Impfungen gegen Corona: Debatte über Impf-Priorisierung
Hunderttausende Impfdosen, vor allem von AstraZeneca, bleiben derzeit in Deutschland ungenutzt. Nun wird die Lockerung der Impfreihenfolge gefordert.
![Verabreichung einer Impfdosis Verabreichung einer Impfdosis](https://taz.de/picture/4708815/14/26902157-1.jpeg)
Dafür gibt es mehrere Gründe: Erstens wird bisher ein großer Teil aller Impfstoffe für die später notwendigen Zweitimpfungen zurückgehalten. Zweitens verzichten einige impfberechtigte Personen offenbar auf eine Impfung mit AstraZeneca, weil die Wirksamkeit nicht ganz so gut ist wie beim Konkurrenzprodukt von Biontech. Drittens ist AstraZeneca in Deutschland bisher nur für Personen unter 65 Jahren zugelassen. In der Prioritätsgruppe 1, die als erste geimpft werden durfte, befinden sich aber vor allem Ältere. Die Impfungen von Gruppe 2 laufen erst jetzt nach und nach an.
Wie es schneller gehen könnte? Einen weitreichenden Vorschlag machte am Wochenende der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Der Bild am Sonntag sagte der CSU-Chef: „Bevor er [der Impfstoff] liegen bleibt, impfen, wer will.“ Söder schlägt vor, dafür die Impfreihenfolge bundesweit zu lockern. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) forderte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ebenfalls, die „Priorisierung für AstraZeneca“ zügig aufzuheben.
Zahl der Neuinfektionen steigt weiter
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte dagegen: „Söders Vorschlag ‚Astra für alle‘ ist falsch.“ Er forderte, den Impfstoff stattdessen auch für über 65-Jährige freizugeben. Dass das bisher nicht der Fall ist, liegt an der Empfehlung der Ständigen Impfkommission, derzufolge bislang nicht genügend Daten darüber vorliegen, ob der Impfstoff auch für Ältere geeignet ist. Die Kommission hat allerdings bereits angekündigt, ihre Empfehlung rasch zu ändern.
Lauterbach schlug außerdem vor, angesichts der drohenden dritten Welle bei allen Impfstoffen die Erstimpfungen vorzuschieben und keine Dosen mehr für später zurückzulegen. „Die Erstimpfung verhindert mehr als 80 Prozent der Krankenhauseinweisungen“, sagte er.
Denkbar wäre zudem, die Impfreihenfolge zu lockern, ohne sie, wie von Söder gefordert, gleich ganz aufzuheben. So könnte AstraZeneca zum Beispiel bundesweit schon jetzt für die dritte Prioritätsgruppe freigegeben werden, zu der unter anderem Menschen ab 60 Jahren und Supermarktpersonal gehören.
Während die Debatte läuft, steigt die Zahl der Coronaneuinfektionen weiter. Der 7-Tage-Mittelwert lag mit 7.938 Personen am Sonntag um 10 Prozent höher als vor einer Woche. Der Mittelwert bei den Todesfällen pro Tag sank dagegen um 25 Prozent auf 313. Dieser Rückgang könnte eine Folge der erfolgreichen Impfungen bei den Ältesten sein.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche