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Impeachment-Verfahren gegen TrumpZu wenig Show

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Die erste öffentliche Anhörung im Impeachment-Verfahren gegen Trump könnte eine Wende bringen. Warum trotzdem wenig hängen bleibt von der Debatte.

Trump ist nur an der eigenen Wiederwahl interessiert – ob ihm das schadet? Foto: Patrick Semansky/ap

I n den 243 Jahren, seit es die USA gibt, hat es nur vier Impeachment-Verfahren gegen Präsidenten gegeben. Das macht den Beginn der öffentlichen Verhandlungen im US-Repräsentantenhaus über Donald Trump zu einem historischen Ereignis. Auch die Erfahrung mit dem Verfahren gegen Richard Nixon, bei dem ein zuvor populärer Präsident die Unterstützung verlor, deutet darauf hin, dass, was am Mittwoch in Washington begonnen hat, eine radikale Wende bringen könnte.

Doch trotz dieses Potenzials, trotz der Zuschaltung fast aller großen Fernsehsender und trotz der Kompetenz und Integrität der beiden ersten Zeugen plätscherte der erste Fernsehtag im Impeachment-Verfahren mehr, als dass er knallte. Dabei lieferten die beiden Karrierediplomaten jede Menge seltene Einblicke in die außenpolitischen Machenschaften der Trump-Regierung.

Sie brachten Informationen darüber, wie die politische Spitze in Washington über das europäische Land mit der längsten Grenze zu Russland diskutiert; sie beschrieben den Aufbau undurchsichtiger Kanäle, in denen Leute im privaten Dienst von Donald Trump eine parallele Außenpolitik betreiben, für die sie den demokratischen Institutionen der USA keine Rechenschaft schuldig sind. Und William Taylor lieferte sogar noch einen „Scoop“, indem er ein Telefonat des EU-Botschafters der USA beschrieb, bei dem herauskam, dass Trump sich mehr für seine Wiederwahl im Jahr 2020 interessiert als für die Ukraine.

Warum wird dennoch wenig vom ersten öffentlichen Impeachment-Tag hängen bleiben? Das hat viele Gründe: Einer davon ist der Showeffekt. Ein Impeachment braucht gutes Theater – schließlich gilt es die öffentliche Stimmung zu verändern. Die Demokraten haben es nicht geschafft, am Mittwoch gute Bilder, zitierfähige Sätze und einprägsame Geschichten zu produzieren. Was im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses verhandelt wurde, war kompliziert und trocken.

Trump, der einstige Außenseiter, hat die Republikanische Partei komplett auf Linie gezwungen.

Ein anderer Faktor ist Ermüdung. Die US-Öffentlichkeit ist seit dem Amtsantritt von Trump mit beinahe täglichen Verletzungen demokratischer und rechtsstaatlicher Regeln konfrontiert. Sie hat fast zwei Jahre lang die Arbeit von Sonderermittler Robert Mueller verfolgt, der die Machenschaften Russlands in Trumps Wahlkampf untersucht hat und dessen Arbeit letztlich im Sande verlief.

Ein weiterer Faktor ist der blinde Parteigehorsam, der bei den RepublikanerInnen an die Stelle von eigenständigem Denken getreten ist. Trump, der einstige Außenseiter, hat die Republikanische Partei komplett auf Linie gezwungen. Im Jahr 2019 ist in ihrem Innern kein Platz mehr für kritisches Denken oder Fragen, und die parteiinternen Kritiker des Präsidenten sind entweder tot oder ihrer Ämter verlustig gegangen. Im Ausschuss hatten die Republikaner wenig mehr zu bieten als die Wiederholung von aggressiven Slogans und Sabotagehaltungen, die Trump ohnehin täglich vorexerziert.

Der schwerwiegendste Faktor ist die Verrohung der politischen Debatte in den USA . Schon lange vor Trump war das Interesse an internationalen Ereignissen und an Außenpolitik minimal. Es beschränkte sich in vielen Fällen auf die Punkte des Planeten, an denen die USA gerade Krieg führten. Doch Trump hat aus dieser Nabelschau eine Doktrin gemacht. Er hat mit dem nationalistischen Slogan „Amerika zuerst“ begonnen. Hat dann immer neue multilaterale Abkommen, Zusammenarbeiten und Institutionen aufgekündigt. Und hat im Fall der Erpressungsversuche gegen die ukrainische Spitze vorgeführt, dass ihn Außenpolitik allenfalls dann interessiert, wenn er sie für seine heimischen Interessen nutzen kann.

Dieses ostentative Desinteresse an internationaler Zusammenarbeit rächt sich jetzt in der Ukraine. Es sorgt dafür, dass ein Teil der US-Öffentlichkeit und die Republikanische Partei selbst dann die Schultern zuckt, wenn private Geschäftsleute mit mafiösen Interessen die Außenpolitik der USA bestimmen und wenn der Präsident die Hilfe des Militärs nutzt, um seinen eigenen Wahlkampf zu befördern.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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8 Kommentare

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  • Ich hab gestern Abend nach langer Zeit mal wieder normales Fernsehen geschaut. Beim Zappen bin ich zufällig in die Live Übertragung geraten. Mein erster Eindruck war, dass es viel zu ruhig und gesittet zuging. Dachte spontan, dass ich mehr Schmackes bei den Amis erwartet hätte. Nach kurzer Zeit war es mir langweilig und ich hab dann lieber Scrubs geschaut.

  • Als ob irgend jemanden aus der Arbeiterklasse der USA interessiert, dass Trump da den Präsidenten der Ukraine schmieren wollte! Die Demokraten haben seit den 90iger Jahren kein Interesse mehr an der Situation der Gewerkschaften und der Arbeiter. Aber genau die Arbeiter aus dem "Rostgürtel" der USA, die dann als die "Vergessenen" auftauchten, sind doch u.a. die Wähler von Trump und die werden nicht satt von einem Impeachment. Auch die Sozialhilfe wird dadurch nicht höher oder neue Jobs fallen dadurch auch nicht vom Himmel. Zudem scheint doch das Klima zwischen "republikanern" und "Demokraten" so vergiftet zu sein, dass die meistne der Trump-Wähler dem zu dem Ukraine-Plot gratulieren werden, egel was die Verfassung dazu sagt. Es ist ein Zeichen für die ungeheure Blase, in der die Demokraten leben, dass sie glauben, so Wähler gewinnen zu können.



    Ich selber schaue da auch mit Belustigung und tiefer Distanz zu. Wie sagte schon Lenin: wenn zwei Sklavenhalter sich streiten, halten wir uns raus.

    • @Der bürgerliche Anstand:

      Lenin und das von ihm geschaffene System haben Millionen von Menschen in Sklaverei gehalten und zur Arbeit gezwungen (und dabei nebenbei Millionen ermordet).

      Wenn sich also 2 Sklavenhalter unterhalten ist Lenin um nix besser.

      Es ist mir unbegreiflich wie man 2019 immer noch so kindlich naiv Lenin zitieren kann.

    • @Der bürgerliche Anstand:

      Sehr gut beschrieben. Stimme ihnen weitgehend zu.

      "....dass Trump da den Präsidenten der Ukraine schmieren wollte!"

      Nicht ganz richtig. Es geht nicht um Bestechung, sondern um ein "quid pro quo": Trump soll Militärhilfe verweigert haben, da die Ukraine nicht gegen Biden ermitteln wollte. Hier gibt es nur 2 Probleme. Nr1.: Ist schlicht nicht passiert. Weder wurde die Hilfe verweigert noch gab es eine Untersuchung gegen Biden. Nr2.: Ausgerechnet Joe Biden tat aber genau das. Er verweigerte zugesagte Hilfe, sollte die Ukraine nicht den Staatsanwalt feuern, der gegen die Firma ermittelte, in der Bidens Sohn im Aufsichtsrat saß. Dies wird nun unweigerlich ans Licht kommen.

      "Es ist ein Zeichen für die ungeheure Blase, in der die Demokraten leben, dass sie glauben, so Wähler gewinnen zu können."

      Es ist sogar schlimmer. Mittlerweile sind bis zu 25% der Zuschauer bei Trumps Wahlkampfveranstaltungen Demokraten. D.h., wärend diese ihren Impeachmentzirkus vorantreiben laufen deren Wähler zu Trump über.

      • @Tobias Schmidt:

        "...wärend diese ihren Impeachmentzirkus vorantreiben laufen deren Wähler zu Trump über."

        Hier wird der Grundrentenzirkus vorangetrieben und wird der SPD auch nicht helfen. Reförmchen, die medial und nach innen von der Partei zur Riesenreform aufgeblasen werden, dabei nur sehr wenigen nützen, treiben auch nur Wähler zur AFD rüber.

        Der politische Wille zur Integration der Arbeiterklasse scheint hüben wie drüben nicht da zu sein. In der globalisierten Welt ist halt kein Platz mehr für Keynesianismus und verwandte Antworten ... und so überlässt man dann relevante Teile der Bevölkerung Trump und der AFD.

  • Richtig Frau Hahn; es ist alles vollkommen normal geworden was da gesprochen wurde.



    Es rächt sich, dass alles immer ein Skandal war, eine Empörung wert. Die Schwelle dafür wird aber immer höher. Nun ist sie so hoch diese Reizschwelle nicht mehr erreicht wird.



    Ein Lügner, Betrüger Egomane als Präsident! Naja: Börse läuft, Arbeitsplätze sind da, KLimawandel findet nicht statt... So what?

    • @Tom Farmer:

      Ja diese blöde Vollbeschäftigung und die steigenden Löhne. Da könnten diese blöden Wähler doch zum zweiten mal in genügend Bundesstaaten wieder diesen Pöbler wählen, statt diesen ehrlichen Biden mit seinem 25.000 Dollar im Monat vom Oligarchensohn. Und so ein Klimaleugner ist ja auch viel schlimmer wie die nichtklimaleugnende Frau Merkelö, die die Energiewende komplett ausgebremst hat. Die nach der deutschen Solarindustrie per Dumping-Zulassung mit ihren Spiesgesellen jetzt noch die Windkraftindustrie zerstört, die Bahngelder in Stuttgart 21 versenken lässt... Leute wie Scheuer und Altmeier und Merkel reden viel schöner als Trump, das ist ja das wichtigste.

  • Trump kommt aus der Wirtschaft. Da ist es nicht nur üblich, ausschließlich an den eigenen Profit zu denken, sondern auch überlebenswichtig wer sich zu sehr um seine Konkurrenten sorgt, wird nie Marktführer.

    Mit der permanenten Fernseh- und Internet-Werbung ist dieses Denken in die Köpfe fast aller Amerikaner dermaßen tief eingesickert, dass es als völlig normal gilt, wenn auch Politiker so ticken. Politik und Wirtschaft sind ja angeblich schon lange eins in den USA. Die allgegenwärtigen Lobbys jedenfalls haben die Politiker schon längst konditioniert auf ihre Glocke.

    Nicht nur die Republikaner finden inzwischen nicht Negatives mehr an einem Präsidenten, der ausschließlich an seine Wiederwahl denkt. Auch die Demokraten denken an die Ukraine zu allerletzte bei diesem Verfahren. Sie denken an die eigene Niederlage, die sich zu wiederholen droht. Würden sie allerdings noch mehr „Theater“ veranstalten, als sie ohnehin schon aufführen im Namen fremder Interessen, würden sie sich noch unglaubwürdiger machen als ohnehin schon.

    Viele Amerikaner würden dann womöglich nicht nur gelangweilt reagieren, sondern (völlig zu recht) erbost. Niemand lässt sich gerne für dumm verkaufen. Schon gar nicht, wenn ausschließlich solche Leute was davon haben, die ihn nachher rumkommandieren.

    In sofern könnte dieses Verfahren, das so wenige Amerikaner interessiert, tatsächlich eine Wende bringen. Allerdings eine zu Ungunsten der Demokraten. Aber rechtfertigen würde sich dann ganz sicher niemand für den strategischen Fehler. Er würde nämlich niemandem wie einer vorkommen.

    Von wegen: „Scoop“! „Hund beißt Briefträger“ ist Gar keine Nachricht. Außer natürlich für den jeweils akut betroffenen Postboten.