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Im Koma liegender Kremlkritiker NawalnyIn Berliner Charité eingeliefert

Alexej Nawalnys Zustand soll während des Transports und bei der Ankunft in Tegel stabil gewesen sein. Die Klinik wird sich erst nach Untersuchungen äußern.

Ankunft in der Berliner Charité: Nawalny wurde in einer Spezialtrage transportiert Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin rtr | Der im Koma liegende russische Oppositionelle Alexej Nawalny ist am Samstag, 22. August, in die Berliner Charité eingeliefert worden. Ein von mehreren Polizei-Fahrzeugen begleiteter Rettungswagen brachte ihn am Vormittag vom Flughafen Tegel zu der Universitätsklinik, wo er nun behandelt wird.

Ein von der Organisation „Cinema for Peace“ organisiertes Rettungsflugzeug mit deutschen Ärzten hatte den 44-Jährigen von einer Klinik im sibirischen Omsk nach Deutschland geflogen. Der Zustand von Nawalny während des Fluges und nach der Landung sei stabil gewesen, sagte der Filmproduzent und Gründer der Organisation, Jaka Bizilj, zu „Bild“. Die Charité erklärte, nach Abschluss der Untersuchungen und nach Rücksprache mit der Familie würden sich die behandelnden Ärzte zu der Erkrankung und weiteren Behandlungsschritten äußern. Die Untersuchungen würden aber einige Zeit in Anspruch nehmen.

Nawalny war am Donnerstag auf einem Inlandsflug in Russland zusammengebrochen und lag seither in der Klinik in Omsk im Koma. Seine Unterstützer gehen davon aus, dass auf den prominenten Kreml-Kritiker ein Anschlag mit vergiftetem Tee verübt wurde. Die russischen Ärzte erklärten indes, Nawalny leide an einer Stoffwechselerkrankung, und bezeichneten ihn zunächst als nicht transportfähig. Nawalny gehört zu den prominentesten Kritikern von Präsident Wladimir Putin. In den vergangenen Jahren prangerte er beständig Korruption an und war als Organisator von Protesten gegen die Regierung wiederholt in Haft.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich bestürzt von den Vorkommnissen gezeigt und Aufklärung gefordert. Nawalnys Zustand sei besorgniserregend. Es müsse geklärt werden, wie es dazu gekommen sei. „Darauf werden wir bestehen“, hatte Merkel am Donnerstag gesagt.

Die russische Regierung hat in der Vergangenheit wiederholt Vorwürfe zurückgewiesen, sie lasse unliebsame Personen mit Gift aus dem Weg schaffen. Diesen Verdacht hatte es unter anderem nach dem Tod des russischen Ex-Spions und Regierungskritikers Alexander Litwinenko gegeben, der 2006 in London an einer Vergiftung durch Polonium in seinem Tee starb. Auch der Angriff mit Nervengift auf den früheren Doppelagenten Sergej Skripal 2018 im britischen Salisbury gehört dazu.

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11 Kommentare

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  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Der Oppositionelle Alexej Nawalny soll vor seiner mutmaßlichen Vergiftung von den russischen Behörden überwacht worden sein. In einem Artikel in der Moskauer Boulevardzeitung Moskowski Komsomolez werden alle Bewegungen Nawalnys bei seiner Reise durch Sibirien beschrieben.

    "Das Ausmaß der Überwachung überrascht mich überhaupt nicht, wir waren uns dessen bereits bewusst", schreibt seine Sprecherin Kira Jarmysch auf Twitter. "Aber es ist erstaunlich, dass sie nicht gezögert haben, allen davon zu erzählen."

    www.zeit.de/politi...tik-wladimir-putin

  • Der Text der Erklärung ist vermutlich schon fertig.

  • "Die Klinik wird sich erst nach Untersuchungen äußern."



    Das nenne ich klug.



    Doch was hilft´s? Die Ursachen sind doch medial längst verkündet: Vergiftung.



    Die Schuldigen benannt: Putin.



    Was interessieren da Untersuchungsergebnisse von Ärzten? Ach so, ja, sind ja deutsche. Die Ergebnisse russischer Kollegen sind natürlich wertlos, weil Russen und damit automatisch Putins Knechte. Das erklärt auch sofort die Verzögerung im Transport nach Deutschland. Nicht Sorge um den Patienten, nein, Vertuschung. Herrjemine! Was für eine Posse.



    (Vorsicht, kann Spuren von Sarkasmus enthalten)

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @Trabantus:

      1.. Im Februar 2015 wurde Boris Nemzow in auf der Moskwa-Brücke gegenüber dem Kreml erschossen.

      2..Alexander Litwinenko wurde 2006 in London radioaktiv vergiftet - und starb. Der Forscher, der bei Litwinenko die Polonium-Vergiftung feststellte, starb durch Mord 2014.

      3..1978 wurde der bulgarische Dissident und BBC-Journalist Georgi Markov in London ermordet. An einer Bushaltestelle wurde er mit der Spitze eines Regenschirms in den Rücken gestoßen - diese war mit dem tödlichen Gift Ricin verseucht.

      4..Der russische Unternehmer Alexander Perepilichnyy starb 2012 im britischen Weybridge unter mysteriösen Umständen. Perepilichnyy half Ermittlern bei der Aufdeckung eines Geldwäschesystems, das von korrupten russischen Offiziellen und Kriminellen betrieben wurde. Er kollabierte, während er joggen war – zunächst ging man von einem Herzinfarkt aus. Nach seinem Tod fand man Spuren einer giftigen Pflanze in seinem Magen. Diese Pflanze wird laut dem britischen Guardian von russischen sowie chinesischen Auftragskillern genutzt.

      5..Anfang März 2018 ging Skripal mit seiner Tochter spazieren, als beide auf einer Parkbank zusammenbrachen. Auch ein zu Hilfe eilender Polizist musste umgehend ins Krankenhaus gebracht werden. Noch in der gleichen Woche sprach die Londoner Polizei von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok, ein Gift, das in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts in sowjetischen Labors entwickelt wurde.

      www.sueddeutsche.d...lle-gift-1.5005085

      Dieser Kommentar enthält keinen Sarkasmus aber als Ausgleich jede Menge Gift und Blei. Ansonsten braucht es mittlerweile die Fülle von diversen Aktenordnern um Putins Morde allein in Europa und in Berlin zu beschreiben.

      • @06438 (Profil gelöscht):

        Und was bringt diese Aufzählung an Fakten zum aktuellen Fall Navalny?

        • 0G
          06438 (Profil gelöscht)
          @Trabantus:

          Einen Hinweis darauf, das Putin

          a. entweder die politische und vor allem eine rechtsstaatliche Entwicklung der russischen Förderation nicht mehr im Griff hat - und er zu schwach ist, um sich durchzusetzen - und in diesem Fall wäre sein Anspruch bis maximal 2036 im Amt zu bleiben die Garantie für weiteres russisches Chaos - sprich Morde.

          b. oder aber als gelernter Geheimdienstprovokateur, seine Ausbildung und Lehre hat er in Dresden absolviert, greift er tief in die russische Trickkiste des Stalinismus um mit hinterhältigen Mordanschlägen Politik zu betreiben.

          Ansonsten - die Aufzählung ist alles andere als vollständig.

        • @Trabantus:

          Um einen Anfangsverdacht im Fall Nawalny zu begründen reicht die Aufzählung allemal.

          • @mats:

            Verdächtigungen haben mit Fakten nichts zu tun. Siehe Massenvernichtungsmittel im Irak. Dort dienten die "Schlussfolgerungen" aus vorherigen Indizienketten dazu, einen Krieg auszulösen, an dessen Folgen wir noch lange kranken werden. Also mehr Fakten, weniger Spekulationen. Die dienen dazu, Denken einzuengen, Menschen zu manipulieren und deren Handlungen zielgerichtet zu instrumentalisieren.

            • @Trabantus:

              Fakten stehen idealerweise am Ende einer Ermittlung, um die Ermittlung zu begründen reicht der Anfangsverdacht. Überführte Mörder sollten sich zudem nicht beschweren, wenn sie weiterer Taten desselben Schemas verdächtigt werden.

              "Die dienen dazu, Denken einzuengen, Menschen zu manipulieren und deren Handlungen zielgerichtet zu instrumentalisieren."

              Es ist jedenfalls reine Spekulation anzunehmen, eine unschuldige Regierung in Moskau würde gezielt von westlichen Medien demontiert, indem ihm Verbrechen angedichtet würden. Kein einziges Faktum ist erwiesen, um diese Behauptung zu stützen. Wer also hat ein Interesse an Manipulation und Instrumentalisierung mithilfe dieser Spekulation?

            • @Trabantus:

              Hier ein paar Fakten zu Vergiftungen in Putins Russland oder angeordnet von Kreml im Ausland:

              1) Auf die oppositionelle Journalistin Anna Politkowskaja wurde, bevor sie erschossen wurde, ein Giftanschlag verübt. Sie lag zeitweilig im Koma.



              2) Der investigative Journalist Juri Schekotschichin starb plötzlich und unerwartet an einem "allergischen Anfall". Sein Arbeitgeber die "Nowaja Gaseta", wichtigste Oppositionelle Zeitung des Landes, ist von einer Vergiftung überzeugt.



              3) auf Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa wurde zwei Mal ein Giftanschlag verübt. Symptome wie bei Navalny, inkl. Koma.



              4)der ukrainische, prowestliche Präsidentschaftskandidat Juschtschenko wurde mit Dioxin vergiftet und für den Rest seines Lebens verunstaltet



              5) der FSB-Überläufer Litwinenko wurde mit Polonium vergiftet



              6) der Überläufer Sergej Skripal wird mit dem sowjetischen Gift Nowitschok vergiftet.



              7) Pjotr Wersilow, Künstler und Oppositioneller fiel nach einer Vergiftung ins Koma. Auf sein Betreiben kam Navalny in die Charité, wo bereits er schon behandelt worden war.



              8) Auf Sergej Mochow wurde ein Giftanschlag mit Spritze verübt, den er knapp überlebte. Seine Frau ist Mitstreiterin von Navalny und Erzfeindin eines Putin-nahen Oligarchen.

              Reicht Ihnen das als Begründung für einen Vorverdacht, wenn dem wichtigsten Oppositionspolitiker im Flugzeug urplötzlich schlecht wird und er ins Koma fällt?

            • 0G
              06438 (Profil gelöscht)
              @Trabantus:

              Verdächtigungen begründen in einem Rechtsstaat immer einen Anfangsverdacht.

              Frage: In welcher Qualität der Diskussion befinden sie sich ? juristisch - oder politisch?

              Auf jeden Fall fand ich den Überfall der Germanen gegen Römer in der Varusschlacht immer erstaunlich - aber daraus abzuleiten, wie Sie es praktizieren, politische Ereignisse zu nutzen um Morde oder Mordversuche gegen Oppositionelle zu vertuschen kommt reichlich schräg daher.

              Norbert Röttgen ist z.B. nicht der Einzige, neben Verlautbarungen aus der der russischen Opposition, die einen Giftanschlag auf Nawalny für realistisch halten. In der Vergangenheit hat es „eine ganze Serie von Ermordungen, Mordversuchen und auch tödlichen Vergiftungen in der Verantwortung des russischen Staates“ gegeben, sagte Röttgen.

              „Da gibt es einen starken Verdacht, dass es sich auch hier um einen erneuten Anschlag auf einen russischen Oppositionellen handelt.“

              Sie sollten sich die Berichte der Opposition oder die Berichte der Opfer anschauen - dann vergeht Ihnen sicherlich die Lust mit Schaumschlägerei heimtückische Morde vertuschen zu wollen.