe erhöhen. Wenn sie Maßnahmen zur Bewältigung akuter Krisen finanzieren, sollten sie nicht im Gegenzug ihre Langzeitinvestitionen kürzen.

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