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In Berlin gefasste RAF-TerroristinNoch ein Haftbefehl für Klette

Die ehemalige RAF-Terroristin Daniela Klette sitzt seit etwa zwei Wochen in Haft. Jetzt wurde ihr zusätzlich ein jahrealter Haftbefehl der Bundesanwaltschaft eröffnet.

Klette in Karlsruhe: In diesem Hubschrauber wurde die Ex-Terroristin wohl eingeflogen Foto: Uli Deck/dpa

Karlsruhe dpa | Die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette ist am Donnerstagmorgen nach Karlsruhe gebracht worden. Das sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden. Vor einem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs soll ihr der vor Jahren erwirkte Haftbefehl der Bundesanwaltschaft eröffnet werden. Dabei geht es um das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und versuchten Mord bei Taten Anfang der 1990er Jahre. Die Mitgliedschaft in der RAF ist nach Angaben einer Sprecherin inzwischen verjährt.

Für die Untersuchungshaft Klettes, in der sie ohnehin schon ist, ändert das erst mal nichts. Es werde Überhaft vorgemerkt, sagte die Sprecherin von Deutschlands oberster Anklagebehörde. So nennt man es, wenn jemand schon in Haft oder Untersuchungshaft ist und noch ein Haftbefehl erlassen wird. Das spielt aber erst dann eine Rolle, wenn sich an der laufenden Untersuchungshaft, erwirkt durch die Staatsanwaltschaft Verden, etwas ändern sollte.

Konkret wird Klette seitens der Bundesanwaltschaft zur Last gelegt, gemeinsam mit den noch gesuchten RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg im März 1993 einen Sprengstoffanschlag auf die im Bau befindliche Justizvollzugsanstalt Weiterstadt in Hessen verübt zu haben. Durch die Explosion war an dem Gebäude ein Schaden von rund 123 Millionen D-Mark (63 Millionen Euro) entstanden.

Klette soll darüber hinaus mit weiteren RAF-Mitgliedern versucht haben, im Februar 1990 einen Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude der Deutschen Bank in Eschborn zu verüben. Der Sprengstoff detonierte nicht, da die Zündung versagte. Zudem hatte Klette Erkenntnissen der Ermittler zufolge im Februar 1991 mit RAF-Mitgliedern mindestens 250 Schüsse auf die US-Botschaft in Bad Godesberg bei Bonn abgegeben.

Klette war Ende Februar nach mehr als 30 Jahren im Untergrund in Berlin gefasst worden. Die Staatsanwaltschaft Verden ermittelt wegen mehrerer Raubtaten gegen die 65-Jährige. Nach der Vorführung in Karlsruhe soll sie zurück nach Niedersachsen gebracht werden.

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22 Kommentare

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  • Eine Verstehen - Frage: warum das RAF - Logo als Berichterstattung für alle noch folgenden Artikel?



    Die wenigsten Leser sind noch Zeitgenossen der Entstehung dieser Vereinigung , die den Guerrilia - Krieg in die damalige Republik überhaupt verstehen können, es sei denn als Historie. Ich kann mich noch an alle Headlines der TAZ erinnern, die als kritische Sympathie einiger Kommentartoren gelten konnten. Dies war auch schon unterirdisch und fehlgeleitet. Aber was soll dieser Logo heute? Linksradikalismus - Nostalgie oder Dummheit. Mir fehlt die dahintetstehende Ironie - falls es so ist!

  • Ich frage mich ernsthaft, wie in Berlin Sozialwohnungen vergeben werden. Geht das nach Gutdünken? wird da gar nicht kontrolliert?

    • @NorbertKa:

      Wer soll das denn kontrolieren. Frau Klette hat einfach eine Wohnung von einem Vormieter übernommen. Zu dieser Zeit gab es in Berlin 240000 Sozialwohnungen. Wer soll denn die ganzen Klingelschilder abgkeichen. Und wie oft. Jährlich?

      • @Martin Sauer:

        Das wird vom Amt bezahlt, die sollten ja wohl auch kontrollieren. Zu irgendwas muss Bürokratie doch gut sein. Das sind alles Steuergelder, die allen in großem Umfang abgenommen werden, die arbeiten

  • Verfolgte unser Staat einmal derart beharrlich die alten und jungen Nazis...

    ...schön wärs!

    "Auf dem rechten Auge blind" sein hat eine lange Tradition!

    • @realnessuno:

      Die NSU Mörder hatte man nach 10 Jahren. Frau Klette hat man 30 Jahre gesucht und zwei ihrer Mittäter sind noch frei. Ja, man hat sich regelrecht überschlagen bei der Suche nach Frau Klettte.

  • Und für die Verkündung der Überhaft durfte der AS 332 L1 Super Puma mal eben mindestens vier Stunden umher hubschraubern, dabei knapp 2500l Kerosin verballern und dem Steuerzahler gut 40.000 € für den Betrieb (ohne Personal) kosten?



    Ich hege leichte Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Mittel.

    • @froschN:

      Nu. Die Personalkosten für die Crew fallen ja eh an, andererseits mußte wahrscheinlich noch ein Löschfahrzeug an den Landeplatz gekarrt werden. Was tut man nicht alles, um seine staatstragenden Bedeutung zu zeigen.

    • @froschN:

      Polizei, Hubschrauberflüge, Anwaltskosten – So teuer ist der Prozess gegen Thomas Drach



      Hier mal etwas zu den Kosten zum Prozeß gegen den Reemtsma Entführer Drach. Der ist jeden Verhandlungstag zum Gericht geflogen worden.

      www.ksta.de/koeln/...homas-drach-634439



      Nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ könnte das Mammut-Verfahren um vier Raubüberfälle den Steuerzahler bisher bereits um die 20 Millionen Euro gekostet haben.



      Köln: Eine Hundertschaft kostet ungefähr 100.000 Euro pro Tag

    • @froschN:

      Der Reemtma Entführer drach wurde zu jedem Prozeßtag mit dem Hubschrauber von der JVA zum Gericht gebracht.An jedem Prozeßtag waren 200 Polizisten im Einsatz.

      www.ksta.de/koeln/...homas-drach-634439



      Nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ könnte das Mammut-Verfahren um vier Raubüberfälle den Steuerzahler bisher bereits um die 20 Millionen Euro gekostet haben.



      Köln: Eine Hundertschaft kostet ungefähr 100.000 Euro pro Tag

  • Wenigstens wird Daniela jetzt eine ordentliche ärztliche Gesundheitsversorgung bekommen. Und zum Zahnarzt wird sie auch gehen können. Das hat sie bisher sicher nicht gehabt. Auch kann sie wieder ihre Verwandten kontaktieren. Und Ihre Zeit läuft jetzt rückwärts. Will heissen, auch sie kommt irgendwann mal wieder raus. Burkhard und Ernst-Volker haben das noch vor sich.

    • @Rolf B.:

      Ja, das Ganze hat eben auch eine bittere Note.

      Ich werfe mal einen provokanten Stein ins Wasser, in Sachen RAF:

      "Denn bei aller Kritik an ihrer zuweilen komplett falschen Theorie und Praxis hat die RAF zumindest daran erinnert, dass Menschen um ihre Befreiung kämpfen können. Sie lieferte einen Gegenentwurf zum »Marsch durch die Institutionen«, dem vermeintlich feindlichen Mitmachen der Achtundsechziger – und später der Grünen – und deren stiller und feiger Kapitulation.

      Sie erinnerte an die unvollendete Revolte und widersprach der zentralen Legitimationsbehauptung der kapitalistischen Gesellschaft, es gebe keine Alternative. Genau diese behauptete Alternativlosigkeit, die die Verhältnisse mit der Unentrinnbarkeit der Schwerkraft in eins setzt und diese Verhältnisse als ein nicht aufhebbares Naturgesetz denkt, dem sich der Mensch zu unterwerfen habe. So stirbt auch die Idee einer befreiten Gesellschaft. Angesichts der Schwäche der radikalen Linken und ihrer Kritik besteht derzeit ihre wichtigste Aufgabe darin, die Idee der menschlichen Emanzipation am Leben zu halten."

      jungle.world/artik...-bauchrednerpuppen

      • @Jim Hawkins:

        "So stirbt auch die Idee einer befreiten Gesellschaft."

        Nicht von ungefähr hat man sich wohl mit "Rote Arme" einen Namen gegeben, der an die stalinistische Sowjetarmee anknüpfte.

        Die Gesellschaft wollte sich von den paternalistischen Gesellschaftsbefreiern nicht befreien lassen. Eine "Idee einer befreiten Gesellschaft", die auf Zwang, Gewalt und Mord beruht, war einen Dreck wert.

        Es war daher mitnichten eine "stille feige Kapitulation" den die Positionen der Grünen darstellten, sondern eine folgerichtige entschiedene Ablehnung des brutalen Revolutionsschrotts der RAF.

      • @Jim Hawkins:

        „… widersprach der zentralen Legitimationsbehauptung der kapitalistischen Gesellschaft, es gebe keine Alternative.“

        Ich würde gerne wissen wie die Alternative heisst.

        • @Rolf B.:

          Gute Frage.

          Ehrlich gesagt weiß ich darauf keine richtige Antwort mehr.

          Früher hätte ich gesagt, eine freie Assoziation von Individuen, die keine Waren produzieren und dadurch die zerstörerische Kapitalverwertung außer Kraft setzen.

          Eben mittags fischen, abends dichten, ohne Fischer oder Dichter zu sein.

          Heute denke ich, die zentralen Aufgaben wären der Kampf gegen den aufziehenden Faschismus und die Verteidigung sozialer Errungenschaften.

          Selbst das läuft nur so la la.

          Denn die postkoloniale, identitätspolitische Linke droht die ganze Linke in ihren antisemitischen, dystopischen, irrationalen Wahn zu ziehen.

          Scheiss Zeiten.

          • @Jim Hawkins:

            Bergen Belsen wurde nicht von der Linken befreit.

            Soll heißen, es ist bedeutungslos, was eine verschwindend kleiner Teil der Linken für Positionen bezieht, gegen Faschismus stehen unendlich viel mehr Menschen in den demokratischen Staaten parat.

          • @Jim Hawkins:

            "Denn die postkoloniale, identitätspolitische Linke droht die ganze Linke in ihren antisemitischen, dystopischen, irrationalen Wahn zu ziehen". Ich kenne solche Leute und das sind nicht alles Antisemiten. Man sollte noch differenzieren können. Ansonsten verhält man sich nicht weniger dystopisch und irrational.

            • @Andreas J:

              Ich kenne keine, deshalb bekomme ich nur die Schreihälse mit, die sich jeder Debatte verweigern und andere nur nieder brüllen.

              Wäre schön, wenn sich die gemäßigten Post-Kolonialen sich öffentlich irgendwie zu diesen durchgedrehten, antiwestlichen Hamas-Fans verhalten würden.

              Vielleicht haben Sie da entsprechende Äußerungen oder Texte?

              • @Jim Hawkins:

                Leider habe ich da keine Texte. Ich bin in einer Migrantischen afrikanischen Selbstorganisation Tätig und habe durch Projekte immer mal wieder mit Leuten die sich mit den Themen beschäftigen zu tun. Ich selbst bin sehr Israelkritisch und sehe das auch unter den Aspekten Kolonialismus und Apartheid, lehne aber jede Form von Antisemitismus ab und stelle nicht das Existenzrecht Israels in Frage. Die Hamas ist eine Terrororganisation. Einige Leute mit denen ich mich unterhalten haben Ansichten wie ich. Mit anderen hatte ich richtig Stress, weil ich auch nicht meine Klappe halte wenn Antisemitismus, den ich genauso ablehne wie Rassismus, höre. Bei Black Lives Matter waren es auch einige wenige Schreihälse mit teilweise extremen Ansichten die öffentliche Diskussion bestimmten. Da bin ich als Weißer alter Heteromann auch zwischen die Räder geraten. Aber die sind keine homogene Masse. Mit den aller meisten schwarzen Menschen komme ich gut klar. Worum es mir geht ist klare Kritik an der Sache aber nicht zu verallgemeinern.

                • @Andreas J:

                  Alles klar. Wir sind uns zwar nicht einig, aber immerhin ist ein Diskurs möglich.

                  Leider habe ich das oft genug anders erlebt. Und ich finde es erbärmlich für die Linke, wie wenig antisemitischen Äußerungen und Attacken entgegengetreten wird.

                  Jedenfalls, ein schönes Wochenende noch!

                  • @Jim Hawkins:

                    Ihnen auch ein schönes Wochenende.

    • @Rolf B.:

      Genau aus den von Ihnen benannten Gründen hätte ich mich an ihrer Stelle schon vor 10 Jahren gestellt - und natürlich hätte ich zuvor noch das jetzt vorgefundene Waffenarsenal beseitigt.