Immer mehr Länder regulieren den Müll: Kongo verbietet Plastiktüten
Kostenlose Plastiktüten sind künftig auch im Kongo verboten. SPD-Politiker Leinen sprach von einem "Krebsgeschwür, das nicht weiter wuchern darf".
BERLIN taz | In der Republik Kongo dürfen künftig keine Plastiktüten mehr verwendet werden. Zu oft verstopfen sie Abflüsse, verursachen so Überschwemmungen und Erdrutsche.
Dies gilt auch in Ruanda, Bangladesch und anderen Ländern. Der Inselstaat Taiwan verbietet nicht nur Plastikbeutel, sondern auch die Ausgabe von Wegwerfbesteck in Fast-Food-Restaurants, weil es keinen Platz für weitere Mülldeponien mehr gibt.
In China müssen Supermarktkunden hingegen schon seit 2008 für Plastiktüten bezahlen. Seitdem seien jedes Jahr 24 Milliarden Tüten weniger über die Theke gegangen, so die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. Vorher waren es circa 3 Milliarden pro Tag - eine Billion Plastiktüten jährlich.
500 Plastiktüten im Jahr
Auch in der EU kommen gewaltige Mengen an Einwegtüten zusammen. Der durchschnittliche Verbraucher benutzt jedes Jahr 500 solcher Tragetaschen, jede meist nur ein einziges Mal. Zwar sind viele europäische Länder eher in der Lage, den anfallenden Müll zumindest teilweise wiederzuverwerten oder zu entsorgen. Dennoch belasten auch hier zu viele Tüten auf Jahrzehnte hinaus die Umwelt, weil offene Deponien sie nicht halten können oder sie nicht in Mülltonnen geworfen werden. In den Staaten der Europäischen Union wird nur ein Fünftel des Plastikabfalls recycelt.
Bislang gibt es trotzdem nur Einzelinitiativen. So besteuert Irland Plastiktüten mit 22 Cent pro Tüte und konnte den Jahresverbrauch damit drastisch reduzieren, von 328 auf 21 Stück pro Einwohner. In Frankreich und Italien sind herkömmliche Kunststofftaschen seit Kurzem verboten. Eine einheitliche Regelung auf EU-Ebene fehlt bislang, es wurde nur eine Onlinebefragung zum Thema gestartet. Nach Auswertung der Ergebnisse könnte ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet werden.
Verbot laut Jo Leinen (SPD) unwahrscheinlich
Der Vorsitzende des EU-Umweltausschusses, Jo Leinen (SPD), erklärte, die Politik habe sich bislang eher auf die Beseitigung von Müll als auf seine Vermeidung konzentriert. Ein Verbot der Tüten ist laut Leinen zwar unwahrscheinlich. Doch auch durch ein Pfand oder eine Umweltgebühr könne man die Anzahl deutlich senken. "Wir dürfen den Verbrauch von Plastiktüten nicht weiter wuchern lassen. Das ist ein Krebsgeschwür", warnte der Umweltpolitiker.
Bisher hätten sich biologisch abbaubare Verpackungen wegen des Widerstandes der Industrie nicht durchgesetzt. Solche Materialien brauche man aber. "Wir müssen von der Chemie zur Biologie übergehen", sagte Leinen.
Auch Grüne für Tütengebühr
Die Europaabgeordnete der Grünen Rebecca Harms sprach sich ebenfalls für eine hohe Gebühr für Tüten aus. Außerdem müssten Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und unter natürlichen Bedingungen kompostierbar sein.
Als "abbaubar" angebotene Tüten können oft nur in Industrieanlagen vollständig zersetzt werden. In der Natur oder im Wasser dauert dieser Prozess jahrzehntelang. Außerdem werden sie oft aus US-amerikanischem Genmais hergestellt, wie Günter Dehoust vom Freiburger Öko-Institut erklärt. Aus seiner Sicht helfe vorerst nur Vermeidung und Wiederverwertung von Kunststoffen.
Plastiktüten landen oft im Meer, wo sie marines Leben schädigen. Sie werden nicht abgebaut, nur zerrieben. So gelangen die oft mit Giftstoffen angereicherten Plastikpartikel in die Nahrungskette und am Ende auf unseren Teller. Allein im Mittelmeer haben sich 250 Milliarden Kleinstteilchen - oder 500 Tonnen an Plastikmüll - angesammelt, wie eine Expedition europäischer ForscherInnen herausfand. Auch die Ostsee ist betroffen.
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