Immobiliengerangel in Hamburger Park: Terrassen in Seenot
Seit Längerem steht das „Café Seeterrassen“ leer. Die Hamburg Messe will den Pavillon in Planten un Blomen abreißen. Darüber gibt es Streit.
Eigentümerin des Flachdachpavillons ist die Hamburg Messe und Congress GmbH – und die will ihn abreißen. „Es macht wirtschaftlich keinen Sinn, dieses Gebäude zu sanieren“, sagte Messe-Geschäftsführer Bernd Aufderheide Anfang Juli dem Hamburger Abendblatt. An anderer Stelle bezifferte er die Kosten einer Sanierung aufs Doppelte eines Neubaus. Gegenüber dem TV-Sender Hamburg 1 sprach er von einem „temporären Gebäude“ und einer geplanten „Lebensdauer von zehn Jahren“.
Dem widerspricht Claas Gefroi, Initiator einer Online-Petition für den Erhalt des „Café Seeterrassen“, der sich bis Donnerstagnachmittag rund 2.100 Menschen angeschlossen hatten. „Überaus bedauerlich“ nennt es der freie Architekturjournalist und -kritiker, „dass die Stadt, die über ihre Gesellschaften immer Besitzerin des Gebäudes war, es so lange verkommen ließ, dass es nun stark sanierungsbedürftig ist“.
Der Pavillon sei „ein architektonisches Schmuckstück“, sagt Gefroi. Er sorgt sich, dass ein etwaiger Neubau vorrangig der Messe offen stehen könnte, aber nicht allen Bürger*innen.
... wurde errichtet anlässlich der Internationalen Gartenbauausstellung 1953.
Entworfen hat ihn der Architekt Ferdinand Streb (1907–1970), der unter anderem auch Teile der Grindelhochhäuser, den Alsterpavillon und die Hamburger Zentrale des Axel Springer Verlages verantwortet.
An gleicher Stelle stand seit 1935 eine (pseudo-)niederdeutsche Bauernschänke mit Reetdach – Teil der nationalsozialistischen „Niederdeutschen Gartenschau“.
Nach mehreren „Überformungen“ steht das Gebäude nicht unter Denkmalschutz.
Nun war das „Seeterrassen“ schon seit Längerem vor allem eine Event-Location. Das soll sich allen Verlautbarungen nach ändern – ob saniert oder in einem Neubau. Auf taz-Nachfrage erklärte die Hamburg Messe am Donnerstag: „Was immer dort entstehen sollte, soll den Hamburgerinnen und Hamburgern zugänglich sein.“
Auch der Bezirksamtsleiter Mitte, der Sozialdemokrat Falko Droßmann, hat sich für „hochwertige Gastronomie“ ausgesprochen, in die Hamburger*innen und Tourist*innen ganzjährig einkehren könnten – aber zugleich darüber sinniert, ob nicht die benachbarte Bucerius Law School die Räume mitnutzen könnte. Vorerst letzte Entwicklung: Das Abendblatt zitierte Michael Göring, den Vorstandsvorsitzenden der Zeit-Stiftung, der Trägerin der Hochschule, dahingehend, man sei mit der Messe im Gespräch.
Auf taz-Nachfrage stellt sich die Sache anders dar: Es gebe, so sagt es Göring, seitens der Stiftung „keine konkreten Überlegungen das Café Seeterrassen beziehungsweise einen dort eventuell entstehenden Neubau betreffend“. Mit Aufderheide sei er Ende August zu einem Gespräch verabredet.
Und: „Es ist im Interesse der Zeit-Stiftung, dass so ein schöner Ort wiederbelebt wird.“ Sollte die Hamburg Messe irgendwann „Veranstaltungsräume zu vermieten haben, wären wir möglicherweise daran interessiert, sie zu einzelnen Anlässen anzumieten“.
Eine Anfrage zum Zustand und der Zukunft des Café Seeterrassen hat am Mittwoch die CDU an den Senat gerichtet – mit stolzen 21 Punkten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein